Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Engelspakt: Thriller (German Edition)

Engelspakt: Thriller (German Edition)

Titel: Engelspakt: Thriller (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alex Thomas
Vom Netzwerk:
Weisheit von jemandem mit einem solch langen Leben assimilieren. Oftmals fehlten David schlicht die Worte.
    Der Doktor wiederholte seine Frage. Diesmal schwang in seiner Stimme ein Hauch von Ungeduld mit. Als David in das Bild eintauchte, spürte er sofort, dass das, was er sah, erst wenige Tage zurücklag, und er war einmal mehr überwältigt von der Welt, in der Leo lebte, fühlte und dachte.
    Der Papst ging durch die Korridore und Räume eines Gebäudes, das vielleicht das wichtigste, sicher aber das einzigartigste Archiv der Welt beherbergte. Unter seinen schweren Schritten hallte der Marmorfußboden.
    Über achtzig Kilometer Bücherregale, über etliche tausend Kubikmeter Raum verteilt, beherbergten die unschätzbarste Quelle für die Weltgeschichte, die sich ein Mensch nur vorstellen konnte. Hier fanden sich neben den Dokumenten über die Inquisitionsverhandlungen gegen Galileo Galilei und die Aufzeichnungen über den Hexenprozess gegen die Jungfrau von Orleans auch jene über das Schweigen von Pius XII. während des Terrors des Dritten Reichs. Die Häresie der Kirche war ebenso dokumentiert wie die Häresie der außerkirchlichen Welt. Wer hier arbeitete, der zweifelte nicht mehr an Dantes Hölle, ja nicht einmal mehr an den apokalyptischen Fieberdarstellungen eines Albrecht Dürer oder Hieronymus Bosch. Das Geheimarchiv des Vatikans konzentrierte mehr Dunkel als das tiefschwarze All.
    David zuckte zusammen.
    Außerhalb des Archivs schlugen die Uhren zwei Stunden nach Mitternacht, als Leo den altertümlichen Lesesaal mit seinen großen schwarzen Tischen und Pulten durchquerte. Das Gehen fiel dem alten Mann nach dem harten Arbeitstag schwer. Doch zu dieser nächtlichen Stunde mochte seine heimliche Wanderung durch die Flure mit Regalen voll Hoffnung, Enttäuschung, Tränen und Blut unbemerkt bleiben.
    Leo blickte über die endlosen Borde und seufzte leise. Auch sein Pontifikat würde irgendwann einmal hier enden, eingebunden zwischen dicken, unhandlichen Buchdeckeln, durchlöchert von Anmerkungen und Kommentaren der Kurie, ohne dass von dem einst in Bergamo geborenen Bauernsohn mehr als eine Abstraktion übrig bliebe. So paradox es schien: Menschen zählten nicht in der Kirche. Selbst Päpste waren kaum mehr als eine Fußnote im Strom der klerikalen Zeit.
    Leo ging weiter. Sein Ziel war ein noch tiefer gelegener Teil des Archivs, von dem nur wenige Bürger des Vatikans wussten. Durch die Gedanken des Papstes erfuhr David, dass der silberhaarige Kardinal, den er schon einmal sondiert hatte, Leo bereits vor einer mächtigen, verschlossenen Eichentür erwartete.
    »Heiligkeit«, grüßte der in Schwarz gekleidete Mann.
    Der spontane Anruf des Papstes musste den Kardinal verblüfft haben, aber er ließ sich nichts anmerken. Er schloss die Eichentür auf und verriegelte sie sofort wieder, nachdem Leo und er den dahinter gelegenen Korridor betreten hatten. Auch von diesem Flur gingen etliche Kammern ab. In der hintersten Kammer befanden sich mehrere Panzerschränke mit Dutzenden von Stahlfächern. Einen der Schränke schloss der Kardinal nun auf. Dann zog er ein schweres Stahlfach heraus und legte es vorsichtig auf den nahen Eichentisch.
    »Das Fragment, Heiligkeit.«
    »Ich habe letzte Nacht etwas sehr Merkwürdiges geträumt«, sagte Leo und blickte auf die blanke Lade hinab. »Ein Kind weckte mich und führte mich in einer brennenden Welt durch ein Labyrinth auf einen hohen Berg. Dort knieten wir zu Füßen eines großen Kreuzes nieder. Das Kind sagte mir, es habe bereits Blut an den Händen und die Zerstörung der Welt gesehen. Und dann … zeigte es mir … diese Lade. Und heraus trat … das Licht.«
    »Das Licht?«
    Die Stimme des Kardinals verriet mit keiner Nuance, was er empfand oder dachte. Der Papst wusste lediglich, dass dieser Mann ein ganz besonderer Mensch war und dass er ihm vertrauen durfte.
    »Ja, das Licht. Klarer, realer als ich es je in der Wirklichkeit gesehen habe. Ich glaube, es hat mir die Lösung gezeigt.«
    Der Kardinal starrte von Leo auf die Lade und schwieg. Vielleicht dachte er für einen Moment, dass die extremen Ereignisse der letzten Monate, die grauenhaften Priestermorde und die brutale Folter eines befreundeten Klerikers seinen Herrn nun vollends den Verstand gekostet hatten. Dennoch ließ er Leo gewähren. Vielleicht weil er spürte, dass es dem Papst noch nie so ernst gewesen war.
    »Wie lange befindet sich das Fragment bereits im Vatikanischen Archiv?«
    »Es ist am 16. Februar

Weitere Kostenlose Bücher