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Engelsblut

Engelsblut

Titel: Engelsblut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julia Kroehn
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würde?«
    Unwillkürlich zuckte Samuel vor ihrem Anblick zusammen und wappnete sich gegen eine neue Liebe, die sich ihn zu ertrotzen suchte. Währenddessen glitt Susanna an ihm ab wie eine hauchdünne Feder, war nicht bemerkbar und noch weniger berührbar. Sie fiel vor ihm nieder, als würde sie ohnmächtig, wiewohl sie ihre Augen starr geöffnet hielt.
    »Was soll das?«, wiederholte Lena erneut.
    Langsam hob Samuel die Hand und hieß sie zu schweigen. »Sie soll sagen, was sie will«, beharrte er.
    Susanna richtete sich zitternd auf.
    »Ich erwarte ein Kind von meinem Gatten«, erklärte sie knapp. »Aber ich werde Euch, Samuel Alt, einen Engel gebären.«
    Während Lena erbleichte und Grothusen grimmig lächelte, maß Samuel die beiden Frauen – die Fremde und die Vertraute, die Schwache, die vor seinen Bildern erbebte, und die Starke, die nicht von ihm abließ, seitdem sie ihn bei der ersten Begegnung zu Boden gerissen und hernach geheult hatte, weil er davon beschmutzt war.
    »Bleibt!«, befahl er beiden.
    Als Grothusen an diesem Tag in Lenas Zimmer trat, verjagte sie ihn. Er kam, als hätte er nie versucht, sie von Samuel zu entfremden. Sie aber warf ihm ebensolches vor und hieb mit Worten und Fäusten auf ihn ein.
    »Wie konntest du dieses Weib zu ihm lassen?«, schrie sie. »Wie konntest du ihr erlauben, sich ihm zu nähern?«
    Grothusen schützte sich mit den Händen und zuletzt mit einem bissigen Lächeln.
    »Sieh sie dir an, und du weißt, warum!«, verteidigte er sich. »Sie gleicht ihm! Sie gleicht ihm viel mehr als du! Beide zehren von dem, was andere fühlen, werden jedoch niemals satt davon und strafen die Welt mit Neid und Verachtung.«
    Bockig stellte sich Lena taub. Sie hörte auf, ihn zu schlagen, und hielt sich die Ohren zu. Es nutzte wenig, denn die Worte prasselten stattdessen auf ihren Körper, und die Haut, die sich um ihn spannte, schien knapp zu werden.
    »Sollen sie doch einander haben!«, sprach Grothusen und nutzte die werbende Stimme, mit der er einst den Menschen Samuel nahe gebracht hatte. »Wie oft muss ich dir sagen, dass du bei Samuel nichts mehr verloren hast? Begreifst du nicht, dass er in den letzten Wochen nur um dich buhlte, weil er mich bestrafen und sich dafür rächen will, dass ich mit Geld Menschen heranschaffte, die vor seinen Bildern niederknien?«
    Weil sie sich vor ihm verbarg, anstatt ihn mit Fäusten zu strafen, trat er vor, sie zu umarmen. Er tat es vorsichtig, weil er neue Schläge fürchtete. Die folgten nicht – aber ihre Glieder blieben schlaff.
    »Er lohnt es dir nicht, was immer du ihm gibst!«, setzte er hinzu. »Komm endlich mit mir, Lena, komm!«
    Sein Werben klang, als triebe ihn nichts denn Milde und Verständnis. Seine Arme und Hände aber wurden raffgierig. Sie begnügten sich nicht, sie lose zu halten. Lena gehörte zu ihm. Lena stand ihm zu.
    Der herrische Ruck, der bei der Berührung durch seinen Körper ging, stimmte sie robust. Die löchrige Haut wurde wieder reißfest, als sie sich gegen ihn wehrte.
    »Warum hast du einen Keil zwischen uns geschoben?«, fragte sie bitter. »Warum hast du mich nicht selbst entscheiden lassen? Du willst ihm doch nur zeigen, dass du der Stärkere bist, und mich fortlocken, auf dass ich ihn verrate wie Andreas! Ich gehe aber erst dann von ihm, wenn ich es will, wenn ich es entscheide und wenn ich es für richtig halte!«
    Kaum fühlbar löste er seine Hände.
    »Oho!«, rief er aus. »Oho! Dies Sprüchlein kenne ich! Wie oft willst du mir noch erzählen, dass du es bist, die du dir deinen Mann erwählst?«
    Seine Stimme verfärbte sich. Das Rot seiner Liebe wurde fahl. Die Ungeduld spannte sich wie ein enger, gelb-grüner Rahmen darum.
    Lena setzte ihre Erwiderung in kühlem Blau außerhalb dieser Grenze.
    »Es ist mir gleich, ob du mir glaubst«, erklärte sie und vertrieb ihn. »Aber ich bestimme über mein Leben und nur ich! Und jetzt bestimme ich, dass ich bleiben werde!«
    Lange blieb es der Gemeinschaft verborgen, dass neben Lena noch eine neue Gefährtin an Samuels Seite lebte. Susanna ging an ihnen allen spurlos vorüber.
    Erst als der Frühling nahte, wurde ihr Hiersein von einem Gerücht entlarvt, wonach der Fabrikbesitzer Wilhelm Bringsheim im fernen Augsburg erbost über das hartnäckige Fortbleiben seines Weibes wütete. Anstatt zurückzukehren, wohin sie gehörte, würde sie bei Samuel Alt leben.
    Zur Rede gestellt, leugnete Grothusen nicht. Offen erklärte er den Versammelten im Saal, dass Susanna

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