Engelsfeuer
verschwunden.«
»Sind Sie die junge Dame, die heute Nacht angerufen hat?«
»Ja. Haben Sie irgendeine Idee, wo er sein könnte?«
»Nein«, sagte er kopfschüttelnd. »Deputy Martin sagte, Sie hätten sich Sorgen gemacht, weil er nicht ins Motel zurückgekommen sei. Erzählen Sie mir, was los ist.«
Das klang so gut, dass Riley ihm alles erzählte, Punkt für Punkt. Immerhin machte sich der Cop dieses Mal Notizen.
»Wieso sind Sie so sicher, dass er in Schwierigkeiten steckt?«, fragte der junge Mann.
»Beck hat seine Brieftasche im Motel gelassen, und außerdem geht er nie ohne seine Fängerausrüstung irgendwo hin. Das ist eines der ersten Dinge, die wir lernen – habe jederzeit Weihwasser bei dir, oder ein Dämon verspeist dich. Er hat seinen Rucksack im Motel gelassen, zusammen mit dem Stahlrohr, das er zu seinem Schutz immer dabei hat.«
Der Deputy blinzelte. »Sie fangen ebenfalls Dämonen?« Riley nickte.
Newman nippte ein weiteres Mal an seinem Kaffeebecher, auf dem vorn das Bild eines Collies aufgedruckt war. »Ich hab gehört, dass seine Mutter gestern gestorben ist. Vielleicht war er deswegen durcheinander.«
Nervös und frustriert zupfte sie an einem Fingernagel herum. »Beck war aufgeregt, klar, aber wir haben darüber geredet. Sehen Sie, ich kenne ihn, er würde mich nicht allein lassen. Er ist wie … ein großer Bruder. Er macht sich immer Sorgen um mich, und er war richtig kribbelig, dass irgendetwas passieren könnte, während ich mit ihm hier bin.«
Der Deputy nickte verständnisvoll. »Die Wahrheit ist, ich kann keine Vermisstenanzeige aufnehmen, wenn der Vermisste erwachsen und noch keine vierundzwanzig Stunden weg ist.« Als sie protestierte, fügte er hinzu: »Aber ich werde mich mal umhören. Geben Sie mir eine Beschreibung von seinem Truck. Irgendjemand muss ihn gesehen haben.«
Sie gab ihm die gewünschte Information, zusammen mit ihrer Handynummer.
Der Cop beendete seine Notizen. Als er aufblickte, lächelte er ihr beruhigend zu. »In ein paar Stunden müsste der Sheriff wieder in der Stadt sein, ich werde dafür sorgen, dass er es sofort erfährt. Vielleicht ist Beck bis dahin ja wieder aufgetaucht.«
Wenn er es tut, sollte er besser eine ausgezeichnete Entschuldigung haben, oder er ist ein toter Mann .
»Danke.« Immerhin haben Sie mich nicht davongejagt .
»Soll ich Sie zurück zum Motel fahren?«
»Nein, ich will ins Diner.« Sie stand auf. »Vielen Dank. Ich weiß Ihre Mühe zu schätzen.«
»Wir werden ihn schon finden.«
Mehr will ich ja gar nicht.
Mit der Morgendämmerung kamen ein grimmiger Durst und die Erkenntnis, dass das alles kein böser Traum war. Inzwischen würde Riley vor Angst vergehen, denn sie kannte ihn gut genug, um zu wissen, dass irgendetwas nicht stimmte. Er wusste, wie klug sie war: Sie würde Donovan und Stewart anrufen und um Hilfe bitten und mit ihnen zusammen herausfinden, was passiert war. Riley würde nichts geschehen. Er brauchte sich also höchstens Sorgen um sich selbst zu machen.
Es war eine harte Nacht gewesen, vor allem, weil er als Hauptmahlzeit für die gefräßigen roten Käfer hatte herhalten müssen, die im Spanischen Moos lebten, und sie waren begeistert von dem Festmahl. Alteingesessene Einheimische würden sie mit Rauch vertreiben, aber dazu fehlten Beck ein paar Streichhölzer. Schon bald würden die Bisse anfangen zu jucken. Er konnte es sich aussuchen: Entweder das, oder er holte sich eine Unterkühlung.
Als Beck sich umdrehte, meldete sich seine Blase, also galt es zunächst, die Kette irgendwie auf die Rückseite des Baumes zu manövrieren und dieses Problem zu lösen. Anschließend kehrte er zu seinem Lagerplatz zurück und suchte seine Umgebung ab.
Nach Ansicht der meisten Menschen war ein Sumpf ein einziges, großes, mit Wasser gefülltes Schlammloch, aber beim Okefenokee war das nicht so, hier gab es eine Vielzahl unterschiedlicher Geländearten. Donovan hatte ihm jede einzelne gezeigt: die Grasebenen, die Hammocks – kleine, baumbewachsene Inseln –, Zypressenbuchten, Seen und die Sumpflöcher. Für einen Sumpf war der Okefenokee riesig, mehr als 1600 Quadratkilometer, mit der Außenwelt durch ein Netz aus von Menschenhand geschaffenen Kanälen verbunden. Er beherbergte eine reichhaltige Fauna und Flora, und in manche abgelegene Bereiche drang nur selten ein Mensch vor.
Diese Jahreszeit war ein zweifelhafter Segen: Es gab weniger Touristen, die mit Ausflugsbooten unterwegs waren, so dass Becks Chance,
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