Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
Daran schlossen sich mehrere öffentliche Waschräume im empyrealen Stil an: sperrangelweit offene Räumlichkeiten, deren einziges Zugeständ nis an die Intimsphäre in ein paar dünnen Trennwänden be stand. Kosta unterdrückte einen Schauder, als er dort vorbeiging. Von allen Anpassungsleistungen, die er noch an die empyreale Kultur vornehmen musste, wäre das wahrscheinlich die schwierigste.
Er hatte die Waschräume hinter sich gelassen und ging an einer weiteren reliefartigen Wandmalerei entlang, als er plötzlich merkte, dass jemand neben ihm herging.
Er drehte ruckartig den Kopf und griff gleichzeitig zum versteckten Schocker.
Anscheinend war die Reaktion etwas zu heftig gewesen. Das schlanke Mädchen im Teenageralter, das dort ging, zuckte erschrocken zusammen. Sie sah ihn mit großen Augen ängstlich an und schien sich in sich selbst zurückziehen zu wollen. »Verzeihung«, sagte Kosta und spürte, wie er vor Verlegenheit errötete. »Ich wollte Sie nicht erschrecken.«
»Schon gut«, sagte sie. Ihr Gesichtsausdruck war noch immer angespannt. Eine Strähne des langen schwarzen Haars war ihr ins Gesicht gefallen, und sie schob sie nervös über die Schulter des weißen Kleides zurück.
Ein nervöser, verletzlicher Typ – wodurch Kosta sich nur noch schlechter fühlte. »Nein, wirklich«, sagte er und kam sich zum zweiten Mal in weniger als einer Stunde wie ein kompletter Idiot vor. Ein neuer persönlicher Rekord. »Ich bin heute wohl etwas ungeschickt. Zum ersten Mal an einem neuen Ort – Sie kennen das doch sicher.«
Ihre Gesichtszüge entspannten sich – aber nur ein wenig. »Ja. Glaube schon.«
»Na dann.« Er drehte sich steif um und setzte die Wanderung zum entfernten Ausgang fort.
Er kam vielleicht drei Schritte weit, dann war sie zu seinem Erstaunen wieder an seiner Seite. »Also sind Sie … äh … zum ersten Mal auf Seraph, wie?«, fragte sie zögerlich.
»Ja, das ist richtig«, bestätigte er und sah sie mit einem Stirnrunzeln an. Und bedauerte es sofort, als sie vor diesem Ausdruck zurückzuschrecken schien. »Sie auch?«, fragte er und bemühte sich, nicht so bedrohlich zu wirken.
Sie schüttelte ruckartig den Kopf. »Nein. Ich meine, ich war schon einmal mit meinen Eltern hier. Aber ich war damals erst fünf. Also zählt es wohl nicht.«
Er lächelte. »Eher nicht.« Dann warf er einen Blick auf die Leute, die ihnen auswichen. »Ich glaube, wir stehen den Leuten hier im Weg.«
»Oh! Tut mir leid«, sagte sie ebenso hektisch wie schuldbewusst. Sie beugte sich etwas nach vorn und ging weiter in Richtung des Ausgangs.
Mit einem großen Schritt holte er sie wieder ein. »Ich wollte damit nicht sagen, dass wir gleich rennen müssen«, sagte er.
Sie sah ihn an, und es erschien ein leicht verlegenes Lächeln in ihrem Gesicht. »Entschuldigung«, sagte sie wieder. »Ich bin heute wohl auch etwas nervös.«
»Ist schon in Ordnung.« Für eine Weile gingen sie schweigend nebeneinander her, während Kosta krampfhaft nach Worten suchte. »Wo genau wollen Sie denn hin?«, fragte er schließlich.
»Zu einer kleinen Grenzstadt«, sagte sie ihm. »Safehaven. Es ist ungefähr vierhundert Kilometer von hier entfernt. Sie werden wahrscheinlich noch nie davon gehört haben.«
»Nein, das habe ich nicht«, gestand er. »Was gibt es denn dort? Für jemanden wie Sie, meine ich.«
»Einen neuen Job. Ich werde mithelfen, einen neuen katalytischen Fusionsgenerator zu entwickeln.«
Er sah sie mit gerunzelter Stirn an. »Dafür wirken Sie aber noch ziemlich jung.«
»Ach, ich werde auch nichts Wichtiges tun«, sagte sie und schüttelte den Kopf. »Nur Hilfsarbeiten. Mein Onkel leitet das Projekt, und meine Eltern sagten sich, ich könnte hier ein paar praktische Erfahrungen sammeln.«
Dann erging sie sich in einer ausführlichen und immer lebhafteren Beschreibung ihrer Familienverhältnisse … Doch Kosta hörte gar nicht zu. Sie hatten den Eingang fast erreicht, und nun sah er auch, dass jede Glastür von einem Paar uniformierter Polizisten flankiert wurde.
Die jeden, der an ihnen vorbeiging, einer gründlichen Musterung unterzogen.
Entspanne dich, verdammt. Es war unwahrscheinlich, dass sie nach ihm suchten und dass man nachträglich eine Unstimmigkeit in seinen Reisedokumenten festgestellt hätte. Es sprach vielmehr alles dafür, dass sie nur auf der Suche nach dem flüchtigen blinden Passagier waren.
Das Mädchen neben ihm hatte ihren Vortrag beendet, und erst jetzt wurde er sich bewusst, dass
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