Engelsfuerst
hervor. »Ich versuch’s
noch mal mit dem Polizeinotruf.«
Auch hier gab es keine Verbindung, was Elena mit
einem leisen Fluch kommentierte, während Alexander
den Peugeot ein kurzes Stück weiterrollen ließ,
schließlich in einer kleinen Ausbuchtung am Wegrand
anhielt und Motor sowie Scheinwerfer ausmachte.
»Warum fährst du nicht bis ans Haus, Alex?«
»Unsere Freunde, wie du die beiden Typen genannt
hast, brauchen nicht zu wissen, daß wir hier sind.
Vielleicht kann ich ihnen eine kleine Überraschung
bereiten.«
Alexander öffnete das Handschuhfach und zog aus
der hintersten Ecke eine automatische Pistole samt
Ersatzmagazin hervor. Es war eine SIG Sauer P 225,
wie er sie bei der Schweizergarde getragen hatte. Nach
seinem Abschied von der päpstlichen Wachtruppe
hatte er sich eine Waffe desselben Modells besorgt,
weil die 9-mm-Pistole ihm vertraut war und er an ihr
die Kombination von hoher Sicherheit und schneller
Einsatzbereitschaft schätzte.
Erstaunt beobachtete Elena, wie er Waffe und Magazin in eine der großen Taschen seiner Allwetterjacke
gleiten ließ.
»Du hast doch nicht gewußt, daß wir hier unangenehme Gesellschaft erhalten würden, oder?«
»Keine Spur. Aber nach der Erfahrung am Tiberufer wollte ich auf alles vorbereitet sein.« Er sah sie
ernst an. »Du mußt vorsichtig sein, Elena! Bleib im
Wagen, und versuch weiter, die Polizei zu rufen. Falls
die Killer auftauchen, duck dich auf den Boden!«
»Glaubst du im Ernst, daß ich dich allein gehen lasse,
Alex?«
»Es ist besser so. Nur ich habe die soldatische Ausbildung und eine Schußwaffe. Wenn du mitkommst,
gefährdest du dich unnötig.«
Nicht nur dich, sondern auch unser Kind , fügte er in
Gedanken hinzu. Aber dies war nicht der Zeitpunkt,
darüber zu sprechen.
»Allein bin ich viel stärker gefährdet«, widersprach
sie energisch. »Was soll ich tun, wenn die Killer hier
auftauchen und sich den Wagen genauer ansehen?
Dann nutzt auch Wegducken nichts!«
Alexander kannte sie gut genug, um zu wissen, daß
er sie nicht umstimmen konnte. Außerdem war ihre
Argumentation nicht von der Hand zu weisen. Allein
war sie den Killern ausgeliefert, wenn sie mit ihm
ging, konnte er ein Auge auf sie haben.
»Gut, dann komm mit«, sagte er. »Aber versprich
mir, daß du vorsichtig bist und jede meiner Anweisungen befolgst!«
Ein Lächeln, wie er es in letzter Zeit selten gesehen
hatte, huschte über ihr Gesicht, als sie die flache Hand
an den Rand einer imaginären Mütze legte.
»Zu Befehl, Herr General!«
Sie verließen den Wagen und liefen durch den peitschenden Regen hinüber zum Haus des Erzbischofs.
Der aufgeweichte Boden saugte an ihren Schuhen, und
bald waren ihre Füße durchnäßt.
Alexander gab Elena ein Zeichen, daß sie zurückbleiben sollte. Er zog die P 225 und schlich in geduckter Haltung zu der Limousine. Es war tatsächlich der
schwarze BMW, und er war leer. Ein erneutes Handzeichen, und Elena setzte sich wieder in Bewegung.
Sie trafen sich unter dem ausladenden Vordach und
stellten jetzt erst fest, daß die Haustür einen Spaltbreit
offenstand. Licht fiel durch diesen Spalt und durch ein
kleines Fenster neben der Tür nach draußen.
»Das sieht nicht gut aus«, sagte Alexander leise.
»Scheint so, als hätten sie gar nicht erst einen Höflichkeitsbesuch vorgetäuscht. Ich gehe zuerst hinein und
gebe dir Bescheid, wenn die Luft rein ist.«
»Okay«, sagte sie, zögerte kurz und legte dann eine
Hand auf seinen Arm. »Paß auf dich auf, Alex!«
Er nickte. Bevor er die Haustür vorsichtig aufdrückte, zog er den Entspannhebel seiner Waffe zurück, wodurch eine Patrone ins Patronenlager geschoben wurde.
Die Tür schwang geräuschlos auf. Die P 225 im Anschlag, betrat Alexander eine geräumige Diele und wäre fast über eine Frau gestolpert, die mit ausgestreckten Gliedern am Boden lag. Graue Haare, faltiges Gesicht und eine schmucklose Brille, die halb heruntergerutscht war. Das mußte Signora Ferzetti sein, die
Haushälterin des Erzbischofs, von der die Frau in der
Trattoria erzählt hatte. Blut sickerte aus ihrer aufgeschlitzten Kehle und verteilte sich gleichmäßig auf den
sauberen Fliesen.
Die Killer hatten sich nicht lange mit ihr aufgehalten. Vermutlich war es keine fünf Minuten her, daß
die Frau die Tür geöffnet hatte.
Ein kurzer, dumpfer Laut, wie ein unterdrückter
Schrei, ließ ihn herumfahren. Elena stand in der Haustür und starrte die Tote an.
»Du solltest doch warten, bis ich dir Bescheid
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