Engelsrache: Thriller
ich auf einem wackeligen Floß in einem reißenden Strom auf einen Wasserfall zutreibe.
Im zweiten Highschool-Jahr lernte ich Caroline kennen. Sie war schön und klug und witzig und voller Optimismus. Am Anfang konnte ich mir gar nicht vorstellen, dass sie etwas mit mir zu tun haben wollte. Aber sie wollte tatsächlich. Offenbar sah sie in mir etwas, was mir selbst verschlossen war. Deshalb war ich einfach nur dankbar, dass sie mir so viel Zuneigung entgegenbrachte, obwohl ich mein Glück kaum fassen konnte. Wenn sie mich mit einem Lächeln ansah oder mir von der Seite einen Blick zuwarf, ging mir das Herz auf. Meine Albträume wurden allmählich seltener, und in den folgenden Jahren machte mir das Leben sogar richtig Spaß.
Caroline und ich waren schon in der Highschool unzertrennlich. Wir waren beide sehr fleißig. Ich trieb Sport, und sie nahm Tanzunterricht. Auch an unseren schulischen Leistungen gab es nichts auszusetzen. Daneben hatten wir noch beide einen Teilzeitjob. Ich füllte am Wochenende in einem Supermarkt die Regale auf, und sie gab in dem Studio, in dem sie selbst trainierte, kleineren Kindern Tanzunterricht. Carolines Vater war Fernfahrer und fast nie zu Hause, ihre Mutter war ähnlich distanziert wie meine eigene, trotzdem beklagte sich Caroline nie über ihre Eltern. Wir hatten ja uns, und das schien uns völlig ausreichend. Gegen Ende der Schulzeit hatten wir dann allerdings ein Problem. Caroline wollte heiraten. Ich zwar auch, aber ich wollte vorher noch was anderes machen. Ich wusste gar nicht, wie ich es ihr erklären sollte, aber ich wollte erst noch zur Armee. Caroline fand das völlig verrückt. Sie war der Meinung, dass es mir in Wahrheit nur darum ging, ein enges Band zwischen mir und meinem toten Vater zu schmieden. Vermutlich hatte sie damit sogar recht, doch das war mir egal. Mein Entschluss stand fest. Einen Monat nach dem Ende der Highschool begann meine Grundausbildung, während sich Caroline an der Universität Tennessee in Knoxville immatrikulierte. Sie hatte gesagt, dass sie auf mich warten würde, und sie hielt Wort. Ich schrieb ihr fast täglich und fuhr, wann immer ich ein paar Tage frei hatte, nach Hause, um sie zu treffen. Trotzdem erschienen mir die drei Jahre endlos lang.
Als ich aus der Armee entlassen wurde, hatte Caroline gerade ihren Bachelor oft Arts gemacht. Wir heirateten am ersten Wochenende nach meiner Rückkehr in der Kirche der Methodistischen Gemeinde in Johnson City, zu der Carolines Mutter gehörte. Im Herbst immatrikulierte ich mich an der Universität Tennessee. Caroline arbeitete währenddessen in einem Tanzstudio. Das Studio wurde von einer Frau betrieben, die früher mal bei den Dallas Cowboys Cheerleader gewesen war. Meine junge Frau unterrichtete dort Jazztanz, Stepptanz und Akrobatik und entwickelte die Choreographien für die öffentlichen Tanzdarbietungen der Schule. Ich selbst studierte Politische Wissenschaften und Jura und wusste schon bald, was ich beruflich einmal machen wollte. Ich wollte Staatsanwalt werden und Leute wie meinen Onkel Raymond in den Knast bringen.
Dass ich Caroline geheiratet habe, war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe. Sie war so schön, so lebendig, und sie lehrte mich das Wichtigste überhaupt – zu lieben. In den folgenden zwei Jahren bekamen wir zwei gesunde Kinder, und Caroline zeigte mir, wie man mit Kindern umgeht. Sie machte mir Mut, wenn ich Ermutigung brauchte, und hielt mich zurück, wenn ich mal wieder über das Ziel hinausschoss. Außerdem tat sie ihr Bestes, um mich vor depressiven Abstürzen zu bewahren.
Als ich meinen Militärdienst abgeleistet hatte, brachte ich bedauerlicherweise nicht nur meinen Seesack mit nach Hause. Die Ranger bilden eine verschworene Eingreiftruppe und sind stolz darauf, dass sie innerhalb kürzester Zeit fast überall auf der Welt einsatzbereit sind. Ich erhielt meine Ausbildung in den verschiedensten Regionen der Welt. In Kampfhandlungen verwickelt wurde ich allerdings erstmals zwei Monate vor dem Ende meiner Dienstzeit, als meine Einheit nach Grenada entsandt wurde. Die kurzen, blutigen Kämpfe, die ich dort erlebte, hinterließen so tiefe Spuren, dass ich noch während meiner gesamten Studienzeit von den schrecklichen Bildern verfolgt wurde. Immer wieder wachte ich mitten in der Nacht schweißgebadet und laut schreiend auf, während meine Frau sanft auf mich einredete und mich zu beruhigen versuchte. Genau wie die Vergewaltigung, die Sarahs Leben zerstört
Weitere Kostenlose Bücher