Engelssturz - Zahn, T: Engelssturz - Angelmass
Hochsicherheitstrakt eingesperrt. Der dritte wird von Direktorin Podolak persönlich getragen; er hat den Engel ersetzt, den sie die letzten fünf Jahre getragen hatte. Und der vierte wurde in einen speziellen Strampelanzug eingenäht, der von einem einen Monat alten Kind getragen wird.«
Es lief Kosta kalt den Rücken hinunter. »Ein ein Monat altes Kind?«, wiederholte er dezidiert. »Ein Baby?«
»Ja, das ist der Ausdruck eines Laien dafür«, meinte Gyasi trocken. »Es handelt sich um den Sohn von zwei Instituts-Mitarbeitern – sie haben eine Wohnung auf dem Gelände.«
»Wir planen, den Test über einen Zeitraum von ungefähr einem Jahr durchzuführen«, sagte Qhahenlo. »Falls die Engel tatsächlich das Böse absorbieren, dann müsste es deutliche Unterschiede zwischen den vier geben. Nur dass wir noch nicht wissen, worin diese Unterschiede bestehen werden.«
»Verstehe«, murmelte Kosta mechanisch. »Ein Baby«. Sie hatten ein Baby einem Engel ausgeliefert. Einer bislang unbekannten, aber sehr realen Kraft – und sie hatten sie bei einem unschuldigen, hilflosen Kind entfesselt.
»Wir würden uns natürlich über jeden weiterführenden Vorschlag von Ihnen freuen«, fuhr Qhahenlo fort. »Und Mr. Gyasi hat Recht; wenn man eine Möglichkeit fände, die Ionenhüllen von den Engeln abzulösen, würde das einen Vergleich zwischen ihnen sehr erleichtern, wenn es einmal so weit ist.«
Kosta zwang sich, das Bild von diesem Baby zu verdrängen. »Ja«, stieß er hervor. »Ich will sehen, was ich tun kann.«
»Gut.« Qhahenlo sah auf die Uhr. »Wir müssten uns dem Zielgebiet nähern. Helfen Sie mir, Mr. Gyasi, damit wir die Sache in Gang bringen.«
»Achtung, an alle Passagiere«, drang die souveräne Stimme aus den Lautsprechern. »Die Verlangsamung der Rotation beginnt in drei Minuten. Ich wiederhole: Die Verlangsamung der Rotation beginnt in drei Minuten.«
Gyasi, der mit Qhahenlo den Kopf über einem Display zusammengesteckt hatte, sah zu Kosta auf. »Alles klar bei Ihnen?«
Kosta nickte. »Ich glaube, ich habe den Bogen jetzt raus«, sagte er.
Qhahenlo sah auch auf, als ob sie zum ersten Mal von Kosta Notiz nahm. »Mr. Kosta, Sie müssen wirklich nicht hier warten, wenn Sie noch etwas anderes zu tun haben. Anderen Leuten bei der Sichtung von Daten zuzusehen ist nicht unbedingt die aufregendste Art und Weise, einen Nachmittag zu verbringen.«
»Ich bin schon paarmal durchs ganze Schiff gewandert«, sagte Kosta zu ihr. »Spannenderes Anschauungsmaterial habe ich aber nicht gefunden.«
Qhahenlo blinzelte. »Wann haben Sie das denn gemacht?«
»Vor ungefähr vierzig Minuten.«
Qhahenlos Lippen kräuselten sich. »Sie werden hin und wieder feststellen, dass ich zu sehr in meine Arbeit vertieft bin, um eine gute Gastgeberin zu sein. Ich bitte um Entschuldigung.«
»Das geht schon in Ordnung«, versicherte Kosta ihr.
Qhahenlo richtete den Blick wieder auf Gyasi. »Wie dem auch sei. Schau’n wir mal … wir waren ungefähr hier …«
Und sie steckten erneut die Köpfe zusammen und waren schon wieder in die Daten vertieft. Kosta beobachtete sie mit einem Anflug mitleidiger Verachtung. Sie waren ein Paradebeispiel für Elfenbeinturm-Wissenschaftler – alle beide. Sie gingen so vollständig in ihrer Forschung auf, dass sie vom Rest des Universums überhaupt keine Notiz mehr nahmen. Sie waren so sehr von der Richtigkeit ihres Handelns überzeugt, dass sie nicht einmal mehr einen Anflug von Zweifel verspürten.
Dermaßen eingelullt von den Engeln, dass sie den Blick für übergeordnete Zusammenhänge völlig verloren hatten.
Sie hatten einem Baby einen Engel oktroyiert. Wie lange würde es dauern, bis sie alle Babys mit Engeln versahen?
»Yaezon«, fragte er plötzlich. »Über welche Zahlen sprechen wir hier, um das Empyreanum ordnungsgemäß mit Engeln auszustatten?«
Gyasi sah wieder auf. »Nun, wir brauchen Engel für alle Politiker von der regionalen Ebene aufwärts. Dann wären da noch die Richter, Unternehmensführer, EmDef-Offiziere, Handelsattachés …«
»Ja, aber ich wollte die gesamte Anzahl der Engel wissen, über die wir sprechen.«
Gyasi runzelte die Stirn. »Keine Ahnung. Doktor?«
»Kann ich auf Anhieb auch nicht sagen.« Qhahenlo hob fragend die Schultern. Ohne aufzublicken, deutete sie auf ein anderes Computerterminal. »Aber das müsste alles unter der Rubrik Empyreales Engel-Experiment aufgeführt sein.«
Der Alarm für das Einsetzen der Schwerelosigkeit ertönte gerade in dem
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