Engelspakt: Thriller (German Edition)
Umschlag enthält. Und um es gleich vorwegzunehmen, ich darf es auch gar nicht wissen.«
Catherine, die gerade angesetzt hatte, das Kuvert zu öffnen, hielt inne. »Aber wäre es nicht sinnvoller …«
»Nein. Je weniger ich weiß, desto besser für Sie und Seine Eminenz. Alles, was Sie betrifft, steht in diesem Brief. So, jetzt muss ich gehen, bevor meine Abwesenheit im Kloster auffällt, denn ich habe nicht den Ehrgeiz, im wahrsten Sinne des Wortes schon vorzeitig eine Schwester der Erlösung zu werden.« Als Catherine die Dominikanerin daraufhin verwirrt anblickte, fügte diese rasch hinzu: »Na ja, Sie wissen schon, losgelöst vom irdischen Dasein.«
Die alte Nonne erhob sich mit erstaunlicher Behändigkeit, weshalb Catherine vermutete, dass sie in ihrer Freizeit Sport trieb. Die Hausarbeit allein konnte diesen Schwung in den Knochen und Gelenken kaum erklären.
»Vergessen Sie den Brief nicht, meine Liebe.«
Das imaginäre Stück Quarkstrudel hing noch immer auf halber Strecke in Catherines Hals und drückte sich nun wieder hoch. »Wie sollte ich«, brachte sie gerade noch so hervor.
Giada nickte zufrieden und betrat, von Catherine gefolgt, den kleinen Flur, als sie abrupt stehenblieb. Ihr Blick hing wie gebannt an der Garderobe, und plötzlich fiel es Catherine wie Schuppen von den Augen.
Cibans Schirm!
Schwester Giada drehte sich schließlich zu ihr um, berührte sie am Arm und dirigierte sie mit Nachdruck ins Wohnzimmer zurück.
»Wissen Sie, Catherine, ich denke, es ist doch besser, wenn wir den Brief gemeinsam lesen. Das erhöht womöglich Ihre Überlebenschance.«
37.
Doktor Zanolla musterte Ambrose, als wäge er ab, ob der Aufseher einfach nur blöd oder saublöd war. Neben Ambrose stand Davids Tutorin, die ebenfalls Psychologin war, geschminkt wie zum Karneval. Auch sie bedachte der Doktor mit einem Blick, als hätte er soeben realisiert, dass seine Mitarbeiter nichts weiter als ein Haufen schwachsinniger Vollidioten waren.
»Der Junge liegt im Koma«, sagte Zanolla dennoch vollkommen ruhig. »Wie konnte das passieren?«
»Wir wissen es nicht«, erklärte die Psychologin unterwürfig. »Aber wir werden es sicher bald herausfinden.«
Der Doktor konzentrierte sich erneut auf Ambrose.
Der stand aufgrund von Davids Anblick noch immer unter einem gewissen Schock, doch er wusste auch, dass er dem Doktor auf gar keinen Fall einen Anlass liefern durfte, ihm noch mehr auf die Pelle zu rücken. Er hatte den Jungen im Zustand der Bewusstlosigkeit vorgefunden, als er ihn noch vor dem Nachmittagsunterricht zu einer Iso-Kammer-Sitzung hatte bringen sollen. David hatte das Zeitungsfoto eines Mannes in den verkrampften Fingern gehalten. Er musste es aus der Zeitung gerissen haben, die Ambrose ihm überlassen hatte. Ambrose wusste nicht wieso, aber das Foto hatte irgendetwas mit Davids momentanem Zustand zu tun. Also hatte er die Fotografie vorsichtig entfernt und in seine Uniform gesteckt, ehe er die Wissenschaftler alarmiert hatte.
Inzwischen war eine Blut- und eine Röntgenuntersuchung bei David gemacht worden. Des Weiteren hatte der Doktor ein CT angeordnet für den Fall, dass der Junge einen Schlaganfall oder Hirnblutungen erlitten hätte. Doch alle Befunde, selbst das Ergebnis der Lumbalpunktion, bei der die Nervenflüssigkeit untersucht worden war, waren negativ ausgefallen. Organisch war der Junge offenbar vollkommen gesund. Trotzdem lag er im Koma.
Einer der Wissenschaftler hatte sogar bestürzt von einem Alpha-Koma gesprochen, aus dem nur wenige Patienten wieder erwachten. Ein Alpha-Koma bedeutete, dass der Patient so gut wie tot war.
Für einen Moment fragte sich Ambrose, ob es vielleicht doch besser war, die Sache mit dem Foto zu gestehen. Andererseits, was nützte dieses Wissen den Wissenschaftlern schon? Auf mögliche Nachwirkungen der Sitzungen in der Isolationskammer war der Junge ohnehin längst untersucht worden.
»Sie haben den Jungen gefunden«, wandte sich Zanolla nun an ihn. »Ist Ihnen dabei wirklich nichts aufgefallen?«
»Nein«, beantwortete Ambrose die Frage des Doktors. Seine raue Stimme klang dabei ruhig und aufrichtig. »Es war alles wie immer, außer dass der Junge bewusstlos auf dem Bett lag und die Decke anstarrte.«
Ein junger, ehrgeiziger Mediziner, der neben der Tutorin stand und bisher den Mund nicht aufbekommen hatte, räusperte sich und sprach den Doktor zu Ambroses Überraschung mehr oder weniger direkt an.
»Vielleicht sollten Sie die Rate der
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