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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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Ellbogen, dann schwang er sich hindurch und landete im Hof.
    Stephan verschwand hinter der Hausecke und Gabriel begann, zu rennen.

    Rostige Container stapelten sich auf dem Hof an der Rückseite der Fabrik. In der Absperrmauer saß ein weiteres Tor, das ein Stück offen stand. Violet musterte die Laderampe und die beiden Rolltore, die komplett heruntergelassen waren. Mehrere Autos parkten zwischen Stahlcontainern. Sie bremste und musterte die Nummernschilder.
    „Da vorn!“, rief Marshall.
    Zwei Gestalten schossen um die Hausecke und rannten direkt auf sie zu. Ein Mann, hochgewachsen mit aschblondem Haar, zog eine zierliche Frau hinter sich her. Die Heckleuchten eines Porsche Cayenne Geländewagens neben Violet blinkten auf. Fernentriegelung.
    Verzögert durchfuhr sie der Schock. Stephan und Emily. Die Statur war unverwechselbar, obwohl ihre Schwester einen ihrer dämlichen Hüte trug, ein weit ausladendes Gebilde mit einem Spitzenschleier wie in alten Schwarz-Weiß-Filmen. Stephan blieb so abrupt stehen, dass sie gegen ihn stolperte. Sie zerrte und riss an seinem Arm, bis er endlich ihr Handgelenk losließ. Sie schienen ein hitziges Wortgefecht zu führen, dann packte er sie erneut und zog sie weiter.
    Mit einem Fluch rammte Violet den Ganghebel in die Parkposition, entsicherte die Pistole und stieß die Tür auf. Die beiden waren nun nur noch wenige Meter entfernt. Violet umklammerte die Browning mit beiden Händen und zielte.
    „Lassen Sie sie los!“, brüllte sie Stephan zu.
    Emily stammelte etwas Unverständliches. Stephan stoppte, sein Gesicht eine zornige Maske.
    „Sie!“
    Das irrwitzige Bedürfnis, zu kichern, stieg in Violet auf, obwohl Stephan ihr Angst einjagte. Sie hatte ihren Saab nicht bewusst so abgestellt, doch er versperrte seinem Geländewagen die Ausfahrt.
    „Lassen Sie sie los“, wiederholte Violet. Sie richtete ihren Blick auf ihre Schwester. „Emily, bist du okay?“
    Stephan setzte sich wieder in Bewegung, bis die Mündung ihrer Browning fast gegen seine Brust stieß. Anders als ein paar Stunden zuvor in seinem Penthouse wirkte er nun bedrohlich und nicht zu Scherzen aufgelegt. In einer fließenden Bewegung griff er nach ihrer Waffe. Reflexartig drückte Violet ab.
    Emily kreischte auf, Stephan stolperte einen Schritt zurück, auf seiner Brust erblühte ein dunkler Fleck. Überraschung flackerte über sein Gesicht. Nur für den Bruchteil einer Sekunde, dann kehrte der Zorn zurück.
    Violet war immer stolz auf ihre schnellen Reflexe gewesen, doch ihr zweiter Schuss ging ins Leere, weil Stephan ihren Arm zur Seite schlug und ihr mit der anderen Faust einen Hieb gegen das Kinn versetzte, der sie rücklings gegen ihren Wagen schleuderte. Schmerz explodierte in ihrem Kopf. Für einen Moment glaubte sie, sich nicht mehr bewegen zu können. Es war, als habe der Aufprall ihr sämtliche Knochen gebrochen. Benommenheit flutete über sie hinweg. Mehr Schüsse fielen. Ihre Wahrnehmung driftete ab. Was zur Hölle ...
    Emily begann, hysterisch zu schreien.
    „Shit“, flüsterte sie. „Emily ...“
    Ein Schatten verdunkelte ihr Gesichtsfeld. Harte Finger packten ihr Handgelenk und entwanden ihr die Pistole. Für einen Lidschlag starrte sie in die Mündung. Ihr Bewusstsein verlor sich in der Schwärze, dann krachte ein Schuss.

    Gabriel erfasste nicht sofort, was geschehen war, doch er erkannte Pascals grauen Transporter. Beide Türen standen offen. Marshall kniete am Boden und feuerte, bis der Hahn auf Metall schlug. Stephan taumelte zurück, eine Pistole in den Händen. Die Frau mit dem Hut beugte sich über Violet, die gegen die Front des Wagens gesunken war. Schock und Adrenalin schossen ihm ins Blut. Er zog das Schwert, während er die letzten Meter zwischen sich und Stephan überbrückte. Der Mann, den er einmal geliebt hatte wie einen Bruder, drehte sich um. Ihre Blicke trafen sich. Gabriel fühlte sich, als würde er durch die Zeiten zurückgeschleudert in eine Vergangenheit, die so schön und so schrecklich war, dass die bloße Erinnerung sich wie eine Klinge in sein Fleisch senkte. Doch nur für einen Moment, dann fand er zurück ins Hier und Jetzt.
    „Wo ist mein Vater?“, stieß er hervor.
    Traurigkeit glitt über Stephans Gesicht. „Ich habe ihm kein Haar gekrümmt.“
    „Wo?“
    „Dachtest du wirklich, ich würde Thomasz ein Leid zufügen?“ Aufrichtige Bestürzung färbte seine Stimme. „Er ist auch mein Vater!“
    „Wo ist er?“
    „Wir müssen einander nicht bekämpfen.“

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