Engelsjagd - Gunschera, A: Engelsjagd
schon.“
„Vermisst gemeldet von einer Margareth Hurst, die seine Vermieterin ist. Die Anzeige ist drei Wochen alt.“
„Sonstige Angaben?“
„Die Miete wurde nicht bezahlt. Die Vermieterin glaubt nicht, dass Mr. Kilroy verreist ist. Sie sagt, die Wohnung sieht aus, als sei Andy nur eben zum Einkaufen gegangen.“
Violet betrachtete die gelb angestrichene Spalte auf dem Ausdruck. Neben Andy Kilroy prangte ein P. Wie auch neben Julia Albright und zwei weiteren Patienten. „Ich frage mich, wofür dieses P steht.“
„Willst du die Adressen der anderen beiden P-Kandidaten?“
Sie schob sich eine Ladung Reis in den Mund und nickte.
„Marv Snyder wohnt in Boyle Heights. Und Jeffrey Doud hat ein Haus in Camarillo, das ist bei Ventura.“
„Gut.“ Die Uhr auf ihrem Handy stand auf kurz vor acht. Genug Zeit, um noch einen Abstecher nach Boyle Heights zu machen.
Der Distrikt lag auf der anderen Seite des San Bernardino Freeways. Hier wohnten fast ausschließlich mexikanische Familien. Snyders Haus befand sich in den Flats, einer Nachbarschaft, die bis vor ein paar Jahren für Bandenkriminalität und Straßengewalt berüchtigt gewesen war. Billig gebaute Häuser säumten die Malabar Street, mit eingezäunten Vorgärten und Gittern vor den Fenstern. Nicht, dass das viel gebracht hätte. Diese Holztüren ließen sich mit einem Fußtritt aufbrechen.
Violet drosselte die Geschwindigkeit und suchte nach den Hausnummern. 2742 war ein grün gestrichenes Holzschindelhaus, in dessen Einfahrt ein Ford FI50 Pick-up parkte. Hinter den Jalousien brannte Licht.
Sie verbarg die Pistole unter ihrer Lederjacke, zog die falsche LAPD-Marke aus der Handtasche und lief die paar Schritte bis zur Haustür. Die Türglocke klang wie ein chinesisches Glockenspiel. Leere Bierdosen stapelten sich auf der Terrasse.
Die Tür wurde aufgerissen und ein groß gewachsener Weißer in Jeans und Unterhemd füllte den Rahmen. Er roch nach Alkohol und setzte ein breites Grinsen auf.
„Hey Lady, warum hat das so lange gedauert?“ Genüsslich musterte er sie von Kopf bis Fuß. Besonders lange verharrte sein Blick auf ihren Brüsten. Violet war so perplex von seiner Begrüßung, dass ihr keine passende Erwiderung einfiel. „Du bist ne Süße, was?“ Seine Pranke fasste nach ihrem Arm, um sie ins Haus zu ziehen. „So süß, wie du bist, da hab ich doch geme gewartet. Was hast du drunter?“
„Wie bitte?“
Seine Hand tastete nach ihrer Hüfte und zuckte zurück, als er gegen die Pistole stieß. „Zur Hölle, was trägst du da mit dir rum?“
Mit einem großen Schritt war sie über die Schwelle und stieß ihn gleichzeitig zurück. Sie zückte die Marke. „Ich bin nicht deine Süße, klar?“
Seine Miene wechselte in rascher Folge von Verblüffung über aufflammenden Ärger zu einem Ausdruck tiefen Misstrauens. Mit halb erhobenen Händen wich er zurück. „Kein Stress, Ma’am, okay? Ich wollte Ihnen nicht zu nahe treten. Tut mir leid, Ma’am, hab Sie verwechselt.“
„Ja, passiert mir andauernd.“ Mit dem Fuß warf sie die Tür zu. „Sind Sie Marv Snyder?“
Sein Blick flackerte. „Nein, ich bin Dan. Hat der Idiot was angestellt?“
Sie steckte die Marke zurück in die Jackentasche und seufzte innerlich. Das wäre ja auch zu einfach gewesen. „Lebt er hier?“
„Das ist mein verdammtes Haus. Marv hängt hier ab und zu rum, aber ich habe ihn auch schon eine Ewigkeit nicht mehr gesehen. Hören Sie, egal was er angestellt hat, ich hab nichts damit zu tun. Ich repariere nur sein scheiß Auto.“
Geräuschvoll stieß sie den Atem aus. „Keine Sorge. Ich will ihn nicht einbuchten. Nur ein paar Fragen stellen.“
Zum Glück hatte der Kerl so viel Angst vor den Cops, dass er nicht mal nach ihrem Namen fragte. Bevor sie bei der DEA rausgeflogen war, hatte sie keine Ahnung gehabt, wie schwierig es war, privat zu ermitteln, wenn man innerhalb der legalen Grenzen bleiben wollte. Die falsche Marke war ein netter Trick, aber Gnade ihr Gott, wenn sie damit erwischt wurde.
„Was für Fragen?“
Auf dem Fernseher im kleinen Wohnzimmer flackerte CSI Miami. „Er hat an einem Medikamententest teilgenommen. Es gab Unregelmäßigkeiten, und wir müssen herausfinden, ob er auch davon betroffen ist.“
Der Argwohn wich nicht vom Gesicht des Mannes, aber wenigstens löste sich ein Teil der Anspannung in seinem Körper. Er sah nicht mehr aus, als würde er jeden Moment durchs Fenster fliehen.
„Das Zeug ist ihm nicht gut bekommen“,
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