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Engpass

Engpass

Titel: Engpass Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gabriele Diechler
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seinem Interesse, dass er als Tatverdächtiger ausscheide.
    Ja, er habe ein Verhältnis mit Silke Maihauser gehabt, fängt Bramlitz schließlich an, aber selbstverständlich habe er sie nicht ermordet. Weshalb auch? Es habe keinen Grund dafür gegeben.
    »Stellte Silke Maihauser keine Gefahr für Ihre Ehe dar?«, provoziert Elsa Bramlitz.
    Der lächelt säuerlich. »Deswegen würde ich niemanden ermorden. Da ist eine Scheidung das sauberere Geschäft.«
    »So sauber läuft’s im Leben nun mal nicht immer ab, Herr Bramlitz. Sonst gäbe es meinen Beruf gar nicht.«
    »Jetzt lassen S’ mi in Ruh. I kann Eana net weiterhelfen.« Bramlitz hat die Geduld verloren und steht auf, um ihr zu signalisieren, dass er nichts weiter sagen wird.
    Elsas Stimme wird plötzlich weicher. »Ging das Verhältnis bis zum Schluss, ich meine, bis zu Silke Maihausers Tod?«
    »Ja.«
    »Wie oft haben Sie Frau Maihauser getroffen?«
    »Gelegentlich.«
    »Will heißen?«
    »Zweimal die Woche, aber nicht zu festen Zeiten. Wie’s sich ergab.«
    »Und wo?«
    »Hier.«
    »In der Brauerei?« Elsa wundert sich über so viel Unverfrorenheit.
    »Wenn man sich in die Höhle des Löwen begibt, sollte man sich eine gute Tarnung zulegen. Darauf, dass ich Silke hier, praktisch vor aller Augen, treffen könnte, wäre niemand gekommen. Wir haben uns ein Büro gesucht, die meisten Mitarbeiter waren, wenn sie kam, schon weg, und dann …« Bramlitz schweigt betreten.
    »Ich verstehe, Herr Bramlitz. Näheres will ich gar nicht wissen. Glauben Sie, dass da noch was mit einem anderen lief, zu Ihrer Zeit, meine ich?«
    Bramlitz erstarrt. »Sind Sie verrückt? Das schlagen S’ sich glei wieder aus’m Kopf. Das hätt i g’merkt.«
    Mit knappem Gruß verabschiedet Elsa sich. Bramlitz bleibt schweigend zurück.
    Als sie schon die Ausgangstür vor sich sieht, dreht sie sich noch mal um. Ohne zu klopfen, tritt sie erneut in Bram-
litz’ Büro. »Wie heißt Ihre Frau eigentlich tatsächlich?«
    Bramlitz’ Gesicht verrät, dass er mit Elsas Frage absolut nichts anfangen kann. »Wie meinen Sie das?«
    »Aurelia ist wohl kaum ein asiatischer Name.«
    »Meine Frau heißt Anong. Aber mir gefällt Aurelia besser.«
    »Ihr Kennenlernen in New York«, meint Elsa unerwartet, »das hatte schon was. Sie müssen sehr in Ihre Frau verliebt gewesen sein.« Damit schließt Elsa die Tür hinter sich und lässt Bramlitz zurück. Sie muss herausfinden, was es mit dem Namen Aurelia auf sich hat, nimmt sie sich vor. Gleich als Erstes.

     
    Elsa kommt ins Wohnzimmer. Auf dem Esstisch liegt ein Zettel.
    ›Bin im Ort, in der Videothek. Anna.‹
    Elsa geht in die Küche und trinkt Mineralwasser aus der Flasche.
    Sie schaut aus dem Fenster, hinaus in die friedliche Stille. Manchmal glaubt sie, dass hier keine Menschen leben. Nie hört sie jemanden schreien, alles wirkt gemächlich und gesittet. Keine Staus. Keine stinkenden Abgase und überfüllten Supermärkte. Keine gaffenden Spanner, die einem auf die Nerven gehen. Keine Punks, die an Ecken herumlungern. Keine Bettler mit Mischlingshunden, die ihr die Hand hinhalten.
    Es ist zu ruhig. Zu normal. Sie will belästigt, angegriffen und aufgewühlt werden. Sie will sich über etwas ärgern. Sie sehnt sich nach einem Stau, um sich von ihrem eigenen Leben ablenken zu können.
    Elsa stellt die Mineralwasserflasche zurück in den Kühlschrank. Vielleicht ist sie zu voreilig davongerannt.

     
    Die Nachrichten sind zu Ende. Im ZDF beginnt der Abendkrimi. Sie dreht den Ton lauter, weil die Erkennungsmelodie ein Stück Leben vermittelt. Es ist, als ob sie in Köln säße. Gleich wird Hartmut viel zu spät zum Abendessen heimkommen und sich den Tag von der Seele reden. Sie wird sich im Stillen über ihn ärgern, ohne es sich anmerken zu lassen. ›Und bei dir? Alles in Ordnung?‹, wird er fragen, wenn ihm auffällt, dass es nur um ihn geht. ›Alles in Ordnung‹, wird sie antworten. Sie würden sich den Krimi anschauen. Wie so oft. Und das würde sie genug binden, um sich nicht voneinander zu trennen.
    Elsa macht den Fernseher aus. Sie kann diese Gedanken an früher nicht länger ertragen. Sie fühlt sich verpflichtet, etwas anderes als sonst zu machen. Sie dreht das Radio auf, Klassikprogramm. Vivaldis ›Vier Jahreszeiten‹. Sie lässt sich in die Musik hineinfallen und legt sich aufs Sofa. Die Hände hinterm Nacken verschränkt, lauscht sie den Klängen von Anne-Sophie Mutters Geigenspiel. Gleich besser, beruhigt sie sich. Das passt für

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