Engelspakt: Thriller (German Edition)
Kardinäle durch einen Eid, sämtliche Wahlvorschriften einzuhalten, über die Vorgänge im Konklave zu schweigen und nicht aufgrund politischer Motive abzustimmen. »Aber ich weiß, dass Sie ein Mann sind, der die Regeln des großen Spiels kennt und der weiß, was gespielt wird.« Er zögerte einen Moment, bevor er hinzufügte: »Warum haben Sie Ihre Kandidatur zurückgezogen?«
»Weil ich dort gebraucht werde, wo ich jetzt bin. Glauben Sie mir, Rinaldo, das Letzte, was unsere Kirche in diesen Tagen benötigt, ist ein Inquisitor an der Spitze.«
»Haben Sie Seine Heiligkeit Papst Leo deshalb unterstützt?«
»Nachdem ich mit einigen der Elektoren gesprochen hatte, gab ich meine Stimme ab und überließ alles Weitere dem Heiligen Geist. Der Heilige Geist hat eine weise Wahl getroffen, finden Sie nicht?«
»Ja, das hat er«, stimmte Rinaldo zu, und er dachte, dass auch Ciban als Bewahrer des Glaubens gewiss keine schlechte Wahl gewesen wäre. Rinaldo fasste sich erneut ein Herz und fragte: »Gab es noch einen anderen Grund, warum Sie Ihre Kandidatur zurückgezogen haben, Eminenz?«
»Welches Motiv sollte man noch haben, außer seiner Kirche nach bestem Wissen und Gewissen zu dienen?«
Rinaldo wagte einen gefährlichen Ausfall. »Wir arbeiten in der Kongregation immer für die Kirche und bisweilen gegen den Papst. Warum tun wir das, Eminenz, wenn Seine Heiligkeit Papst Leo eine kluge Wahl war?«
Rinaldo wusste nur zu gut, dass die Glaubenskongregation als Verteidigerin der Kirche das mächtigste Instrument in der gesamten Organisation war. Die Reinheit der Lehre und das Erbe des alten Glaubens gingen ihr über alles, selbst über die Pläne des amtierenden Papstes, was Johannes XXIII. und Paul VI. während und nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil unangenehm zu spüren bekommen hatten. Jetzt war es an Papst Leo, mit all diesen Frustrationen fertigzuwerden.
»Wie kommen Sie darauf, dass die Kongregation gegen Seine Heiligkeit arbeitet?«, fragte Ciban. Rinaldos Frage schien ihn weder zu schockieren noch zu verärgern.
»Schwester Catherine Bell«, erwiderte Rinaldo knapp. Er war lange genug in das Verfahren gegen Schwester Catherine eingebunden, um zu wissen, dass diese Angelegenheit dem amtierenden Papst ebenso wenig behagte wie ihm. Was das betraf, herrschte eine gewisse Spannung zwischen Papst Leo und der modernen Inquisition.
»Ah, daher weht der Wind.« Ciban musterte Rinaldo aus kühlen, unergründlichen Augen. »Und weiter?«
»Was werden Sie in ihrem Fall unternehmen?«
»Was soll ich Ihrer Meinung nach tun?«
»Sie sollten sich darüber mit Seiner Heiligkeit beraten.« Rinaldos Antwort kam zu seinem eigenen Schrecken wie aus der Pistole geschossen. Im selben Moment spürte er, wie der Präfekt ihn mit anderen Augen zu sehen begann.
Ciban ließ sich Zeit mit seiner Antwort. »Für einen Mann ohne besonderen Ehrgeiz machen Sie sich erstaunlich viele Gedanken, Monsignore. Ich gebe Ihnen mein Wort, dass unsere Kongregation alles tut, um Seine Heiligkeit zu unterstützen, auch wenn es nicht immer so erscheinen mag. Wissen Sie, was noch gefährlicher ist als eine rasante Erneuerung?«
»Ich fürchte, nein, Eminenz.«
»Eine rasante Erneuerung, die aus dem Ruder läuft. Seine Heiligkeit hat in den letzten beiden Jahren viel gewagt und dabei sogar sein Leben aufs Spiel gesetzt. Daher ist es von eminenter Wichtigkeit, die Späne, die er nach seinen Hobelaktionen zurücklässt, unter Kontrolle zu halten.«
Rinaldo spürte einen dicken Kloß im Hals. Ciban hatte recht. Papst Leos Reformpläne, um die Kirche zu modernisieren, stießen bei den Traditionalisten, zu denen auch die Mitglieder des Opus Die gehörten, nur auf wenig Gegenliebe. Leo war ihnen viel zu progressiv. Und wie es aussah – Rinaldo war in den Fall nicht involviert gewesen –, hatte man vor einem Jahr tatsächlich versucht, Papst Leo zu beseitigen.
»Ich glaube, ich verstehe.«
»Haben Sie sonst noch Fragen?«
Rinaldo schüttelte den Kopf, während er ganz tief in seinem Innern gar nicht fassen konnte, dass er noch immer lebte und unversehrt war. »Danke, Eminenz. Im Augenblick nicht.«
»Gut.« Ciban zögerte kurz und musterte ihn, bevor er sagte: »Sie haben gerade sehr viel Mut bewiesen, Pater, und Sie sind ein integrer Mensch. Ich hätte da eine ganz besondere Aufgabe für Sie.«
Der Präfekt griff auf seinem Schreibtisch nach einem kompakten schwarzen Ordner, der mit einem Kombinationsschloss versehen war. Er schrieb den
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