Engelsflammen: Band 3 (German Edition)
auf dem die Pasteten gemacht wurden, vorbeizwängten, schnappte Arriane sich eine Handvoll Mehl von der Marmorplatte und warf sie Annabelle ins Gesicht.
Für einen Sekundenbruchteil schien es so, als würde Annabelle wütend; aber dann lachte sie nur um so ausgelassener, schnappte sich selbst eine Handvoll Mehl und warf sie nach Arriane.
Beide Mädchen rangen nach Luft, als sie durch die Hintertür stürmten, hinaus in den kleinen Garten, der zu dem großen Garten führte, wo tatsächlich die Sonne schien und wo vielleicht Daniel war und wohin Luce ihnen brennend gern gefolgt wäre.
Luce hätte nicht sagen können, was sie empfand, selbst wenn sie es versucht hätte – Schock oder Verlegenheit, Staunen oder Frustration?
All das musste auf ihrem Gesicht zu lesen gewesen sein, denn Henrietta musterte sie wissend und beugte sich vor, um ihr zuzuflüstern: »Diese beiden sind gestern Abend eingetroffen. Irgendjemandes Cousinen aus London, die für das Fest in die Stadt gekommen sind.« Sie ging zum Pastetentisch. »Sie haben mit ihren Mätzchen beinahe die Erdbeerpastete ruiniert. Oh, es muss wunderschön sein, wenn man reich ist. Vielleicht in unserem nächsten Leben, was, Myrtle?«
»Ha.« Mehr brachte Luce nicht heraus.
»Ich muss jetzt traurigerweise den Tisch decken«, bemerkte Henrietta und klemmte sich einen Stapel Porzellan unter ihren fleischigen, rosigen Arm. »Wie wär’s, wenn du eine Handvoll Mehl bereithalten würdest, das du werfen kannst, falls die beiden Mädchen auf dem gleichen Weg zurückkommen?« Sie zwinkerte Luce zu, drückte mit ihrer breiten Kehrseite die Tür auf und verschwand im Flur.
Jemand anderer erschien an ihrer Stelle: ein Junge, der ebenfalls Dienstbotenkleidung trug. Sein Gesicht war hinter einer riesigen Kiste mit Lebensmitteln verborgen. Er stellte sie auf den Tisch auf der anderen Seite der Küche.
Beim Anblick seines Gesichtes schreckte Luce zusammen. Nachdem sie gerade Arriane gesehen hatte, war sie jetzt zumindest ein wenig besser vorbereitet.
»Roland!«
Er zuckte kurz zusammen, als er sie sah, fing sich dann aber rasch wieder. Nur brachte er es nicht fertig, den Blick von ihren Kleidern abzuwenden. Er zeigte auf ihre Schürze. »Warum bist du so angezogen?«
Luce zupfte an dem Band ihrer Schürze und zog sie aus. »Ich bin nicht die, für die du mich hältst.«
Er trat vor sie hin und musterte sie, wobei er den Kopf geringfügig nach links drehte und dann nach rechts. »Nun, du bist einem anderen Mädchen, das ich kenne, wie aus dem Gesicht geschnitten. Seit wann treiben sich die Biscoes in der Spülküche herum?«
»Die Biscoes?«
Roland zog erheitert eine Augenbraue hoch. »Oh, ich kapier schon. Du spielst jemand anderen. Wie nennst du dich denn?«
»Myrtle«, antwortete Luce kläglich.
»Und du bist nicht die Lucinda Biscoe, der ich vor zwei Tagen auf der Terrasse das Quittentörtchen serviert habe?«
»Nein.« Luce wusste nicht, was sie sagen sollte, wie sie ihn überzeugen konnte. Sie drehte sich hilfesuchend zu Bill um, aber er war selbst für sie unsichtbar geworden. Natürlich. Roland, gefallener Engel, der er war, hätte Bill sehen können.
»Was würde Miss Biscoes Vater sagen, wenn er seine Tochter hier unten sehen würde, bis zu den Ellbogen im Fett?« Roland lächelte. »Da spielst du ihm aber einen hübschen Streich.«
»Roland, es ist kein …«
»Warum versteckst du dich überhaupt vor denen da oben?« Roland machte eine ruckartige Kopfbewegung in Richtung Garten.
Ein blechernes Rumoren in dem Schrank zu Luce’ Füßen offenbarte ihr, wo Bill sich verborgen hielt. Er schien ihr eine Art Signal zu senden, obwohl sie keine Ahnung hatte, was es bedeuten sollte. Bill wollte wahrscheinlich, dass sie den Mund hielt, aber was konnte er schon machen? Herauskommen und sie aufhalten vielleicht?
Auf Rolands Stirn hatte sich eine dünne Schweißschicht gebildet. »Sind wir allein, Lucinda?«
»Absolut.«
Er legte den Kopf schräg und sah sie abwartend an. »Ich habe aber nicht das Gefühl, dass wir allein sind.«
Die einzige weitere Person im Raum war Bill. Wie konnte Roland ihn spüren, während Arriane das nicht getan hatte?
»Hör mal, ich bin nicht wirklich das Mädchen, für das du mich hältst«, wiederholte Luce. »Ich bin eine Lucinda, aber ich – ich bin aus der Zukunft hierher gekommen – es ist schwer zu erklären.« Sie holte tief Luft. »Ich wurde in Thunderbolt in Georgia geboren … 1992.«
»Oh.« Roland schluckte. »Nun,
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