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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Handgelenk, ihr Daumen schob sich in seine Handfläche und bog die Finger leicht zurück. Und da waren sie, vier Tattoos, breit und wulstig wie Narben. Blut rauschte ihr in den Ohren. Sie brachte ihre ganze Willenskraft auf, um die Farce aufrecht zu erhalten.
    „Was ist das?“ Sie hob seine Hand an und berührte die Buchstaben mit ihren Lippen. „Sieht geheimnisvoll aus.“
    „Das ist eine Erinnerung“, erwiderte er. „An jemanden, der nicht vergessen werden soll.“
    Er wollte es ihr nicht sagen. Aber es spielte auch keine Rolle. Wichtig war nur, dass sie den Mann gefunden hatte, dessen Handabdruck sie auf dem blutverschmierten Geländer der Garage in Downtown fotografiert hatte. Sie versuchte es erneut.
    „Was machst du in L.A., wenn du die Stadt nicht magst? Bist du geschäftlich hier?“
    „Warum fragst du so viel?“
    Andrejs Gesicht näherte sich ihrem, und dieses Mal konnte sie sich dem Kuss nicht entziehen. Seine Zunge zwang sich zwischen ihre Lippen, und sie ließ ihn gewähren, während sie fieberhaft überlegte, was sie jetzt mit ihm tun sollte.

    Der rothaarige Wachoffizier wusste, dass er verfolgt wurde. Kain schloss es daraus, wie er seine Geschwindigkeit variierte, die Umgebung musterte und mehrmals abrupt die Richtung wechselte.
    Der Santa Monica Boulevard, eine Meile aneinandergereihter Restaurants, Clubs und Designerläden, war dicht bevölkert von Nachtschwärmern. Kain, der dem Mann bis hierher gefolgt war, hatte vielleicht zu sehr darauf vertraut, dass der andere ihn in der Menschenmenge nicht bemerken würde. Vielleicht war der Rothaarige aber auch wachsamer als die anderen vom Blut, die Kain in dieser Stadt getroffen hatte, sich stärker seines Umfelds bewusst. Aber das würde ihm nicht helfen.
    Kain ließ sich ein wenig zurückfallen. Sein Opfer bog nach links in die sechste Straße. Kain folgte ihm in die Arizona Avenue, die, obwohl nur einen Block vom Santa Monica Boulevard entfernt, nahezu leer war.
    Plötzlich war der Mann verschwunden. Kain stockte einen Moment, dann begann er zu laufen. Er fiel in einen leichten Trab, spähte in jede Nische zwischen den Häusern.
    Auf der nächsten Kreuzung blieb er stehen. Die fünfte Straße führte links zurück in den Trubel der Vergnügungsmeile, rechts verlor sie sich zwischen Wohnhäusern und Garagen im Dunkel. Im Zwielicht der Straßenlaternen glaubte er, eine Bewegung wahrzunehmen. Er lief wieder ein Stück, die Hand bereits an der Desert Eagle.
    Je tiefer er in das Viertel eindrang, desto dichter erschien ihm die Stille. Kain spürte den Rothaarigen hier irgendwo, konnte ihn beinahe riechen, ein scharfes Aroma am Rand seiner Wahrnehmung. Der Mann war nicht weit.
    Unvermittelt traf ihn ein schwerer Schlag in den Rücken und schleuderte ihn nach vorn. Im Aufprall schürfte er sich Gesicht und Arme auf. Keuchend wälzte er sich herum.
    Seine Sicht verschwamm, sein Angreifer schoss auf ihn zu wie ein Dämon aus Schatten. Kain erfasste einen Lichtreflex auf Metall. Instinktiv riss er den Arm hoch, um die Waffe abzublocken. Er spürte, wie die Klinge Haut und Muskeln durchdrang. Einen Herzschlag später erwischte er das Handgelenk des anderen und zerrte ihn mit einem Ruck nach vorn. Der Mann geriet aus dem Gleichgewicht. Kain drehte sich und trat seinem Gegner seitlich gegen das Knie. Er spürte, wie das Gelenk unter dem Aufprall nachgab. Der andere stürzte mit einem gepressten Schrei. Kain griff nach seiner Pistole. In einer glatten Bewegung drehte er sich weiter, entsicherte die Waffe und zog sie hoch. Der Schuss hallte ohrenbetäubend in die Nacht.
    Blut spritzte von der Kehle des Rothaarigen, sein Kopf flog zurück. Kain richtete sich auf und taumelte zwei Schritte zur Seite. Sein Arm blutete unaufhörlich. Die Wunde klaffte tief und zog sich vom Handgelenk bis hinauf zum Ellbogen.
    Verspätet sickerte Wut in das Adrenalin und ließ seine Hände zittern. Er verspürte das überwältigende Bedürfnis, es hier und jetzt zu Ende zu bringen. Den rothaarigen Kopf vom Rumpf zu trennen, die Leiche zu verbrennen. Doch eine Polizeisirene heulte auf, erschreckend nah, und brachte ihn zur Besinnung.
    Er packte den Mann an den Schultern und zerrte ihn in eine unbeleuchtete Gasse zwischen zwei Gebäuden. Als er einen Blick zurückwarf, sah er die Blutspur auf dem Asphalt. Fluchend ging er in die Knie und hievte den Körper auf seine Schultern. Der Mann stöhnte. Kain schleppte ihn bis zur nächsten Querstraße. Er musterte die Autos, die dicht

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