Engelstation
die Nase sprühte. Angeblich gab es Geschäftsleute in den Hiline-Firmen, die den ganzen Tag an ihrem Schreibtisch saßen und sich Blau Achtzehn durch einen fest implantierten intravenösen Tropf in den Arm laufen ließen. Der Preis würde sinken, dachte Ubu.
Er hielt das Fläschchen an die ausgestreckte rosarote Zunge der Geliebten und drückte auf den Auslöser. Die Testknospe zog sich ein Stück weit zurück und hielt dann inne. Ihre Blätter zitterten. Ubu schaute zu Zwölf hoch. Die Trommelschläge der Geliebten stockten auf einmal und hörten dann ganz auf.
Zwölfs Körper verkrampfte sich, als ob er vom Blitz getroffen worden wäre. Der Stift flog ihm aus der Hand. Seine Augen quollen aus den Ecken hervor, und seine Mundgebilde züngelten wild hin und her. Er bückte sich zum Sender und tippte mit einem dicken Finger mühsam eine Botschaft ein.
SCHNELL ZUM SCHIFF ZURÜCK.
»Was ist denn los?« fragte Ubu. Seine Worte gingen in einer Woge von Lärm unter. Das Getrommel der Geliebten war wieder zu hören. Sie hämmerte eine wütende Botschaft heraus, so eindringlich, daß es für Ubu wie ein Tritt vor die Brust war. Zwölfs letzte Spuren von Selbstbeherrschung wurden weggeschwemmt. Er schlug am Ende seines Stricks wild um sich. Speichel flog ihm aus dem Mund, als er mit den Füßen nach Ubu trat. Zwölfs Blick war starr; seine Pupillen hatten sich so verengt, daß sie praktisch nicht mehr vorhanden waren. Ubu sah verblüfft und wie gelähmt zu, wie Zwölf mit dem Sender ausholte und ihn mit aller Kraft nach ihm warf. Ubu hob zwei Hände. Der Senderkrachte schmerzhaft gegen einen Unterarm und prallte ab.
Schnell zum Schiff zurück .
In Ordnung. Ubu zündete seine Steuerdüsen und schoß aus der Kammer. Zwölf griff mit zu Klauen gekrümmten Händen und Füßen nach ihm, als er an ihm vorbeiflog. Ubu wich ihm aus, schoß durch die Tür hinaus und wurde an die gegenüberliegende Wand geschmettert. Er fing seinen Schwung mit den Armen ab, prallte zurück und zündete erneut seine Düsen. Trommelschläge dröhnten wie Hammerhiebe in seine betäubten Sinne. Er stoppte ab, bevor er sich in die Luftschleuse duckte, und sah, daß die Wand neben der Luftschleuse – das harzartige graue Material, das den Durchgang versperrte – unter einem rücksichtslosen Ansturm der Diener der Geliebten zusammenbrach. Durch das größer werdende Loch erhaschte er einen kurzen Blick auf furchteinflößende Geschöpfe, die wie Krebse in einem Panzer steckten – viele Arme, wilde Schlitzaugen, Waffen, die geschwenkt wurden … etwas wie ein segmentierter Tentakel schoß aus der berstenden Wand und griff nach ihm. An der Spitze waren Widerhaken, auf denen ein Tropfen einer Flüssigkeit schimmerte, Gift oder Säure. Der Tentakel war nicht lang genug. Ubu schoß in die Schleuse und knallte an eine weitere Wand. Der Aufprall ließ seine Zähne klappern. Hinter ihm ertönte das Rattern von Schnellfeuergewehren, und Kugeln prallten jaulend von Harzwänden ab.
Ubu suchte verzweifelt nach den Schleusenkontrollen und sah die kreisrunde, fluoreszierende Platte, die ihm schon früher aufgefallen war. Er schlug mehrmals darauf, und die Innentür der Schleuse ratterte herunter. Das Getrommel der Geliebten wurde leiser. Ubu konnte hören, wie das Hämmern seines Herzens die Trommelschläge der Geliebten überlagerte. Pumpen begannen zu klopfen.
Ein Hieb traf die Innentür hinter ihm, dann folgte ein Hagel von Schlägen. Die Soldaten der Geliebten versuchten, die Barriere ebenso einzureißen wie den versperrten Durchgang. Ubu schrie vor Angst; er wußte, daß er nichts anderes tun konnte, als so lange in der Schleuse zu schweben, bis diese ihre Arbeit getan hatte.
Die Geräusche verebbten, als die Luft aus der Kammer entwich. Ubu konnte nur noch seinen eigenen Atem und sein lautes Herzklopfen hören. Die Luke vibrierte unter den dicht aufeinanderfolgenden Schlägen. Irgendwie machte das Wissen, daß die Zerstörung der Luke lautlos vor sich ging, das Ganze nur noch schrecklicher.
Die Außentür glitt auf. Ubu schoß sich durch die Öffnung hinaus. Seine Düsen waren auf volle Kraft gestellt. Er griff nach seinem Helm, fand die Mikrowellenantenne und richtete sie mit der Hand auf die Runaway . Seine Worte waren fast ein Kreischen.
»Wirf die Triebwerke an. Wir müssen weg von hier.«
»Gibt’s ein Problem?« Marias Stimme war aufreizend ruhig. Ubu wollte auf etwas einschlagen, als die Wut in ihm hochschäumte.
»Wir haben Krieg, verdammt
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