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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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den sie gekommen waren. Den Pfad zwischen der Feuermauer und dem Zaun. Vor der Lagerhalle raschelte etwas. Huschte. Eine Katze. Mäuse. Ratten. Selma wandte sich nach rechts. Sie konnte nicht über den Platz nach links gehen. Nicht, wenn sie nicht sicher sein konnte. Keine Ratten. Sie schritt aus. Schnell. Die Straße holprig. Schlaglöcher. Nichts zu sehen. Sie ging so weit wie möglich am Rand. Sie hoffte, dass die Löcher auf die Fahrspuren beschränkt waren. Dass am Rand der Asphalt glatt. Glatter. Sie spürte Grasbüschel. Kiesel. Rechts eine Wellblechwand. Links eine Mauer. Hoch. Weit über ihren Kopf hinauf. Die Wolken den Lichtschein der Stadt reflektierten. Die Umrisse der Gebäude zu erkennen. Der Lichtschein nicht auf den Grund der Straße. Sie wollte schnell gehen. Sie wollte schnell hier durch. Sie wollte aus dieser engen Gasse hinaus. Was hatte diese Frau gemeint. Mit nach rechts gehen. Konnte sie diesen Weg gemeint haben. Sie hörte Stimmen. Links. Hinter der Mauer. Eine Tür. Eine Autotür. Ein Auto starten. Sie kam an eine Querstraße. Hier Straßenbeleuchtung. Eine Böschung auf der anderen Seite. Büsche dicht hinauf. Eine Bahnlinie. Sie wandte sich nach links. Weit vor ihr bog ein Auto in die Straße. Fuhr davon. Die Straße hinauf. Sie war froh. Hätte nicht in den Scheinwerfern gesehen werden wollen. Sie ging. Und dann war sie wieder auf einer großen Straße. Breit. Licht. Geschäfte. Autos. Ein Motorrad. Laut davonstürmend. Links eine Ansammlung von Menschen. Die Haltestelle vom Nachtbus. Sie beeilte sich. Sie lief. Nicht, dass ihr ein Bus vor der Nase davon. Sie hatte das heute mehrmals gesehen. Wie der Bus vom Gehsteig weg. Ablegte. Wie ein Schiff. Und die Menschen einfach stehen blieben. Zurückblieben. Zurückgelassen wurden. An der Haltestelle. Sie war die einzige Europäerin. Die einzige Weiße. Viele Frauen warteten. Orientalisch aussehend. Asiatisch. Selma schaute sich nach einem Papierkorb um. Für ihre kaputten Sachen. Sie sah keinen. Gab es keine. Wegen der Bomben. Wegen der Bombengefahr. Seit der IRA. Oder galt das nur für die U-Bahnstationen. Dann sah sie eine Tonne am Straßenrand. Sie ging an den Wartenden vorbei. Alle sahen ihr zu. Sie steckte die Mappe in die Tonne. Schob sie tief hinein. Sie stand dann da. Wartete. Ein Bus kam. Auf der anderen Straßenseite. Einen Augenblick der Schreck, sie stünde auf der falschen Seite. Sie holte die Geldbörse heraus. Dann kam der Bus auf ihrer Seite. »Trafalgar Square.« Sie stieg ein. Sie hielt alle auf, weil sie die 1,20 nicht genau hatte. Weil sie Wechselgeld bekommen musste. Sie ging nach hinten. Es schien ihr sicherer. Sie saß am Fenster. An der nächsten Haltestelle. Die Frau an der Haltestelle beugte sich nicht tief genug vor. Sie sprühte ihr Erbrochenes außen über die Fensterscheibe. Neben Selma. Hellgelbe Bröckelchen rutschten langsam die Fensterscheibe hinunter. Selma sah zu. Sie schaute von der Fensterscheibe weg. Aber sie konnte nicht mehr reagieren. Sie fuhr dahin. Sie schaute nach vorne. Links von ihr. Auf Trafalgar Square war die Scheibe nur noch von Schlieren überzogen. Undurchsichtig. Selma stieg aus. Suchte nach einem Bus in ihrer Richtung. Das überhelle Licht. Die vielen Menschen. Sie stieg in ein Taxi. Sagte die Hoteladresse. Der Fahrer fuhr los. Sie hörte das Klicken des Türschlosses. Der Fahrer fuhr schnell. Lange Straßenzüge. Kreuzungen. Von allen Seiten Autos. Alle fuhren so schnell wie sie. Sausten dahin. Selma schnallte sich an. Sie saß da. Sie erkannte nichts. Sie erkannte nicht, wo sie fuhren. Aber es war ihr auch gleichgültig. »Strand« konnte sie lesen. Und dann waren sie schon auf Southampton Row. Der Wagen hielt vor dem Hotel. 15 Pfund. Der Fahrer öffnete die Türschlösser. Sie stieg aus. Sie schaute in den Himmel. Ein Flugzeug zog unter den Wolken dahin. Sie stieg die Stufen zum Hoteleingang hinauf. Läutete. Ein alter Mann machte auf. Er ging hinter die Rezeption. Welche Zimmernummer sie habe. »317.« sagte Selma. Und ihr Name sei Selma Brechthold. Ja, das stimme alles, sagte der alte Mann. Er schaute sie über seiner Lesebrille an. Er habe eine Nachricht für sie. Ein Herr. Er schaute wieder auf den Bildschirm. Ein Thomas Hammer hätte angerufen. Und er würde um 9.00 Uhr zum Frühstück kommen. Weil er sie heute nicht mehr erreichen habe können. Und gute Nacht. Selma ging zum Lift. Fuhr hinauf. Sie wollte nur ins Bett. Im Zimmer stellte sie den Wecker vom handy auf 7 Uhr 30. Sie

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