Engelslieder
Kieferntische niederließen. “Josh und ich wollten eigentlich Angel’s Peak erklimmen, das liegt noch etwas weiter die Straße runter, aber es fing an zu regnen, und es ist auch so schon eine schwierige Route. Am nächsten Tag besserte sich das Wetter zwar, aber da waren wir schon in einer anderen Gegend.”
Sie wickelten die Papierservietten auf, in denen das Besteck lag, und nahmen sich dann die Speisekarte, einen verkratzten Plastikhalter, der über die täglich angebotenen Speisen sowie die Spezialitäten des Tages informierte. Eine Kellnerin in schwarzem Rock und weißer Bluse kam an den Tisch. Sie bestellten Hamburger, das war immer die risikoärmste Wahl – obwohl Ben versucht war, den Hackbraten mit Kartoffelbrei zu probieren. Die Frau gab die Bestellung inklusive zweier Cola light weiter und kam mit Plastikbechern voll Wasser zurück.
“Es wird nicht lange dauern”, sagte sie.
Ben holte das Phantombild hervor. “Wir suchen nach jemandem … vielleicht können Sie uns ja helfen.” Er warf einen Blick auf ihr Namensschild. “Millie, richtig?”
“Ja, das bin ich.” Sie hatte kurze, krause blonde Haare und ein faltiges Gesicht, was sie älter aussehen ließ, als sie vermutlich war.
“Wir versuchen, den Mann auf dieser Zeichnung ausfindig zu machen. Wir glauben, dass er hier in der Gegend lebt.”
Sie sah sich das Bild an.
“Es handelt sich um eine Vermögensangelegenheit”, fügte Ben hinzu. “Der Mann hat vermutlich geerbt.”
Die Geschichte hatten sie sich auf ihrem Weg nach Ash Grove ausgedacht, ein Märchen, das sie zwar nicht der Polizei, schon aber den Ortsansässigen auftischen wollten.
Die Kellnerin zog die Stirn kraus. “Sieht ziemlich normal aus. Da steht, er hat blonde Haare und blaue Augen. Viele Leute aus der Gegend sehen wie der Mann auf dem Bild aus.”
“Denken Sie an jemand Bestimmen?”
“Na ja, Isaac Vreeland sieht ihm irgendwie ähnlich. Das ist der arme Tropf, dessen Frau ermordet wurde.”
Ben warf Autumn einen kurzen Blick zu. “Eine schreckliche Geschichte. Hat die Polizei schon einen Verdacht, wer das getan hat?”
“Bisher nicht.”
“Ist Mr. Vreeland denn schon wieder in der Stadt?”, erkundigte Autumn sich. “Nach allem, was geschehen ist, wohnt er bestimmt nicht zu Hause.”
“Er kam zurück, kurz nachdem man die Leiche gefunden hatte. Nachdem die Polizei mit ihm gesprochen hatte, ist er mit zu seinem Cousin George gefahren. Er hat hier überall Familie.”
Millie ging, um die anderen Gäste zu bedienen. Offenbar kannte sie viele von ihnen. Sie blieb stehen, um mit den bekannten und einigen unbekannten Gesichtern zu schwatzen. Die Frau könnte eine gute Informationsquelle sein, dachte Ben, wenn ich sie irgendwie zum Weiterreden animieren kann.
Sie brachte ihnen die Cola und stellte sie auf den Tisch.
“Und, Millie, was, glauben Sie, ist da oben passiert? Ash Grove macht nicht den Anschein, als wäre es der typische Ort für den Mord an einer Frau.”
Die Kellnerin stemmte die Hände in ihre ausladenden Hüften. “Könnte irgendein Irrer auf der Durchreise gewesen sein, wer weiß. Aber Tatsache ist, dass Priscilla nach Ärger gesucht hat. Ihr erster Fehler war schon mal, Isaac zu heiraten. Sie hat nicht hierhergepasst. Die Leute aus der Gegend mochten sie nicht besonders.”
“Warum nicht?”, hakte Autumn nach.
“Die Leute hier haben ihre eigene Art, ihre eigenen Vorstellungen vom Leben. Prissy Vreeland hat immer versucht, die Dinge zu verändern, hat den Leuten gesagt, was sie zu tun haben.”
“Was wollte sie denn verändern?”, fragte Ben.
“Familiensachen. Kirchensachen.” Millie ging abrupt davon, um die Kaffeetasse eines Gastes nachzufüllen, ehe Ben weiterfragen konnte. Doch er hatte ohnehin das Gefühl, nicht mehr von ihr zu erfahren.
“Was, glaubst du, hat sie gemeint?”, fragte Autumn.
“Keine Ahnung.”
Millie brachte ihnen die fettigen Hamburger, die köstlich dufteten.
“Wäre es in Ordnung, wenn wir das Bild dalassen? Vielleicht erkennt ja irgendwer den Mann. Wie gesagt, es handelt sich um eine Erbschaftsangelegenheit. Könnte einen ordentlichen Batzen Geld für ihn bedeuten.”
Mollie nahm das Bild. “Ich hänge es ans Schwarze Brett. Da schauen die Leute regelmäßig drauf.”
“Wir wohnen im Motel, falls jemand mit uns sprechen will.” Ben reichte ihr seine Karte. “Ich bin aber auch auf dem Handy zu erreichen.”
Sie aßen die Hamburger und tranken dazu ihre Cola. Autumn hatte einen größeren
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