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Entfernung.

Entfernung.

Titel: Entfernung. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marlene Streeruwitz
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nicht ansteigen lassen. Diese Unruhe. Das konnte zu einem Ball werden. Sich zusammenballen. Das konnte den ganzen Bauch. Und loszuwerden nur. Wegschleudern. Eine Blitzkugel sich aus dem Bauch reißen und wegschleudern. Sie beugte den Kopf. Ließ den Kopf nach vorne sinken. Im Genick baumeln. Atmete. Die Versuchung aufzuspringen. Aufzuspringen und in den Gang stürzen. Über die blöden Leute neben ihr drüberstürzen und schreien. Schreien und nur Laute. Keine Worte. Und dann zu einem Exit. Den einen Griff herunterreißen und den anderen mit der rechten Hand drehen. Sie war eine reformierte Linkshänderin. Sie konnte mit beiden Händen gleich stark. Sie konnte diese Tür auf. Aufreißen. Und hinaus. Schreiend und um sich schlagend hinaus. Und diese Unerträglichkeit in der Mitte sich im Drehen und Fallen auflösen müsste. Der Mann neben ihr legte seinen Arm wieder auf die Armlehne. Stieß ihr mit dem Ellbogen in die Seite. Zog den Arm wieder zurück. Wandte sich der Frau zu. Selma setzte sich auf. Schaute zum Fenster hinaus. Sie schaute über die Tragfläche in die Wolken nach vorne. Weiß leuchtende Berge unter dem Flugzeug. Sonnenlicht auf ihren Händen. Sie zog den Sonnenschutz herunter. Sie musste jetzt sehr vorsichtig sein. Mit sich. Mit ihrem Aussehen. Und Sonnenlicht. Sie brauchte keine Altersflecken auf den Händen. Sie sah nach vorne. Das Baby war still. Das Baby war nicht zu hören. Die Stewardessen beugten sich über die Passagiere. Der Mann neben ihr suchte etwas. Er streckte sich im Sessel lang aus und fuhr in seine Hosentaschen. Er holte Münzen aus der Jackentasche. Zählte die Münzen. Dann holte er die Speisekarte aus der Tasche am Vordersitz. Beugte sich wieder seiner Begleiterin zu. Ob sie etwas essen wolle. Er habe Hunger. Der Mann sprach einen Dialekt. Selma überlegte, woher der Mann kommen könnte. Steiermark. Burgenland. Er zog die Vokale so in die Länge. So lang gedehnt singend. Das Paar ging die Möglichkeiten durch. Lachsbrötchen. Schinkenbaguette. Nusskipferl. Und einen Sekt. Oder einen Prosecco. Die Frau sagte, dass sie Alkohol brauche. Dass sie schnell Alkohol brauche. Das Babygeschrei. Das könne sie nicht aushalten. Das mache sie nervös. Die Frau lachte. Der Mann wandte sich Selma zu. Ob sie etwas empfehlen könne. Ob dieses Lachssandwich etwas darstelle. Oder solle man den Nudelsalat nehmen. Sie hätten nämlich keine Zeit gehabt, etwas zu essen. Mit der langen Fahrt zum Flughafen. Da wäre man immer so beschäftigt und auf dem Flughafen. Da gäbe es ja auch nichts Gescheites. Kein Restaurant, das irgendetwas tauge. Selma stimmte ihm zu. Der Wiener Flughafen. Der sei besonders traurig. Und sie habe einmal das Lachssandwich genommen. Das sei ganz gut gewesen. Der Mann wandte sich wieder der Frau zu. Er berichtete ihr, was Selma gesagt hatte. Er sagte, diese Dame habe auch gesagt, dass der Wiener Flughafen eine Wüste sei. In Bezug auf Essen. In London. Er drehte sich wieder zu Selma herüber. In London. Da gäbe es wenigstens diese Bar von Caviar House. Da könne man dann einen Seafood Teller bekommen, der keinen Wunsch offen ließe. Selma nickte. Ja. Sie wisse genau, was er meine. Die Stewardess kam näher. Die Frau beugte sich vor dem Mann zu Selma herüber. Sie wolle nur sagen, sagte sie, dass sie nichts gegen kleine Babys habe. Sie habe selber zwei Kinder. Aber wenn diese Babys so zu schreien begännen. Wenn das Flugzeug auch nur zu fahren begänne. Dann würde ihr immer angst und bang. Dieses Babygeschrei. Das wäre doch so, als wüssten diese kleinen Dinger etwas, was die Erwachsenen nicht wissen könnten. Als wüssten die mehr als die anderen. Und dann würde ihre Flugangst noch größer. Das könne sie sehr gut verstehen, sagte Selma. Aber. Man merke ihr nichts an. Sie sähe nicht aus, als hätte sie irgendein Problem. Die Frau setzte sich wieder auf. Lehnte sich zurück. Schaute vor sich hin. »Ja. Außen.« sagte sie. Außen. Da könne man ja nichts sehen. Von den Leuten. Die Stewardess bediente die Reihe vor ihnen. Was man zu trinken haben wolle. Wasser, Kaffee, Tee. Das wäre umsonst. Für alles andere müsse bezahlt werden. Und dann auf Englisch. Das Paar neben Selma begann wieder die Bestellung zu diskutieren. Die Frau holte noch ihre Geldbörse aus ihrer Handtasche unter dem Vordersitz. Sie klimperten mit den Münzen. Zählten laut die Münzen. Sie hatten nicht genug Münzen und fragten sich, ob sie auch mit einem Schein bezahlen durften. Die Frau sagte, dass sie nur

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