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Engelsfeuer

Engelsfeuer

Titel: Engelsfeuer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jana Oliver
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Sohn am Bett seiner Mutter. Sadies dünne, mit blauen Adern durchzogene Hand verschwand fast in seiner großen, gebräunten Pranke. Er schaute zu Riley hinüber, dann wieder zu seiner Mutter.
    »Ich bin hier, Sadie«, sagte er. »Ich lasse dich nicht allein gehen.«
    Die Frau murmelte etwas, dann schloss sie die Augen. Becks bedrückter Miene nach zu urteilen, war es nicht »Ich liebe dich«.
    Mit jedem keuchenden Atemzug schien Sadie mehr Leben aus ihrem einzigen Kind zu saugen, als seien ihrer beider Leben irgendwie physisch miteinander verbunden. Die ganze Zeit über harrte Beck eisern neben dem Bett aus und weigerte sich, sich zu bewegen. Die Zeit kroch dahin. Fünf Minuten, dann zehn. Die Schwester kam, sah nach der Patientin und verschwand leise wieder.
    Aus dem Bett ertönte ein Stöhnen, und Sadies Blick fiel auf Riley. In ihren Augen spiegelte sich eine wilde Panik wider, als sie endlich begriff, dass es zu Ende ging. Riley rückte näher und ergriff die andere Hand der Frau.
    Ihre Mom war friedlich gestorben, umgeben von ihrer liebenden Familie. Sadie kämpfte bis zum letzten Atemzug, als sei sie zu stolz, um zuzugeben, dass ihre Zeit gekommen war. Oder zu beklommen vor dem, was auf sie zukäme, wenn sie nicht länger auf dieser Erde weilte.
    Riley beugte sich zum Ohr der Frau vor. »Bitte, mach es richtig, für euch beide.«
    Erschöpft schüttelte die Frau den Kopf, jeder Atemzug fiel ihr schwerer als der letzte. »Pass … auf … ihn … auf …« Als Riley nicht antwortete, packte Sadie ihre Hand fester. »Versprich es.«
    Riley senkte den Kopf. »Ich verspreche es.«
    Sadie Beck tat ihren letzten Atemzug und starb.

    Als Beck begriff, dass sie tot war, wurde er von einem Gefühl der Leere überwältigt, als würde es aus dem leblosen Körper herausströmen und Unterschlupf in seinem Inneren finden.
    Er hatte nur um zwei Dinge gefleht – ihre Liebe und den Namen seines Vaters.
    Sadie hatte beides mit ins Grab genommen.
    Beschämt merkte er, dass ihm Tränen über die Wangen liefen, sichtbare Beweise für das, was er verloren und doch nie besessen hatte. Er hatte nicht mehr die Kraft zu stehen und brach auf dem Stuhl zusammen, während die bittere Feuchtigkeit sein Gesicht verbrannte. All die Jahre der Hoffnung, alle Gebete, dass er sich geirrt haben möge, waren vorüber. Sie hat mich nie geliebt.
    Jemand berührte seine Hände, und als er durch den düsteren Schleier blickte, war Riley da und kniete neben ihm.
    »Ich bin hier, Den«, sagte sie und berührte sanft sein Gesicht. Ihre Berührung war so zart, so liebevoll. Riley war an seiner Seite, und obwohl er Angst hatte, es sich einzugestehen, sorgte sie sich wirklich um ihn, liebte ihn vielleicht sogar. Sie würde auf ihn aufpassen, ihn beschützen. Sie würde die Finsternis in Schach halten.
    »Es ist vorbei«, sagte sie und wischte eine seiner Tränen mit der Fingerspitze fort. »Du hast alles für sie getan, was du konntest.«
    Er wusste, was sie in Wirklichkeit meinte. Sadie konnte ihm nicht länger weh tun.
    »Es fühlt sich … nicht so an«, flüsterte er. »Warum hat sie mir nicht gesagt, wer er war?«
    »Glaubst du, sie wusste es?«
    Beck zuckte bei der Frage zusammen, dabei hatte er sich selbst diese Frage oft genug gestellt. »Ich weiß es nicht.« Es hätte zu ihr gepasst, mich anzulügen .
    Zu seiner Überraschung küsste Riley ihn zögernd auf die Wange.
    »Es tut mir leid, Den. Es tut mir aufrichtig leid.«

    Riley brauchte eine Weile, um ihre eigenen Tränen zu trocknen. Sie galten nicht Sadie, sondern ihrem Sohn. Als Beck ihr anbot, den Truck zu nehmen, damit sie zum Motel zurückfahren konnte, und behauptete, irgendjemand würde ihn schon mitnehmen, sobald der Papierkram erledigt war, lehnte sie ab, denn sie hörte die falsche Tapferkeit hinter seinen Worten. Sie hatte dieselbe Taktik angewendet, nachdem ihr Dad gestorben war.
    »Ich warte draußen auf dich«, sagte sie.
    Sein dankbarer Blick bestätigte ihr, dass sie richtig entschieden hatte.
    Als sie sich gegen den Truck lehnte, stieß Riley ein leises Stöhnen aus. Ich habe versprochen, auf ihn aufzupassen. Die Schwüre, die sie in der Vergangenheit geleistet hatte, waren immer wieder auf sie zurückgefallen, doch vielleicht würde es dieses Mal anders werden.
    Warum hat Sadie mir zugetraut, auf ihren Sohn aufzupassen? Wenn sie ihn nicht geliebt hätte, warum war es ihr dann nicht egal, was nach ihrem Tod mit Beck passierte? Vielleicht hat sie nicht gewusst, wie sie ihm

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