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Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut

Titel: Engelsbrut - Gunschera, A: Engelsbrut Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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nicht weit entfernt von der Stelle, an der er zuvor zusammengebrochen war. Die Stimmen näherten sich. Hinter den Lichtkegeln ahnte er Bewegungen, dann konnte er sie sehen. Drei Cops in Straßenuniform. Einer hielt die Waffe vor sich.
    „Scheiße!“, rief eine Frau.
    Ein kurzer Disput flammte auf und erlosch wieder. Sie hatten die Blutlache entdeckt. Einer der Cops ging zurück und leuchtete den Boden entlang. Die Blutspur vom Eingang. Jetzt fragten sie sich, warum die Fährte hier endete.
    Wenn es ihm gelang, die freie Fläche zwischen den Containern unbemerkt zu überqueren, konnte er in einen der Lagergänge weiter hinten schlüpfen und die Gruppe umgehen.
    Ein Funkgerät knackste, ein Schwall unverständlicher Worte. Der Strahl der Taschenlampe schwenkte hoch, tanzte über Metallstreben, schnitt tiefer ins Dunkel. Alan erstarrte, als der Lichtkegel an ihm vorbei strich, für einen Moment auf der Containerwand verharrte und zurückkehrte zur Blutlache auf dem Boden. Er tastete nach dem Ring in seiner Hosentasche. Das Netz über dem Stein fühlte sich klebrig an.
    Ein Riss klaffte in ihm auf, als er an sie dachte.
    Eve.
    Der Name formte sich wie von selbst auf seinen Lippen. Er musste herausfinden, was geschehen war. Musste zurück in die Stadt und sich Gewissheit verschaffen.
    Alan löste sich aus der Nische und lief los. Er durchquerte die Finsternis, darauf bedacht, kein Geräusch zu machen.
    Plötzlich, mit einem dumpfen Laut, flammten die Lampen auf. Licht flutete die Halle. Das war es, was die Stimme im Funkgerät bestätigt hatte. Dass sie den Hauptschalter gefunden hatten. Die jähe Helligkeit blendete Alan und die Polizisten gleichermaßen, denn sie standen für einen Augenblick wie erstarrt.
    Dann brach die Hölle los.

    Die Tasten unter Eves Fingern fühlten sich kalt und klebrig an. Die Buchstaben schienen auf dem Bildschirm zu verschwimmen. Oder vielleicht lag es daran, dass ihre Augen so furchtbar brannten. Sie griff nach dem Wasserglas neben dem Laptop und stürzte den Inhalt hinunter. Die Uhr stand auf kurz vor Mitternacht. Alans Fenster blieb dunkel.
    Eve lehnte sich zurück und überflog den Absatz, den sie getippt hatte.
    Der Redaktion liegt eine Haarprobe des russischen Geschäftsmannes Andrej Icoupov vor, die mit den Spuren, die bei zweien der Tatopfer gefunden wurden, identisch ist
.
    Sie würde einen Namen nennen. Und das LAPD würde der Times eine Menge Druck machen, wenn sie das brachten. Aber sie hatte die Untersuchungsergebnisse aus dem Labor und die andere Hälfte der Probe. Ihre Behauptung stand auf einem wasserdichten Fundament. Und niemand konnte die Presse zwingen, ihre Quellen preiszugeben, auch nicht das LAPD.
    Eve dachte einen Moment nach und fügte einen weiteren Satz hinzu.
    Icoupov wickelt Geschäfte für den Großindustriellen Mordechai Carnegie ab, auf dessen Einladung er in den Vereinigten Staaten weilt
.
    Das war ein Frontalangriff. Aber was sollte sie sonst tun? Jemand machte Jagd auf sie, seit sie Icoupovs Leiche geplündert hatte. Schlimmer konnte es kaum kommen. Vielleicht erreichte sie sogar, dass, wer immer den Killer geschickt hatte, seine Aufmerksamkeit auf andere Dinge richtete, wenn solche delikaten Details in den Blick der Öffentlichkeit rutschten.
    Als die Türklingel losging, erschrak sie so sehr, dass sie beinahe das Glas umwarf. Wie erstarrt blieb sie in ihrem Stuhl sitzen. Kälte kroch ihre Arme hinauf.
    Es klingelte erneut.
    „Jetzt mach schon auf, Baby. Ich bin es.“
    Steifbeinig trat sie an die Tür und löste den Riegel. Sie musterte Felipe, in glänzenden schwarzen Hosen und einem Seidenhemd. Eine Locke hing ihm in die Stirn, die aussah, als habe er sie dort hingezupft.
    „Du siehst zum Anbeißen aus“, sagte sie, noch immer halb paralysiert.
    Er hob eine Tüte an. „Hast du Hunger?“
    „Weißt du, wie spät es ist?“
    „Ein halbes Hühnchen“, erwiderte er, ohne auf ihre Frage einzugehen. In seinen Augen blitzte gute Laune. „Cheesecake Factory. Sehr lecker.“
    „Du hattest ein Date“, stellte sie fest.
    „Er heißt Anatoli.“
    Sie stöhnte.
    „Was ist?“
    „Ich habe zurzeit ein gespaltenes Verhältnis zu Russen.“ Eve machte einen Schritt zur Seite. Ihr wurde bewusst, wie dankbar sie für Felipes Gesellschaft war. Die Plänkelei mit ihm legte einen tröstlichen Schleier von Normalität über ihre Nerven. „Jetzt komm schon rein.“

    Sie rechneten nicht ernsthaft damit, dass er kampflos aufgab. Das las Alan in ihren Gesichtern.

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