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Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd

Titel: Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Gunschera
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konnte, um zu ihm durchzudringen. Er gab sich die Schuld am Tod seines Vaters, konnte sich nicht verzeihen, dass er in der Nacht der zweiten Entführung nicht bei ihm gewesen war.
    Und hier schloss sich der Kreis. Vielleicht wäre nichts von alldem geschehen ohne den Auftritt ihrer Schwester und den idiotischen Streit, den Violet mit Gabriel geführt hatte. Vielleicht.
    „Du hast selbst gesagt, dass sie deinen Vater lebend brauchen.“ Sie rollte sich auf den Bauch und stützte den Kopf auf einen Arm. „Sonst hätten sie ihn zusammen mit dir und Stephan in der Kapelle ausbluten lassen.“
    Gabriel knöpfte seine Jeans zu und zog sich ein T-Shirt über. Sie teilten das gleiche Bett, sie hielten sich in den Armen, doch sie schliefen nicht mehr miteinander. In der Nacht nach ihrer Rückkehr aus der Wüste und einer furchtbaren Transformation hatten sie rauen Sex gehabt, von Hunger und Verzweiflung getrieben. Doch danach hatte sich ein Schwert aus Kälte zwischen sie geschoben, ein Universum aus Schuldgefühlen und Bitterkeit, das jede Leidenschaft im Keim erstickte.
    „Vielleicht hat Thomasz seinen Zweck längst erfüllt. Vielleicht treibt seine Leiche seit zwei Wochen blutleer in den Kanälen.“ Er rammte eine Faust gegen die Wand. „Gott, ich weiß ja nicht einmal, was Carl mit dem Engel überhaupt will!“
    Violet zuckte zusammen unter seinem plötzlichen Ausbruch. Sie beobachtete, wie er das blau und weiß gemusterte Tuch um den Kopf schlang und zur Bandana verknüpfte.
    „Was wird aus uns?“, fragte sie nach ein paar Minuten des Schweigens.
    Gabriel ließ die Hände sinken und sah sie an, als habe er gerade erst bemerkt, dass sie sich mit ihm im Raum befand. Die Traurigkeit in seinem Blick verstörte sie.
    „Vielleicht muss ich mich selbst bestrafen.“
    „Es ist nicht deine Schuld!“
    „Das ist nicht wahr und du weißt es.“
    Sie versuchte, ihre Hilflosigkeit unter einem Lächeln zu verbergen. „Kann ich dich irgendwie erreichen?“
    „Ich rufe dich an.“
    „Ich glaube dir nicht.“ Ihre Stimme klang kläglich. Ein schwacher Funke Zorn regte sich. Auf sich, auf ihre Schwäche. War sie tatsächlich drauf und dran, vor ihm zu Kreuze zu kriechen, ihm eine Szene zu machen wie ein Beverly Hills Püppchen, das ihren Liebhaber verdächtigte, mit der besten Freundin rumgeknutscht zu haben? Sie wollte etwas nachschieben, eine gesalzene Bemerkung, irgendetwas, um klarzustellen, dass sie verdammt noch mal nicht auf die Gnade seiner Anwesenheit angewiesen war, öffnete den Mund und schloss ihn wieder.
    Wann wirst du endlich erwachsen?
    War es nicht viel mehr ein Zeichen von Mut, die Wahrheit auszusprechen? Sich nicht hinter Spitzfindigkeiten zu verstecken, Floskeln und idiotischer Etikette, die mit der ursprünglichen Bedeutung des Wortes nichts mehr gemein hatte?
    „Ich liebe dich“, sagte sie.
    Erstaunlich, wie leicht das ging. Aber sie hatte ja keinen Grund, ihn zu belügen. Als sie seinen Kopf in ihren Armen gehalten hatte, auf dem Rückweg von Matavilya Crest, da war es ihr bewusst geworden, mit allen Konsequenzen. Dass sie seinen Tod nicht zulassen konnte. Weil sie ihn liebte, so unbarmherzig liebte, dass sein Tod sie vernichten würde, in einen Abgrund reißen, aus dem sie vielleicht nie wieder hinausfand.
    Die Trauer in seinem Blick vertiefte sich. Gabriel sah sie lange an, als wolle er herausfinden, ob ein doppelter Sinn in ihren Worten lag. „Ich liebe dich auch.“
    „Warum tust du es dann?“
    „Weil ich muss.“
    „Um deine Schuld zu sühnen?“
    Er senkte die Lider. Die sonnengebleichten Spitzen seiner Wimpern flackerten. „Ich will dich nicht verletzen. Doch das tue ich, wenn ich bleibe.“ Sie öffnete den Mund zu einem Einwand, doch er ließ sie nicht reden. „Versuch nicht, es abzustreiten. Ich kann es in deinen Augen lesen. Jeden Tag ein bisschen mehr. Also muss ich gehen. So einfach ist das.“
    Violet fühlte sich leer und verbrannt, als sie zum Büro fuhr, um Marshall zu treffen. Ein Teil von ihr wollte umkehren, um die wenigen verbleibenden Stunden in Gabriels Nähe zu verbringen. Doch ihr Verstand sagte, dass es ihrem seelischen Zustand nicht guttun würde, zuzusehen, wie er seine Sachen packte und alle Spuren seines Aufenthalts aus dem Apartment seines Vaters tilgte.
    Also stellte sie ihren Wagen ins Parkverbot vor dem mexikanischen Deli, versetzte einer Cokedose auf dem Gehweg einen Tritt und stieß übellaunig die Tür zum Büro auf.
    Der kleine Fernseher auf dem

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