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Engelslied

Engelslied

Titel: Engelslied Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nalini Singh
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hübscher ist es auf jeden Fall. Der Teppich dort unten auf dem Kopfsteinpflaster – an dem ist doch bestimmt länger als ein Menschenleben geknüpft worden.«
    Raphael nickte und nahm sich fest vor, Elena bei ihrem nächsten gemeinsamen Besuch in der Zufluchtsstätte die Betriebe der Meisterweber zu zeigen. Seine Gemahlin würde sowohl das handwerkliche Geschick als auch den Kunstsinn dieser Leute zu schätzen wissen. »Siehst du, wie die Häuser um den Platz angeordnet sind?« Er schlang ihr den Arm um die Taille. »Immer leicht versetzt – damit man von jedem Dach aus ungehindert den Blick auf die Festivitäten genießen kann.«
    Elenas Gesicht strahlte, als sie die kleinen Sitzgruppen sah, die überall auf den Dächern aufgetaucht waren und jetzt in warmem Kerzenlicht erstrahlten. »Dann wurden die Häuser absichtlich so errichtet?«
    »Ja. Falls wir je in Manhattan einen Ball abhalten …« Er lachte, als sie so tat, als würde sie sich die Kehle durchschneiden. »Falls wir je einen Ball in Manhattan abhalten, müssen wir kreativ werden. An Engelsbälle dachte ich beim Aufbau meiner Stadt eher nicht.«
    »Wofür dem Himmel gedankt sei, denn sonst müsste ich mich von dir scheiden lassen.« Sie lehnte sich an ihn. »Wenn Jason recht hat, und Amanat war außer New York das einzige andere Angriffsziel unseres unbekannten Feindes, dann wird unsere Verdächtigenliste noch kürzer. Im Grunde reduziert sie sich dann auf einen Namen.«
    »Ja. Lijuan. Eigentlich kommt nur sie infrage, aber Jason ist absolut sicher, dass sie ihre Festung im letzten Monat nicht verlassen hat.«
    Elena runzelte die Stirn. »Ohne Jasons Annahme infrage stellen zu wollen – sie hat doch noch diese andere, nicht körperliche Gestalt.«
    »Genau das habe ich auch gesagt, aber nein: Deine liebste Erzengelfrau war wohl bei den Feierlichkeiten, die jüngst ihr zu Ehren auf ihrem Gebiet abgehalten wurden, in höchstem Maße sichtbar.« Nachdenklich beobachtete Raphael einen kleinen Vogel mit leuchtend rot-grünen Flügeln, der an einer der seitlich am Haus hochrankenden Blumen nippte. »Und in dem Zeitraum, in dem Kahla sich nicht in der Stadt aufhielt, nahm Lijuan an einem großen Winterfestival teil.«
    »Verdammt! Das heißt ja dann wohl: zurück auf Start.«
    »Nicht ganz. Wenigstens wissen wir, dass die Krankheit nicht von Lijuan ausgeht.« Jedenfalls nicht direkt – Raphaels Instinkt sagte ihm, dass die Alte trotzdem irgendwie ihre Hand im Spiel hatte. »Die anderen werden heute Abend alle hier sein. Bis auf Neha, die einen legitimen Grund hat, sich entschuldigen zu lassen.«
    Das leuchtende Vögelchen hüpfte neugierig auf einen kleinen Tisch, der auf dem Balkon stand. Elena musste lächeln, der Kleine war hübsch wie ein Juwel. »Ich werde sehen, ob ich nah genug an alle rankomme, um einen Geruch wahrnehmen zu können«, sagte sie, ohne den Blick von dem winzigen Wesen zu nehmen. »Die Krankheit ist aus Blut geboren, vielleicht trägt einer der anwesenden Engel eine Spur davon in seinem eigenen Blut, und meine Jägerinstinkte springen an.«
    Gegen die Idee an sich hatte Raphael nichts einzuwenden, aber er bestand darauf, immer an Elenas Seite zu bleiben. Zu unberechenbar und gefährlich war die ganze Situation, zu viele Risiken gab es. »Wenn dir irgendwer etwas antut, erkläre ich ihm den Krieg. Das weiß die gesamte unsterbliche Welt.«
    Zwei Stunden später war der Ball in vollem Gang, und zwar auf eine extrem … zivilisierte Weise. Elena, die ihre Sinne in höchste Alarmbereitschaft versetzt hatte, war fast schon enttäuscht darüber, welch formvollendetes Benehmen sämtliche Anwesenden an den Tag legten. Sogar Michaela, die sich an diesem Abend für ein blendend purpurrotes Kleid entschieden hatte, das sich liebevoll an jede ihrer Rundungen schmiegte. Perfektes Make-up in Bronze und Gold betonte ihre Augen und niemand, der sie sah, hätte ihre Schönheit leugnen können.
    Schön war sie, zweifellos, aber trotzdem immer noch durch und durch ein Biest.
    »Raphael!«, begrüßte sie Elenas Begleiter mit einen betörend sinnlichen Lächeln. »Wir haben uns im Streit getrennt, das war allein meine Schuld. Aber du bist mir hoffentlich nicht mehr böse!« Sie zog einen Schmollmund. »Schließlich waren wir von Anbeginn dazu bestimmt, intime Freunde zu sein.«
    Elena wurde von Michaela ostentativ nicht beachtet, was ihr gerade recht war, konnte sie sich doch so voll und ganz auf den Geruch der Dame konzentrieren. Nur kam leider außer

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