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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Allmählich fiel ihm wieder ein, was geschehen war. Er erinnerte sich an eine geschwärzte Klinge. Den Moment instinktiven Entsetzens, als ihm klar wurde, dass der andere seine Abwehr durchbrochen hatte. Kurz fragte er sich, warum er keinen Schmerz verspürte.
    „Wir haben Ihnen ein Beruhigungsmittel gegeben“, sagte die Ärztin, als hätte er die Frage laut ausgesprochen. „Sie müssen jetzt still liegen.“
    Seine Kehle. Der Bastard hatte ihm die Kehle zerfetzt. Er fragte sich, wie lange er weg gewesen war. Und wie viel Blut er verloren hatte. Wie viel von seiner Kraft.
    Die Transformation hatte noch nicht eingesetzt. Für einen Moment überwältigte ihn Entsetzen, weil das bedeuten konnte, dass er zu schwach geworden war. Dass mit all dem Blut auch die Fähigkeit zur Regeneration aus seinem Körper geschwemmt worden war. Vielleicht lag er hier, um zu sterben, einfach fortzudämmern in einem Rausch aus Schmerzmitteln und Narkotika. Eine seltsam tröstliche Vorstellung.
    Doch dann zog sich etwas in ihm zusammen, ein dünner Schmerz, ein Aufbäumen. Er war am Leben. Das allein zählte. Es konnte nicht viel Zeit vergangen sein seit dem Moment auf der Straße, in dem er das Bewusstsein verloren hatte. Nicht genug Zeit, um die Transformation zu initiieren. Sie lag noch vor ihm. Während er in seinen Körperlauschte, glaubte er zu spüren, wie sein Blut sich erhitzte zu diesem leisen Fieber, das jeder Heilung vorausging. Er stemmte sich in die Gurte, die leicht nachgaben. Voller Erleichterung stellte er fest, dass er seine Glieder kontrollieren konnte.
    Doch ihm lief die Zeit davon. Er schloss die Augen, um seine verbliebene Kraft zu bündeln. Mit einem heftigen Ruck schnellte er hoch. Der Gurt über seiner Brust riss aus der Verankerung und schnalzte zur Seite. Jemand schrie eine Warnung.
    Dann flogen Stimmen durcheinander, ein Gerät begann, hektisch zu piepsen. Die blonde Ärztin beugte sich über ihn und versuchte ihn zurück auf die Pritsche zu drücken. Kain schleuderte sie beiseite und befreite seine Beine. Er glitt vom Lager und verlor den Halt. Erschrocken stellte er fest, dass seine Muskeln ihm den Dienst verweigerten. Mit der Schulter voran stürzte er in ein Regal. Flaschen und Geräte zerbarsten unter dem Aufprall. Adrenalin schoss in ihm hoch.
    Die Ärztin schrie. Er bekam ihre Haare zu fassen. Mit der freien Hand tastete er nach einer Schere auf dem Container neben der Pritsche und riss ihr die Arterie an der Halsseite auf.
    Blut strömte aus der Wunde. Kain presste seinen Mund gegen den Blutstrom und würgte hinunter, soviel er konnte. Wie durch einen dicken Vorhang hörte er die Schreie der anderen. Ein stumpfer Gegenstand traf ihn am Hinterkopf.
    Kain ließ von der Ärztin ab und fuhr herum. Der Mann vor ihm hielt eine schwere Glasflasche umklammert. Seine Augen waren weit aufgerissen, todesmutig und voller Entsetzen. Das Blut der Frau begann zu wirken, er spürte, wie es seinen Stoffwechsel befeuerte. Ohne Mühe rammte er dem Mann die Schere in die Kehle und stieß ihn von sich. Dann fuhr er herum und sprengte mit einem Tritt die Verriegelung der Türen.
    Die Flügel schwangen auf, kalte Luft strömte in den Wagen. Unter der Ladekante verwischte die nächtliche Straße. Das Blut rebellierte in Kains Adern, seine Sicht verzerrte. Es war fast so weit.
    Mit einem Sprung stürzte er hinaus. Hart schlug er auf dem Asphalt auf, rollte weiter und schrie seine Wut in die Nacht.

    Stiefelschritte waren das Erste, was Alan hörte, nachdem seine Sinne zurück in ihre Angeln rutschten. Seine Lider flatterten, er schmeckte Galle im Mund. Stöhnend setzte er sich auf.
    Lichter huschten über die Regale. Sie waren hier und suchten nach ihm.
    Keuchend erhob er sich auf die Knie. Feuchtigkeit drang durch den Stoff seiner Jeans. Blut, begriff er in der gleichen Sekunde.
    Sie konnten ihn jeden Moment entdecken. Gott, sein Körper brannte wie Feuer. Seine Hand fegte über den Boden und stieß gegen den Dolch. Fest schloss er die Finger ums Heft. Seine Muskeln arbeiteten wieder, doch er war geschwächt von der Transformation. Er zitterte so heftig, dass es ihm kaum gelang, sich aufzurichten. Alles drehte sich. Jetzt hörte er auch Stimmen. Jemand lachte. Ein nervöses Lachen, aus dem unterschwellige Panik klang.
    Alan zog sich am Regal hoch und stolperte ein paar Schritte weiter, bis zu einem offenen Bereich, in dem Kisten aufgestapelt waren. Er drückte sich in eine Nische, als die Taschenlampen erneut aufflammten,

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