Engelsfeuer
glänzende weiße Futter sah aus wie das Innere eines Kokons. Sie machte einen Schritt in den Raum hinein, doch dann waren ihre Beine plötzlich wie aus Blei und weigerten sich, sie weiterzutragen. Obwohl sie dagegen ankämpfte, drängten lebhafte Erinnerungen an die Beerdigung ihres Vaters in ihr Bewusstsein, gefolgt von Bildern seines aufgebrochenen Sarges, nachdem er aus seinem Grab gestohlen worden war.
Beck hatte recht gehabt – vielleicht war es zu früh für sie, um sich dem auszusetzen. Sie hatte einen großen Teil der Trauer verdrängt, um weiterleben zu können, und jetzt drohten diese Gefühle, sie zu überwältigen.
Ihre Blicke trafen sich, und er wusste, was los war, ohne dass sie einen Ton sagen musste.
»Ich bin hier gleich fertig, falls du draußen warten möchtest«, sagte er leise.
Dankbar nickte Riley ihm zu und zog sich hastig zurück. Prompt überfiel sie ein schlechtes Gewissen: Sie sollte hier sein, um ihm beizustehen, nicht umgekehrt.
Sie suchte sich einen Sessel neben dem Schaufenster, von dem aus sie die vorbeikommenden Einheimischen beobachten konnte, um sich von dem Geschäft mit dem Tod abzulenken. Ein paar Passanten musterten kurz Becks Truck, wiesen einander darauf hin und unterhielten sich darüber. Riley konnte sich diese Gespräche vorstellen, vermutlich begannen sie alle mit dem Satz »Ich hab gehört, dass Denver Beck wieder in der Stadt ist.«
Nach fünf Minuten waren Beck und der Ladeninhaber sich einig. Offenkundig würde es eine eher schlichte Beerdigung werden.
»Sag dem Krankenhaus, sie sollen mich anrufen, wenn es so weit ist«, sagte McGovern. »Keine Angst, ich werde dafür sorgen, dass sie einen guten Abschied bekommt.«
»Mehr verlange ich gar nicht«, antwortete Beck.
Nach seinem Besuch beim Bestatter wirkte Beck ziemlich niedergeschlagen. Anstatt ihn zu drängen, mit ihr zu reden, folgte Riley ihm in einen winzigen Supermarkt, wo sie Reinigungsmittel kauften. Als sie sich vorbeugte, um eine Packung Putzschwämme zu begutachten, spürte sie plötzlich ein Kribbeln zwischen den Schulterblättern. Dann wisperte eine leise Stimme: »Blackthornes Tochter.«
Sie blickte auf und starrte in zwei rote Augen, die hinter dem Griff eines Wischmopps hervorlugten und sie ansahen. Es war ein Klepto-Dämon, einer der kleinen Einbrecher der Hölle, aber nicht derjenige, der in ihrer Wohnung lebte.
»Hallo, Dämon«, murmelte sie. Als sie den Gang hinunterging, hätte sie schwören können, dass der Bösling ihr folgte. Wahrscheinlich einer von Luzifers Handlangern, der sie im Auftrag des Big Boss im Auge behalten sollte.
Als sie eine Flasche Abflussreiniger einpackte, hörte sie Becks Stimme, tief und gepresst. Als ihm jemand antwortete, erkannte sie den Grund dafür. Cole . Sie glaubte nicht, dass der freiwillig einen Supermarkt betrat, also musste er ihnen absichtlich gefolgt sein.
»Du bist ein totaler Widerling, Hadley.«
»Wieso benimmst du dich wie ein Idiot?«, fragte Cole. »Du kannst doch unmöglich immer noch sauer sein wegen Lou. Komm drüber hinweg, Mann«, fügte er hinzu. »Das ist Jahre her.«
»Für mich nicht.«
»Das ist dein Problem. Wie steht’s denn mit der hübschen Tussi? Sie ist ein bisschen zu jung für dich, meinst du nicht?«
Riley schüttelte angewidert den Kopf. Wieso nur verwandelte das Testosteron Männer regelmäßig in Deppen? Cole reizte Beck absichtlich, wie ein Kind, das das größte Hornissennest weit und breit gefunden hatte. Er konnte nicht widerstehen, mit einem Stöckchen darin herumzustochern, um zu sehen, was passierte. Es war Zeit, die Sache zu beenden, ehe es unangenehm wurde und jemand, nämlich Beck, wegen Körperverletzung im Knast landete.
Riley bog um die Ecke, als hätte sie nichts gehört.
»Ich habe Fensterreiniger und Papiertücher.« Sie schaute hinüber zu dem anderen Kerl. »Cole«, sagte sie und ging an ihm vorbei. Wenn sie sich desinteressiert gab, würde er vielleicht sein Stöckchen nehmen und woanders weiterspielen.
»Wie wär’s, wenn du und ich zusammen Eis essen gehen, Riley?«, rief er laut.
Im Februar? »Nein, danke. Ich habe zu viel zu tun«, sagte sie, ohne stehenzubleiben.
Beck knurrte leise etwas in sich hinein und holte zu ihr auf.
Nachdem sie gezahlt und die Einkäufe in den Truck geladen hatten, beobachtete Cole sie vom Gehweg aus.
»Er ist merkwürdig«, murmelte Riley leise.
»Mehr als das«, erwiderte Beck, knallte die Heckklappe zu und schloss ab. »Er macht nichts als
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