Engelspakt: Thriller (German Edition)
Mordermittlungen, an denen auch Ciban, Ben Hawlett und Schwester Catherine beteiligt gewesen waren, einige unschöne Verhaftungen vorgenommen hatte. Am Rande war Rinaldo selbst in die Ermittlungen involviert gewesen, wenn auch eher indirekt, da er nicht zu den Eingeweihten gehört hatte. Jetzt fragte er sich, wie Tardini wohl auf Coelhos Befragung reagiert hatte und wie viele Details der Kommandant dem Ersten Sekretär über die Vorfälle in der vergangenen Nacht anvertraut haben mochte.
Jedenfalls erwähnte Coelho mit keinem Wort den Brief, den Tardini Rinaldo eine Stunde zuvor ausgehändigt hatte, was nur bedeuten konnte, dass der alte Bischof sich darüber tatsächlich eisern in Schweigen hüllte. Daher tat auch Rinaldo so, als ob der Brief gar nicht existierte. Die Tatsache, dass der geöffnete Umschlag kaum einen Meter entfernt vor Coelho unter dem Ordner lag, der die Biografie und Forschungsarbeit von Professor Charles Cutler Torrey von der Universität Yale enthielt, bereitete Rinaldo allerdings schon ein klein wenig Unbehagen.
Wie der Kommandant ihm nun erklärte, hatte man Cibans Handy am Tatort gefunden und festgestellt, dass die letzten beiden SMS unmittelbar vor der Tat an Bischof Tardini und ihn gegangen waren. Der Inhalt der Nachrichten sei nicht abgespeichert, aber er könne Coelho ja sicher darüber aufklären.
Rinaldo kramte daraufhin mit – zugegeben unbeholfener – Lässigkeit sein Handy hervor, suchte die entsprechende SMS heraus und zeigte sie Coelho. »Das ist leider alles«, erklärte er.
Coelho blickte mit gerunzelter Stirn auf das Display.
Sollte ich morgen früh nicht wie gewohnt in meinem Büro erscheinen, setzen Sie sich bitte umgehend mit I. in Verbindung.
Als der Generalinspektor Rinaldo fragend anblickte, erklärte dieser: »Mit I. ist Bischof Tardini gemeint, der Erste Sekretär Seiner Eminenz. Wir haben in Anbetracht der Situation heute Morgen sofort einige Termine, Fristen und Begutachtungen umorganisiert oder verschoben. Aber das hat Ihnen Seine Exzellenz sicher schon selbst erklärt.«
Coelho nickte. »So ist es. Aber dessen ungeachtet klingt diese SMS alles andere als beiläufig, Pater. Wussten Sie, mit wem sich Kardinal Ciban mitten in der Nacht treffen wollte?«
»Nein, darüber hat mich Seine Eminenz nicht informiert. Ich habe erst heute Morgen erfahren, dass Kardinal Ciban in die Gemelli-Klinik eingeliefert und dort operiert worden ist. Wie geht es ihm überhaupt?«
»Sein Zustand ist kritisch.« Coelho hielt kurz inne. »Sagen Sie, hat Seine Eminenz Feinde?«
Rinaldo zuckte die Achseln. »Die üblichen Verdächtigen, wie es bei einem Mann in seiner Position nun einmal üblich ist. Aber keiner von ihnen würde so weit gehen.«
»Ihr Wort in Gottes Ohr, Pater. Dennoch, Sie und Bischof Tardini arbeiten eng mit Kardinal Ciban zusammen. Ist Ihnen irgendetwas oder irgendjemand besonders aufgefallen?«
»Soweit es mich betrifft, nein.«
Coelhos Blick verharrte einen Moment lang nachdenklich auf dem Ordner, unter dem Cibans Brief lag. Rinaldo stockte kurz der Atem.
»Es soll zu einigen Unstimmigkeiten zwischen Kardinal Ciban und Kardinal Gasperetti gekommen sein«, fuhr der Kommandant fort. »Was wissen Sie darüber?
»Mein Gott, Unstimmigkeiten … Die beiden sind keine Freunde, aber sie sind auch ganz sicher keine Todfeinde.«
»Das mag sein. Doch wer durchschaut schon das Netz unseres Nachrichtendienstes oder das vielfältige Wirken des Lux Domini?«
Coelho griff in die Innentasche seiner Jacke und zog zwei Fotos heraus. Die erste Aufnahme zeigte ein Porträt des Ermordeten, die zweite in exzellenter Farbenpracht den Tatort.
Rinaldo spürte, wie es in seinem Magen rumorte. »Wo ist das?«, fragte er unwillkürlich, wenn auch nur, um sich abzulenken. Er hatte keine Lust, sich vor den Augen des Kommandanten zu übergeben.
»In der Santa Maria dell’ Orazione e Morte. Waren Sie schon einmal dort, Pater?«
Rinaldo schüttelte den Kopf. »Nein. Ein … seltsamer Treffpunkt, so mitten in der Nacht.«
Coelho nickte mit einem versonnenen Blick auf das Tatortfoto.
»Der Mörder ist extrem brutal vorgegangen. Inzwischen haben wir festgestellt, dass es sich bei dem Ermordeten um den Cambridge-Professor Alan Scrimgeour handelt und dass die Mordwaffe höchstwahrscheinlich ihm gehört. Haben Sie den Namen des Mannes schon einmal gehört? Ich meine, in Verbindung mit Kardinal Ciban?«
Alan Scrimgeour …
Zu Rinaldos Rumoren im Magen gesellte sich ein dicker Kloß im
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