Engelsfeuer
Ärger.«
Als Beck im Krankenhaus anrief, um zu hören, ob es Neuigkeiten gab, erklärte die Krankenschwester, Sadie werde immer schwächer – aber er hatte Rechnungen zu bezahlen und musste dem Sheriff einen Besuch abstatten.
»Ich könnte doch bei deiner Mutter sitzen, während du den Kram erledigst«, bot Riley an. »Solange du nicht bei ihr bist, könnte ich wenigstens da sein.«
»Bist du sicher?« Sie nickte bestätigend.
Riley mochte sich vielleicht entschieden haben, aber er war sich gar nicht sicher, ob das eine gute Idee war. Man könnte es als ein Zeichen des Vertrauens sehen, Pauls Tochter noch einmal in ihre Nähe zu lassen. Oder als extreme Blödheit. Trotz Rileys Versicherungen bestand die Gefahr, dass sie, wenn er sie nach seinen Besorgungen abholte, weinte und zurück nach Atlanta wollte. Dass sie unbedingt von ihm wegkommen wollte, genau wie Caitlin.
Nein. Nicht wie Caitlin . Riley war jünger als Caitlin, aber sie hatte mehr Höllen überlebt als jeder andere, den er kannte. Caitlin hatte in Beck ihren Prinzen und Ritter gesehen, der sie mit zu seiner Burg nehmen und für immer beschützen würde. Riley war anders. Sie war zäh und hatte Narben, sowohl innerlich als auch äußerlich, und sie hatte sich jede davon bitter verdient. Sie hatte gelernt, dass gute Jungs sie genauso verarschen konnten wie böse.
Widerstrebend ließ Beck sie am Krankenhaus aussteigen, wobei er die ganze Zeit vor sich hin schimpfte, dass sie diese freundliche Geste noch bereuen würde. Wahrscheinlich hatte er recht.
Riley verriet ihm nicht, dass sie ihre Gründe hatte, warum sie einige Zeit ungestört mit Sadie verbringen wollte. Seine Mutter war ihr ein Rätsel, und um Beck besser zu verstehen, musste sie dieses Rätsel lösen.
Als sie Sadies Krankenzimmer betrat, stählte Riley sich innerlich, ehe sie um den Vorhang herumging. Das hatte sie jedes Mal getan, wenn sie ihre eigene Mom in ihrer letzten Lebenswoche besucht hatte. Dieses Mal war es nicht sehr viel anders, außer dass diese Patientin nicht besonders erpicht darauf war, sie zu sehen.
Sadies keuchender Atem strömte aus einem Körper, der eher wie ein Skelett als ein Wesen aus Fleisch und Blut wirkte. Die Haut spannte über den Knochen wie ein blasses Stück Pergament.
»Was willst du hier?«, sagte sie und beäugte Riley. »Willst du wissen, wie jemand aussieht, der gerade am Sterben ist?«
»Nein«, sagte Riley und weigerte sich, den Köder zu schlucken. »Das weiß ich bereits. Meine Mom ist an Krebs gestorben.«
Sadies finstere Miene wurde milder. »Wieso bist du dann hier?«
»Sie sollten nicht allein sein.«
»Ich war immer allein. Das ist jetzt auch egal.«
Nur, weil du niemanden nah an dich herankommen lässt.
»Wieso gibst du dich mit dem Jungen ab? Er hat dir nichts zu bieten.«
Bis auf seine Liebe . Aber das würde sie seiner Mutter nicht erzählen.
»Er ist ein prima Kerl, der mich gut behandelt und nicht versucht, mich zu verschaukeln. Brauche ich einen anderen Grund, um mit ihm zusammen zu sein?«
»Er verbirgt etwas, hält Dinge geheim.«
»Das tun wir alle«, erwiderte Riley. »Sie auch.«
Ein Stirnrunzeln überzog das Gesicht der Frau mit tiefen Falten. »Ach, so ist das. Er hat dich hergeschickt, um zu sehen, ob ich dir den Namen seines Vaters verrate.«
»Ich bin hier, weil ich es will, nicht, weil er mich darum gebeten hat.« Als sie Zorn in sich aufsteigen spürte, holte Riley hastig Luft. »Sie benutzen den Namen seines Vaters wie eine Waffe. Das ist nicht richtig, sondern nur gemein.«
»Kein Respekt vor den Sterbenden, was?«
»Ich werde Sie respektieren, wenn Sie dasselbe für Ihren Sohn tun.«
»Du hast eine scharfe Zunge«, schnaubte die Frau. »Aber du kennst nur einen Teil der Geschichte. Mein Sohn hat einige böse Dinge getan, aber davon willst du natürlich nichts hören.«
Riley wusste, dass sie wahrscheinlich nicht so streng mit dieser Frau sein sollte, doch genau so hatten sich die Leute ein Leben lang Sadie gegenüber verhalten: Sie hatten sie nie für ihre Halbwahrheiten oder die grausame Behandlung ihres Sohnes zur Rede gestellt.
Jemand muss ihr die Stirn bieten. Und sich für Beck einsetzen .
»Sie versuchen es schon wieder«, sagte sie kopfschüttelnd. »Sie versuchen, mir Angst zu machen, damit ich abhaue. Das funktioniert vielleicht bei anderen Frauen, aber nicht bei mir.« Ehe Sadie darauf reagieren konnte, fuhr sie fort: »Ich kenne nicht sämtliche von Becks Geheimnissen, noch nicht, aber
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