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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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vorsichtig umgehen. Schürzt die Lippen, wenn Ihr davon trinkt, Graf von Hagenstein, sonst färben sie sich blau!«
    Andreas stand schüchtern da. Das Denunzieren fiel ihm schwer und begrenzte sich schließlich auf einen schlichten Satz.
    »Ich habe mitgeholfen, Samuel Alt groß zu machen. Ich trage Schuld«, bekundete er.
    Bürgermeister Scheyrer hörte über die sanfte, verhaltene Stimme hinweg.
    »Dieser Ratschlag ist im Übrigen auf vielerlei Belange des Lebens anzuwenden«, setzte er gut gelaunt fort.
    Seine Zungenspitze fuhr sorgfältig prüfend über die Lippen. Zufrieden stellte er das Glas ab und blickte auf die unbefleckten Finger.
    »Ich trage Schuld«, wiederholte Andreas.
    »Nun setzt Euch, setzt Euch. Es ist eine Ehre, Euch hier zu empfangen. Zu selten sah ich einen aus Eurer hochgeschätzten Familie als Gast. Ein Jammer, wie früh Euer Herr Vater verschieden ist. Trinkt ein Schlückchen – nur wagemutig voraus!«
    Andreas setzte sich nicht, sondern fiel auf den Stuhl. Er plumpste wie ein Sack Mehl.
    »Es liegt auch an mir, dass Samuel Alt Bilder mit menschlichem Blut malt«, erklärte er mit erstickter Stimme.
    Bürgermeister Scheyrer widmete sich dem Einschenken.
    »Ihr müsst keine Angst haben«, sprach er. »Dieses Gläschen enthält nur mäßig Alkohol. Die Menge ist sorgsam begrenzt. Man kann ein Schlückchen zwischendurch nehmen – auch zu Arbeitszeiten. Das Rezept entstammt meiner verstorbenen Mutter, wie ich schon sagte, Gott habe sie selig, und meine Gattin hat es übernommen...«
    Die Gläser waren wieder voll. Andreas trank.
    »Ihr habt sicher davon gehört«, murmelte er, »von den Blutbildern...«
    »Aber nein, nein!«, unterbrach Bürgermeister Scheyrer. »Ihr stellt es falsch an! Ihr taucht Eure Lippen zu tief ins Glas. So kommt man nicht heil durchs Leben. So müsst Ihr trinken – so, wie ich es tue! Seht Ihr? Nur nicht zu gierig und hastig! Lieber mit Vorsicht und Bedacht! Hätte ich denn Kreishauptmann werden wollen, wo ich Bürgermeister bin? Hätte ich mir einen Beruf suchen sollen, der mir mehr Geld einbringt, jedoch keine Sicherheiten bietet?«
    Erneut schürzte er seine Lippen.
    »Samuel Alt lässt nicht mehr mit sich reden«, sagte Andreas verzweifelt. »Er lebt völlig abgeschottet in seiner eigenen Welt. Sein Wort gilt absolut, und ich bin schuld daran...«
    »So ist es richtig! Wir wollen doch nicht, dass Ihr mit fleckigem Mäulchen heimwärts schreitet. Ich finde, dies schuldet man der Welt und seinem Nächsten: adrett zu sein. Fürchterlich sind jene, an deren Hemd man die Spuren des letzten Mahles ablesen kann. Ich gehöre nicht zu solchen. Freilich esse ich für mein Leben gern. Ihr könnt es an meinem Bauch sehen. Und doch geht’s mit rechten Manieren zu...«
    Andreas fuhr hoch. Klirrend stellte er sein Glas ab. »Habt Ihr mir nicht zugehört?«, rief er ungeduldig. »Samuel Alt malt Engelbilder mit dem Blut sterbender Menschen!«
    Bürgermeister Maximilian Scheyrer zuckte zusammen. Betrübt stellte auch er sein Glas ab, wiewohl vorsichtig und lautlos. Seine Stirn furchte sich, als er nachdenklich zu nicken begann.
    »Freilich hab ich’s gehört...«, setzte er widerwillig an.
    Andreas schwieg verstockt.
    Der Bürgermeister schwieg auch. Malerei sagte ihm nichts. Zu viele Farben waren im Spiel, und diese verfärbten.
    »Ich habe Euch wohl vernommen«, murmelte er schließlich seufzend. »Samuel Alt ist weitreichend bekannt in unseren Landen. Seine Bilder werden über die Grenzen hinaus verkauft. Habe auch schon erfahren, dass sie mit Blut gemalt seien...«
    Andreas schnaufte unruhig. Der Mut zum Verrat ging ihm aus.
    »Nun«, wartete Maximilian Scheyrer zaudernd. »Er malt also mit Blut, und die Menschen, die es ihm geben, sind davon allzu sehr geschwächt ... «
    Die Lust am Holunderlikör war ihm gründlich vergangen. Unruhig wippend blieb er sitzen und starrte verlegen an Andreas vorbei. Verkrampft kam ihm jener vor. Es mochte nicht gesund sein, so starr zu sitzen. Dem Manne fehlten offensichtlich die Muße und die Gelassenheit. Hätte er nur ein Schlückchen mehr getrunken! Der Likör hätte ihm gut getan.
    »Ich bin schuldig«, murmelte Andreas. »Ich bin schuldig!«
    Bürgermeister Scheyrer warf einen sehnsüchtigen Blick auf seine Akten, die ihn leicht verdaulich deuchten verglichen mit dem ungenießbaren Brocken, der vor ihm kauerte. Eine Weile versuchte er ihn mit einem aufmunternden Lächeln zu erweichen, ohne dass dieses wirkte.
    »Ich bin schuldig«,

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