Entfesselt: House of Night 11 (German Edition)
unserer matriarchalischen Gesellschaft können wir in dieser Hinsicht frei und ohne Zwänge agieren. Hilft dir das bei deinem Problem?«
»Hm. Ja und nein. Danke, dass Sie mir das mit den mehreren Typen erklärt haben, aber ich weiß immer noch nicht, wie ich das mit der Heath/Aurox-Sache machen soll«, sagte ich deprimiert.
»Warum glaubst du denn, da etwas machen zu müssen?«
»Ich hab schon was gemacht. Und die Augen davor zu verschließen wäre weder Stark noch Aurox gegenüber gerecht.« Ich seufzte wieder. »Oder Heath. Wahrscheinlich.«
»Du hast Aurox neben Stark zum Geliebten genommen?«
»Nein!«, quiekte ich und warf über Persephones Schulter hinweg einen Blick auf Lenobia. Sie erwiderte ihn ruhig, freundlich und verständnisvoll. »Aber ich hab ’n bisschen Blut von ihm getrunken.«
»Und weil das bei dir anders ist als bei anderen Jungvampyren im ersten Jahr, hat dich das extrem erregt und Lust auf mehr geweckt. Hab ich recht?«
»Ja.«
»Weiß Stark davon?«
»Himmel, bloß nicht! Er würde total ausrasten. Er versucht, mich schon jetzt jedes Mal völlig zu vereinnahmen, wenn Aurox in der Nähe ist.«
»Aber er weiß, dass du mit Heath zusammen warst und Heath’ Seele in Aurox ist.«
»Deshalb benimmt er sich ja so besitzergreifend. Anscheinend wäre es für Stark nicht okay, wenn ich mit Heath, äh, Aurox zusammen wäre. Und Stark glaubt, ich hätte bisher kaum ein Wort mit ihm gewechselt.«
»Aurox fühlt sich zu dir hingezogen.«
Es war keine Frage. Trotzdem sagte ich: »Ja. Wegen Heath in ihm drin. Das ist keine bewusste Sache. Es ist ganz komisch – und unheimlich. Meistens ist Aurox einfach nur dieser Typ, der ganz süß ist, von dem ich aber nichts will, und dann – bamm! – sagt oder tut er plötzlich was, was so sehr wie Heath ist, dass mir das Herz wehtut.«
»Würdest du mit Aurox zusammen sein wollen, wenn du nicht mit Stark verbunden wärst?«
Ich kaute auf meiner Lippe. »Ich weiß nicht. Ich liebe Heath. Ich werde Heath immer lieben. Aber Aurox ist nicht wirklich mein Heath.«
»Ungefähr so, wie Kalona sich zu dir hingezogen fühlte, weil in dir die Seele des Mädchens A-ya wiedergeboren war und er sie erkannte?«
Der Vergleich überrumpelte mich, aber je mehr ich darüber nachdachte, desto logischer erschien er mir. »Wahrscheinlich kann man’s so sehen. Wow, das macht es echt leichter für mich. Ja, Kalona wollte mich wegen A-ya, und ich gebe zu, ich fühlte mich tief drinnen auch zu ihm hingezogen. Aber das war nichts Echtes. Ich bin
nicht
A-ya, und nicht ich hab diese Liebe gefühlt. Und Aurox ist nicht Heath. Es ist egal, was er für mich empfindet – die Reste von Heath in ihm lieben mich, das ist alles.«
»Es tut mir leid, wenn ich die Sache noch etwas verkompliziere, aber um gerecht zu sein: Es könnte durchaus sein, dass auch Aurox selbst dich lieben könnte. Travis ist eine Reinkarnation meines einzigen Geliebten Martin. Er hat nicht Martins Erinnerungen, und überhaupt hat er eigentlich nur wenig mit ihm gemein. Und doch liebt er mich bedingungslos, so wie ich ihn bedingungslos liebe.« Lenobia lächelte weich, ihre Augen füllten sich mit Tränen. »Die Liebe kommt tatsächlich mit. Und manchen von uns ist es vergönnt, ihr wiederzubegegnen.«
»Das freut mich echt für Sie, Lenobia, aber jetzt haben Sie’s mir wieder Millionen Mal komplizierter gemacht.«
»Zoey, deine Situation war auch so schon kompliziert. Würdest du gern hören, wie ich damit umgehen würde?«
»Auf jeden Fall.«
»Es klingt vielleicht kalt oder sogar selbstsüchtig, aber ich an deiner Stelle würde mich für denjenigen Jungen entscheiden, mit dem ich wirklich zusammen sein will, ohne mich damit zu belasten, was das für den anderen heißt. Man kann mit seinen Entscheidungen nur dann rundum zufrieden sein, wenn man sie um seiner selbst willen trifft und nicht um eines anderen willen.«
Ich ließ die Bürste sinken und sah sie an. »Ist es wirklich so einfach?«
»Wenn du ganz ehrlich mit dir sein kannst und auch fähig bist, aus dieser Ehrlichkeit Konsequenzen zu ziehen, dann ist es das, ja.«
»Okay. Ich hab jetzt eine Menge zu denken, aber wenigstens hab ich schon mal eine Richtung.«
»Damit andere dich lieben und dir treu sein können, musst zuallererst du selbst dich lieben und dir treu sein.«
Da klingelte es zum Ende der letzten Stunde. Ich legte die Faust übers Herz und verneigte mich vor ihr. »Danke, Lenobia.«
Lenobia erwiderte den traditionellen
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