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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Nachtschwärmer, die zu einer Party unterwegs waren oder zu einem späten Dinner. Musik aus Autoradios mischte sich mit dem Glockenläuten aus den Lautsprechern einer Kirche.
    Eve bremste vor einer roten Ampel. Sie klappte die Sonnenblende herunter und musterte sich in dem kleinen Spiegel. Ihre Augen hatte sie dunkel geschminkt und die Locken mit Gel zurückgekämmt, so dass sie sich im Nacken bauschten. Auf ihren Lippen glänzte eine Spur Gold. Halb ironisch, halb anerkennend hob sie eine Braue.
    Die Ampel sprang zurück auf Grün, die Bremslichter vor ihr erloschen. Eve klappte die Blende zurück und ließ den Wagen anrollen. Sie drückte ihren Rücken gegen das Polster, um ihre Sitzposition zu verändern. Ihr Kleid fühlte sich unbequem an. Bei Macy’s in der Umkleidekabine hatte sie gedacht, dass es sexy aussah und einigermaßen passte. Jetzt allerdings schienen die Spaghettiträger in ihre Schultern zu schneiden und der seidige Stoff rutschte beim Sitzen hoch über ihre Oberschenkel. Vielleicht lag es auch einfach daran, dass sie seit dem College kein Kleid mehr getragen hatte. Und hätte Felipe nicht auf sie eingeredet, wäre sie sich treu geblieben.
    Sie setzte den Blinker und bog in den Hobard Boulevard, eine unscheinbare Straße, die zwischen einem Thai-Markt und einer Wäscherei abzweigte. Spärlich beleuchtete Wohnhäuser wechselten sich ab mit Werkstätten und verbarrikadierten Läden.
    Ein paar Blöcke weiter fand sie das Valhalla, der Club, aus dem die Rechnung stammte, die einer von Alans Angreifern auf dem Dach verloren hatte.
    Neonbuchstaben leuchteten von der Ziegelfassade herab. Auf dem Vorplatz warteten Angestellte in roten Uniformen, um die Autos der Gäste zu parken. Eve zupfte den Saum ihres Kleides nach unten. Eine Sekunde später öffnete ihr einer der Männer die Wagentür. Sie nahm den Quittungszettel entgegen, dann lief sie mit klappernden Absätzen zur Tür.
    Eine Gruppe von Gästen debattierte mit den Türstehern. Eve zog sofort die Blicke auf sich. Sie lächelte einen der Sicherheitsleute an. Der Mann musterte sie, sein Gesicht hellte sich auf. Dann drückte er die Tür einen Spalt auf und ließ sie hinein.
    Wärme und gedämpfte Rhythmen umfingen Eve, als sie in die Dunkelheit glitt. Vielleicht behielt Felipe am Ende recht. Der Gedanke entlockte ihr ein schiefes Lächeln. Das Seidenkleidchen erfüllte seinen Zweck. Und vielleicht war es gar nicht so schlecht, dass der Stoff sich bei jeder Bewegung auflud und sich an ihren Körper schmiegte wie eine zweite Haut.
    Sie folgte einem langen Gang mit goldgerahmten Spiegeln und trat durch die zweite Tür am Ende des Korridors. Für einen Moment blieb sie unschlüssig stehen, als Musik und Gesprächsfetzen über ihr zusammenschlugen. Das Valhalla mutete an wie eine Mischung aus Gothic-Club und Barocktheater. Seidentapisserien bedeckten die Wände, von der Decke hingen Kristallkronleuchter, die Lämpchen zu düsterem Orange gedimmt. Eine Kellnerin in einem engen Rokokokostüm und aufgetürmter Perücke rauschte an ihr vorbei. An den Bars rund um die Tanzfläche drängten sich gut gekleidete Menschen.
    Eve tauchte in die Menge. Sie fand eine kleine Eckbar, die nicht ganz so dicht umlagert war. Einer der Barkeeper fiel ihr auf, ein hagerer Typ mit nervösen Händen, der an einem zurückweichenden Haaransatz litt. Sehr gut. Sie wartete, bis zwei Blondinen den Tresen verließen, und nahm deren Platz ein. Sofort fixierte sie den Mann. Als er sie bemerkte, öffnete Eve ihre Lippen und schenkte ihm ein überwältigendes Lächeln.
    „Hey“, rief sie ihm zu, „machst du mir einen Wodka Martini?“
    Seine Augen wichen ihrem Blick aus, bevor er das Lächeln zurückgab. Hervorragend. „Zwölf fünfzig“, sagte er und stellte das Glas vor ihr ab.
    Eve drückte ihm eine Zwanzigdollarnote in die Hand. „Wie heißt du?“
    „Was?“ Er glaubte wohl, ihre Frage nicht richtig verstanden zu haben.
    „Wie du heißt“, wiederholte Eve. Sie vertiefte ihr Lächeln. „Ich bin Eve.“
    „Oh ...“ Irritiert hielt er inne. „Hey Eve.“ Sie streckte ihm eine Hand hin, die er nach einigem Zögern ergriff. „Daniel. Ich heiße Daniel.“ Sein Händedruck war feucht und nicht sehr fest, als fürchtete er, sie würde es sich anders überlegen und ihre Hand wieder zurückziehen.
    „Freut mich, dich kennen zu lernen.“ Sie prostete ihm zu. „Arbeitest du jeden Abend hier?“
    „Fast.“ Sein Blick hob sich, streifte ihre Augen. „Ich hab dich noch nie hier

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