Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
würde der Sprengkopf in eine Wolke aus ultra schnellen 100-Gramm-Schrapnellen zerfallen. Sie würde über Loreleis Kick-Pod-Katapult hereinbrechen, es zerstören und die schnellste Kommunikationsmethode des Empyreanums mit dem übrigen Universum unterbrechen.
Lleshi wusste, dass auf einer Welt der Pax Verwirrung und schiere bürokratische Trägheit den Start eines Notfall-Kick-Pods zumindest so lange verzögern würden. Bei einer empyrealen Welt, die unter dem Einfluss der Engel stand, wusste man aber nicht, ob Thunderhead überhaupt rechtzeitig eintreffen würde.
Oder ob Thunderhead sein Ziel überhaupt erreichen würde. Falls das Ziel falsch angepeilt war oder wenn unerwartete Gravitationskräfte oder der Sonnenwind ihn auch nur leicht vom richtigen Kurs abbrachten, würden diese 100-Gramm-Gewichte mit einem signifikanten Bruchteil der Lichtgeschwindigkeit vermutlich direkt mit Lorelei kollidieren
In diesem Fall würde die Zerstörung, die die Apokalypse-Kapsel schon hier bei der geringen Anzahl der EmDef-Verteidiger angerichtet hatte, die Bevölkerung dieser Welt noch tausendmal härter treffen.
Unschuldige Menschen. Menschen, deren Errettung von der Bedrohung durch die Engel doch der vorgebliche Grund für diese Militäraktion war.
»Wir vergeuden Zeit, Kommodore«, sagte Telthorst ungeduldig.
Diesmal hatte der kleine Mann leider Recht. Die Thunderhead -Rakete und Lorelei waren nun in den Händen des Schicksals. Ob das Kick-Pod-Katapult nun Alarm ausgelöst hatte oder nicht, die nächste Aufgabe der Komitadji stand fest: die Eroberung und Sicherung des Hauptkatapults, das im Orbit um Lorelei lief.
Vorzugsweise, bevor die Regierung von Lorelei erste Gegenmaßnahmen traf und ein Schiff dort hinauf und aus dem System hinausschickte. Aber das Katapult musste unbedingt erobert und gehalten werden. »Beschleunigungsalarm«, befahl er. »Einen Minimalzeit-Kurs nach Lorelei anlegen.«
Und als die Beschleunigungswarnung ertönte und das große Schiff sich in Bewegung setzte, fragte er sich vage, was wohl mit Kosta geschehen war.
Der Krankenhausflur war verlassen und die Beleuchtung auf Nachtlicht gedämpft, als Chandris durch die Tür des Treppenhauses huschte. Und was ihr noch gelegener kam: Der gesamte Bereich schien ebenfalls verlassen zu sein.
Nein, nicht ganz. Da war eine heller erleuchtete Nische etwa in der Mitte des Korridors hinter einer breiten, fensterförmigen Ausgabeöffnung; und als sie die Tür des Treppenhauses leise hinter sich schloss, hörte sie das leise Geräusch schlurfender Füße und das Rascheln von Papier.
Aber solange sie sich an diesem Ende des Flurs aufhielt – und solange keine der Stationsschwestern den Kopf durch die Ausgabeöffnung steckte –, dürfte auch keine Gefahr bestehen. So leise wie möglich ging sie den Gang entlang, drückte sich an die Wand und versuchte in alle Richtungen gleichzeitig zu spähen. Das wäre eher ein Job für einen Fassadenkletterer statt für eine Trickbetrügerin wie sie gewesen, und als sie die Tür endlich erreichte, war ihr schon der Schweiß ausgebrochen. Sie öffnete sie vorsichtig und schlüpfte hindurch.
Die Zimmerbeleuchtung war ausgeschaltet, aber die glühenden Anzeigen der verschiedenen medizinischen Monitore spendeten trotzdem noch so viel Licht, dass sie die Silhouette des großen Mannes erkannte, der reglos unter der Decke lag. Sie hatte den Raum halb durchquert und konzentrierte sich darauf, sich nicht irgendwo das Schienbein zu stoßen, als sie die andere Gestalt erkannte, die halb aufrecht auf einem Stuhl neben dem Bett saß – offensichtlich schlafend. Für einen Moment hielt sie inne, und dann änderte sie die Richtung und ging um das Bett herum zum Stuhl. Sie berührte die Person an der Schulter, wobei sie sich reichlich spät fragte, ob das wirklich so eine gute Idee gewesen war, und drückte sie leicht. »Ornina?«, wisperte sie.
Die Frau schreckte aus dem Schlaf. »Was …?«
»Psst, es ist alles in Ordnung«, versicherte Chandris ihr eilig. »Ich bin’s nur, Chandris.«
Ornina sank müde auf dem Stuhl zusammen. »Chandris, hast du mich aber erschrocken«, sagte sie mit einem Seufzer. »Warte, ich mache das Licht an.«
»Nein, nicht«, sagte Chandris. »Ich möchte Hanan nicht aufwecken.«
»Schon gut«, sagte Hanan vom Bett aus. »Ich bin wach.«
Chandris verzog das Gesicht. »Ich bitte um Entschuldigung«, sagte sie, als Ornina nach der kleinen Lampe auf dem Nachttisch tastete und sie einschaltete. Das Licht war
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