Engelsgrab
ausgezeichneter Computeranalytiker war.
»Das ist alles gut und schön«, fuhr er fort, als Jed eine Pause machte, um Luft zu holen. »Aber zum einen geht es hier um ein Kind, und zum anderen wirken die Fotos auf mich schon beinah illegal. Deshalb werden Sie jetzt sämtliche Blogs und Fotos löschen, denn sonst werden Sie die morgen in einer Zeitung sehen. Herrgott, Jed, auch die Tochter von Jimmy Matthews ist auf den Fotos, oder ist Ihnen das entgangen?«
Die letzte Bemerkung schien Jed unsicher zu machen, aber ein festes Versprechen gab er Brady nicht. Brady nahm an, dass Sophies Fotos und Einträge aus Jeds Sicht eher harmlos waren, wenn man bedachte, was der Mann sonst so alles im Internet oder auch auf Festplatten entdeckte.
»Was ist mit dem Computer der Ermordeten und ihres Vaters?«, wechselte Brady das Thema. »Haben Sie denn da wenigstens etwas gefunden? – Ja, ich weiß selbst, dass Sie am Rotieren sind und dass es Freitagabend ist, aber was den Vater angeht, habe ich so ein Gefühl …«
Jed erklärte, er könne auch nur sein Möglichstes tun.
Brady streifte seinen Mantel über und dachte über die Doppelmoral von Zeitungen nach, die Geld mit dem Elend ihrer Mitmenschen machen, keinen Respekt vor einem Mordopfer haben und Besorgnis heucheln, während sie Fotos von halb nackten Mädchen verbreiten.
Er schaltete das Licht in seinem Büro aus, humpelte auf den Flur und hatte das Gefühl, das Schlimmste stände ihm trotz allem noch bevor.
Kapitel 34
»Halten Sie am Parkeingang«, sagte Brady plötzlich.
Conrad stutzte. »Und was ist mit Matthews’ Tochter, die Sie befragen wollten?«
»Ich will vorher noch etwas anderes erledigen.«
»Hier?« Conrad spähte zu dem dunklen Park hinüber.
Brady stieg aus dem Wagen. »Mal schauen, ob einer der kleinen Pisser da etwas über den Mord an Sophie weiß«, sagte er, bevor er die Wagentür zuschlug.
Auf dem Weg in den Park straffte er die Schultern und wappnete sich. Nach dem Tag stand ihm der Sinn weiß Gott nicht nach noch mehr Ärger, aber als ihm Gegröle und Gejohle entgegenschallten, wusste er, dass er sich dafür den falschen Ort ausgesucht hatte. Schon nach wenigen Schritten ließ er das Licht der Straßenlaternen hinter sich und folgte dem Weg durch die Bäume im Dunkeln. Die Anwohner und Hundebesitzer hatten sich längst verzogen und den Jugendlichen von Whitley Bay Platz gemacht. Deren Lärm wiederum wurde lauter, je tiefer Brady vordrang.
»He, Mister! Suchen Sie jemanden zum Ficken?«, rief ein Junge, und Brady sah eine Zigarettenspitze aufglimmen.
Brady knipste sein Maglite an. Der Junge trat zurück und zog sich die Kapuze seiner Jacke tief ins Gesicht. »Machen Sie das Scheißlicht aus, Mann. Sonst läuft hier gar nichts.«
Brady musste lächeln. Shane McGuire. Ein mickriges Bürschchen von gerade mal siebzehn Jahren und schon so frech und verdorben wie ein ausgewachsener Zuhälter.
Er ließ den Lichtstrahl über die Teenager wandern, die langsam aus der Dunkelheit hervortraten und sich um Brady und Shane sammelten. Die meisten von ihnen wirkten schon halb weggetreten und hielten Flaschen mit billigem Wein oder Bierdosen in den Händen. In der Luft hing Haschischrauch. Jeder der Umstehenden war zu jung, um die Konsequenzen seines Drogenkonsums zu kennen.
Brady warf einen Blick zurück und lächelte in sich hinein. Conrad war ihm nachgekommen und beobachtete die Szene, auch wenn er einen kleinen Sicherheitsabstand hielt.
»Was ist denn nun, Mister?« Shane kam einen Schritt näher und trat seine Zigarette aus. »Ein Zwanziger, und Sie sind dabei.«
Brady roch seinen Bieratem.
»Ich bin nur hier, um ein paar Fragen zu stellen.«
»Fragen machen wir hier nicht.« Grinsend hob Shane eine Bierdose und trank einen Schluck, ehe er die Dose an ein kicherndes Mädchen weiterreichte.
»Aber wenn Sie mir vierzig geben, lassen wir Sie wieder laufen.« Aus dem grinsenden Gesicht war eine böswillige Fratze geworden. Im nächsten Augenblick hielt er Brady ein Messer unter die Nase.
»Lass den Quatsch«, sagte Brady und schlug die Hand mit dem Messer fort.
»He, du Arschloch, wie redest du denn mit mir?«
»Schlitz ihn auf!«, kreischte das Mädchen. Mit hoch erhobenem Messer sprang Shane auf Brady zu.
Brady packte den Arm und nahm den Jungen in den Schwitzkasten. Die anderen wichen ein Stück zurück.
»Lass mich los, du Scheißpsycho«, röchelte Shane. »Sonst bring ich dich um.«
Brady verstärkte seinen Griff. »Zuerst lässt du
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