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Engelsgesang

Engelsgesang

Titel: Engelsgesang Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S.A. Urban
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    Sie hatte extra ein Kamerateam engagiert, das am Eingang stehen sollte, dort, wo das erste Bild die Gäste empfing. Sie wollte die Reaktionen der Menschen sehen, auch wenn sie gerade anderweitig beschäftigt war. Und sie wollte vor allem die Wirkung der Bilder, deren Schaffen ein Jahr ihres Lebens in Anspruch genommen hatte, auf Münchens größten, noch lebenden Künstler miterleben und sich später in Ruhe auf Video ansehen können. Seine Reaktion, auch wenn sie noch so verhalten war, ja, selbst wenn sie negativ ausfiel (womit sie tief in ihrem Inneren auch rechnete), war mehr Wert als alle überschwänglichen Kritiken, die die Presse über sie schreiben konnte. Seine Anwesenheit würde ihre Veranstaltung und ihre Kunst in den Olymp der Münchner Kulturszene katapultieren.
    Und er würde kommen ... sie hegte keinerlei Zweifel daran. Er konnte sich nicht entgehen lassen, die Künstlerin kennen zu lernen, die seinen Sohn in umstrittenster Art und Weise, auf metergroße Leinwände gebannt hatte.
    Gabriel van Campen war eine unerreichbare Größe in Europas Kunstszene. Wieso er gerade ihr erlaubt hatte, seinen Sohn abzulichten, hatte sie nie verstanden. Vielleicht würde sie den Grund heute erfahren … und wenn nicht, war das auch nicht weiter tragisch. Dass sein Sohn ein fantastisches Model war, wog im Gegensatz zu dem bedeutenden Namen Van Campen, fast gar nichts. Er hätte hässlich und plump vor der Kamera wirken können, trotz allem hätten die Bilder einen riesigen Aufruhr veranstaltet. Einen Aufruhr, den sie zu nutzen wusste.
    Schon vor Tagen hatte sie erste Interviews für Zeitschriften und Magazine gegeben. Doch das war erst der Anfang …
    Gebannt sah sie zu dem großformatigen Foto hinüber, das die Gäste bei ihrem Eintreffen empfangen würde. Niemand konnte die Besucher besser empfangen, als ihr moderner heiliger Sebastian. Von seiner zwei auf dreieinhalb Meter Leinwand sah er zu ihr herab. Er würde die Besucher gezielt auf das erotische Horrorszenarium einstimmen, das sie arrangiert hatte.
    Zufrieden rieb sie sich ihre schmalen Hände. Doch lange währte ihre Fröhlichkeit nicht: „Wer hat euch Trottel denn aus der Klapse entlassen?“, schrie sie, als ihr Blick auf zwei Handwerker fiel, die gerade eine Fotostrecke mit zusammengehörigen Bildern anbrachten. „Hab ich euch nicht gesagt, dass die Bilder nummeriert sind? Augen auf! Nach Eins kommt Zwei, nicht Fünf oder Sieben, ihr Schwachköpfe!“ Mit zornigen Bewegungen riss sie dem einen das Bild aus der Hand, um es gegen ein anderes auszutauschen.
    Ihre Nerven würden noch arg in Mitleidenschaft gezogen werden, bevor alles so war, wie sie es sich vorstellte. Aber es würde sich lohnen, da war sie sich sicher.

43.
    43.
     
    Die paar Tage, die Ángel und Martin gemeinsam im sonnigen Italien verbrachten, vergingen wie im Fluge. Sie faulenzten am Pool, fuhren mit der Segeljacht von Martins Eltern auf den See hinaus, und gingen shoppen. Immer wieder betonte Ángel, dass er das Geld, welches Martin für ihn ausgab, wieder zurückzahlen würde. Martin nickte kommentarlos und verkniff sich das Lächeln, das ihm auf den Lippen lag. Er wollte Ángel nicht verletzen. Er wusste mittlerweile wie empfindlich sein Freund in dieser Hinsicht war.
    Sie kochten gemeinsam, und manchmal, wenn sich Ángel matt von der ungewohnten Hitze ausruhte, nahm sich Martin seinen Skizzenblock und malte ihn.
    „Müsstest du mich nicht schon im Schlaf malen können?“ fragte Ángel und sah aus müden Augen zu ihm herüber.
    „Nun, im Schlaf habe ich dich auch schon gemalt, gestern Nacht zum Beispiel, du hast es nur nicht gemerkt.“ Martin grinste und zog ein neues Blatt hervor. „Ich weiß auch nicht, warum ich nicht müde werde, dich zu malen. Vielleicht liegt es daran, dass ich so verrückt nach dir bin.“ Er stand auf, trat an die Liege und beugte sich zu einem Kuss herunter.
    „Martin, bitte, hab Erbarmen mit mir. Ich bin schon ganz fransig.“
    „Vom küssen?“
    „Ja, davon auch.“ Ángel lächelte und drehte ihm den Rücken zu.
    Martin lachte auf. „Ich will nicht wissen, was meine Eltern sagen würden, wenn sie uns hier sehen könnten. Wahrscheinlich würden sie den Pool ablassen und desinfizieren.“
    „Ich möchte nicht, dass du Ärger mit ihnen bekommst“, sagte Ángel erschrocken.
    „Ärger? Ich? Von meinen Eltern? Die sind doch froh, dass ich in München geblieben bin und nicht im Ausland studiere. Du kannst dir nicht vorstellen, was die

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