Engpass
das ihn umwerfend aussehen lässt.
»Sie sehen verdammt gut aus, Ben. Viele von ihnen gibt’s hier in der Gegend bestimmt nicht.« Elsa weiß nicht, warum sie das sagt. Sie tut es einfach.
Ben steckt sich Popcorn in den Mund und kaut umständlich darauf herum. »Wollen Sie rauskriegen, warum ich Sie ins Kino eingeladen habe?«
Ben und Elsa sind aufgestanden und Elsa quetscht sich an einem übergewichtigen Mann Richtung Ausgang vorbei.
»Ich bin zu alt für Sie, Ben. Und ich bin nicht interessiert, nur damit das klar ist. Deswegen gehen Sie jetzt allein in die nette kleine Bar und trinken noch einen Absacker, bevor Sie nach Hause fahren.«
»Und Sie? Wollen Sie ohne was Gutes im Magen heim?«, will Ben wissen.
»Machen Sie sich meinetwegen keine Gedanken«, antwortet Elsa und ist schon in die Dunkelheit Richtung Auto verschwunden.
Draußen lichten sich die Wolken und ein schmaler Sonnenstrahl kommt durch. Elsa wacht mit Kopfschmerzen auf. Endlich hat der Nieselregen aufgehört, denkt sie und schiebt die Bettdecke zur Seite. Nebenan hört sie die Badezimmertür ins Schloss fallen. Anna ist aufgestanden.
»Stellst du bitte Teewasser auf, Anna?«, ruft Elsa.
Sie steht umständlich auf und öffnet das Fenster. Draußen fährt Frau Leiner, Fred Maihausers Haushälterin, mit dem Fahrrad vorbei.
Ich muss mich um meine Arbeit kümmern, denkt Elsa. Sie weiß, dass sie unprofessionell ist. Sie denkt zu viel über sich nach, über Hartmut und Anna, darüber, ob sie sich scheiden lassen soll. Als sie ihr Handy sucht und es endlich in der Küche, hinter der Brotdose, findet, sieht sie, dass Hartmut eine SMS geschickt hat. Ohne zu lesen, was er geschrieben hat, drückt sie auf Löschen. Dann stellt sie Wasser auf und nimmt die Butter aus dem Kühlschrank. Oben duscht Anna und hört nicht, dass ihr Handy läutet. Elsa hofft, dass die Sache mit Lars gut für sie ausgeht.
»Liebe?«, murmelt sie vor sich hin und schüttelt gedankenverloren den Kopf. Dass sich ein leises Lächeln in ihr Gesicht gegraben hat, bemerkt sie gar nicht.
»Was haben Sie sich eigentlich dabei gedacht?« Degenwald ist richtig böse. Die zusammengepressten Lippen, der starre Blick und seine Körperhaltung lassen keinen Zweifel. Er steht mit ineinander verschränkten Armen vor Elsa, wie ein Schiedsrichter.
»Sie gehen bei der erstbesten Gelegenheit mit unserem Spurentechniker aus. Was glauben Sie? Ist das ein gefundenes Fressen für uns hier, oder nicht?«
Elsa presst verbissen die Lippen aufeinander.
»Sie wissen, dass so was nicht gut ankommt?«
Elsa ist rot im Gesicht geworden. Sie fühlt sich wie eine Schülerin, die beim Abschreiben ertappt wurde. Wie konnte ihr nur ein solcher Fauxpas unterlaufen? Hat sie keine Sekunde darüber nachgedacht, wie der Kinobesuch mit Ben Fürnkreis aufgenommen werden könnte? Degenwald hat recht und trotzdem darf sie das nicht zugeben.
»Als Profi weiß man, dass man Beruf und Privatleben auseinanderhält. Herrgott noch mal, Sie wissen doch, worauf Fürnkreis aus ist.«
»Na und? Er will mich flachlegen. Sie etwa nicht?« Jetzt ist es raus. Elsa ist über sich selbst erschrocken und nach einer Sekunde, die Degenwald wohl braucht, um das Gesagte zu verdauen, dreht er sich um, geht auf die Tür zu und lässt sie laut hinter sich ins Schloss fallen. Elsa zuckt kurz zusammen. Dann ist es vorbei.
Nach diesem Vorfall herrscht Funkstille zwischen ihnen. Degenwald hat die Verbindungstür abgeschlossen und spricht nur noch per Telefon mit ihr.
Aus Trotz ruft Elsa Fürnkreis an. Der lädt sie für den nächsten Abend zu einem Sting-Konzert nach München ein. Rein freundschaftlich, wie er betont. Er habe schon lange Karten. Elsa lehnt ab, ohne Ben von Degenwalds Vorwürfen zu erzählen. Sie habe zu viel Arbeit. Dann legt sie auf und schält sich aus ihrem Sessel. Sie will noch einmal bei Aurelia Bramlitz vorbeischauen. Sie hat so ein Gefühl, dass da noch etwas in Erfahrung zu bringen ist.
Als sie in der Brauerei eintrifft, entschließt sie sich aus einem unerfindlichen Grund, Götz Bramlitz anstelle seiner Frau aufzusuchen.
Bramlitz, ein hagerer Typ mit Bauch, Ende 60, ist wenig gesprächig. Er habe keine Zeit, es sei viel zu tun. Außerdem habe er Karl Degenwald alles gesagt, was er wisse. Er sehe nicht ein, weshalb er seine Aussage wiederholen solle.
Elsa bittet Bramlitz freundlich, aber bestimmt um seine Mithilfe. Ansonsten käme man im Fall Silke Maihauser nicht weiter. Es sei doch auch in
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