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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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dass ich jemanden beschuldige. Nur mal angenommen. Wenn also VORTEC zum Beispiel Leute verschwinden lassen würde, bei denen ihre Medikamente extreme Nebenwirkungen zeigen.“
    „Violet, ich weiß nicht, wie du da drin hängst. Aber wenn du an meinem Rat interessiert bist, hör auf, weiterzugraben.“
    „Gestern Nacht gab es ein Blutbad in den VORTEC Labors.“
    „Negativ“, sagte er. „Es ist kurz in den Datenbanken aufgetaucht und sofort wieder verschwunden. Jemand unterbindet die Ermittlungen. Für das LAPD existiert der Fall nicht. Ich könnte dir nicht mal sagen, welche Patrouille gestern Nacht vor Ort war.“
    „Was heißt das, Tom?“
    „Dass jemand an höchster Stelle nicht möchte, dass gegen VORTEC ermittelt wird. Rein hypothetisch natürlich. Ich habe was von nationaler Sicherheit gehört, und wenn das Schlagwort fällt, gehe ich lieber in Deckung.“
    „Okay, und wenn wir in unserer Hypothese mal annehmen, ich hätte Beweise, dass VORTEC Testprobanden verschwinden lässt?“
    „Dann würde sich herausstellen, dass die Beweise gefälscht sind oder vor Gericht keine Gültigkeit haben, und dann würden sie auf unerklärliche Weise verschwinden. Vielleicht würdest du Besuch bekommen von ein paar Herren, die dich über die Belange der nationalen Sicherheit belehren möchten.“
    „Danke, Tom.“ Sie schwang ihre Füße auf die Rampe und lehnte sich gegen einen Stahlpfosten. „Gibt’s eine Chance, herauszufinden, wer diese oberste Stelle ist?“
    „Nein.“
    „Dachte ich mir.“
    Für ein paar Sekunden hing Schweigen in der Leitung.
    „Hey Tom?“
    „Ja?“
    „Kannst du mir noch was sagen?“
    „Nur, wenn das mit dem Kaffee noch steht.“
    „Na sicher. Ich lade dich ein, wenn ich durch das hier durch bin.“
    „Was ist das hier übrigens?“
    Sie kicherte. „Kann ich nicht sagen. Ist fast so kompliziert wie eine Angelegenheit von nationaler Sicherheit.“
    „Verstehe.“ Er seufzte. „Okay, frag.“
    „Haben sie meine Schwester schon gefunden? Emily Bardo?“
    Tasten klapperten im Hintergrund. „Worum geht’s genau? Hilf mir mal mit Details.“
    „Ihre Putzfrau wurde tot aufgefunden. Inez de la Torre.“
    „Ah.“ Noch mehr Klappern. „Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast.“
    „Ich hänge es auch nicht an die große Glocke. Also, haben die was gefunden?“
    „Ist sie auf der Flucht?“
    „Keine Ahnung.“ Violet stieß erschöpft den Atem aus. „Wenn ich das wüsste. Sie ist seit Wochen verschwunden und das mit der Putzfrau habe ich in den Nachrichten gelesen. Ich versuche, sie zu finden.“
    „Hat sie die Frau umgebracht?“
    „Ich bezweifle es.“
    „Na gut“, sagte er nach einer Pause. Es klang, als glaubte er ihr. „Das Haus steht unter Beobachtung. Die haben ein Team da, rund um die Uhr. Deine Schwester ist noch nicht aufgetaucht.“
    „Schade.“
    „Tut mir leid.“
    „Kein Problem.“ Sie zögerte. „Tom, du hast mir wirklich geholfen.“ Sie hatten es beide im Kopf, da war sie sicher. Aber sie sprachen es nicht aus. Sie sprachen nicht darüber, was vor zwei Jahren geschehen war. Vielleicht war das auch gut so. „Ich melde mich wieder, okay? Und dann trinken wir Kaffee und reden über die alten Zeiten.“
    „Ja“, sagte er. Sie glaubte zu hören, wie er lächelte.
    Violet ließ die Hand mit dem Telefon sinken und saß eine Zeit lang reglos an den Pfosten gelehnt. Die Sonne blendete, sie schloss die Augen und genoss das rötliche Durchscheinen des Lichts durch ihre gesenkten Lider. Sie stellte fest, dass sie mit Tom wirklich Kaffee trinken wollte, dass sie mit ihm über die alten Zeiten reden wollte. Ganz unmerklich war ihr verletzter Stolz durch die Risse gesickert, bis nichts mehr übrig war. Sie fragte sich, ob Tom immer noch mit seiner Frau Marian verheiratet war, ob sie inzwischen Kinder hatten, ob er es endlichgeschafft hatte, nach Los Feliz versetzt zu werden.
    Sie rief Marshall an. „Stephan Amaryllis ist der Boss von VORTEC“, sagte sie zur Begrüßung.
    „Wer zur Hölle ist Stephan Amaryllis?“
    „Der mysteriöse Verlobte meiner Schwester. Laut einer sicheren Quelle auch die graue Eminenz bei VORTEC. Glaubst du an Zufälle? Ich nicht.“
    „Wow. Interessant.“
    „Ja, nicht wahr?“ Sie konnte kaum fassen, was in den letzten vierundzwanzig Stunden passiert war. Wie sollte sie das Marshall erklären? Der würde sie für irre halten, wenn sie ihm die ganze Story erzählte. Das fing schon mit der Existenz der Schattenläufer an.

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