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Entfesselt

Entfesselt

Titel: Entfesselt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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murmelte Rachel.
       »Das ist noch nicht alles«, sagte Roberto. »Das Haus in Brasilien ist ebenfalls attackiert worden. Fernanda ist mit knapper Not entkommen. Irgendjemand greift Unsterbliche an - die Unsterblichen der wichtigsten Häuser.«
      Köpfe drehten sich zu mir, als würden sie durch eine einzige Schnur gelenkt.
      Das waren schreckliche Nachrichten. Ich nahm einen Bissen Schweinebraten und beim Kauen versuchte ich, alles zu begreifen. »Haben sie gesagt, dass die Angreifer versucht haben, ihnen die Kraft zu rauben?«
      Roberto schüttelte den Kopf. »Es hörte sich an, als wäre es einfach nur ein Angriff gewesen. Brett, der Australier, ist sicher, dass niemand die Kräfte seiner Schwestern oder seines Vaters genommen hat, als sie starben. Er hat jetzt alles geerbt.«
      »Aber Brett verdächtigen wir nicht?«, fragte ich. Nichts von alldem ergab einen Sinn.
      »Nein, natürlich nicht«, entgegnete Ottavio, aber ich hatte keine Ahnung, wieso er »natürlich nicht« verdächtig sein sollte. Das war alles sehr merkwürdig. Incy hatte gewusst, wo ich war, was vermuten ließ, dass es ihm jemand gesagt hatte. Der sogenannte Meister? Oder wer immer Miss Edna auch sein   mochte? Es war alles so kompliziert, dass ich das große Ganze noch nicht erkennen konnte.
      Als ich wieder aufschaute, war Robertos Blick auf mich gerichtet. Er hielt den Kopf leicht schräg, als würde er über etwas nachdenken. Dann wurden seine Augen plötzlich groß, seine Brauen hoben sich ein wenig und er musste ein Grinsen unterdrücken. Er räusperte sich, trank aus seinem Weinglas und sah mich nicht mehr an.
      Und dann ... seine Kopfhaltung, die Art, wie er sein Weinglas hielt ... oh mein Gott. Oh je. Jetzt wusste ich, wieso er mir bekannt vorkam. Oh mein Gott, wie peinlich. Offenbar war es ihm auch gerade wieder eingefallen. So ein Mist. Nun ja, die Sechzigerjahre waren eine wilde Zeit. War das peinlich.
      Der Rest des Abendessens verlief ereignislos, abgesehen von dem Vergnügen, Brynne dabei zu beobachten, wie sie Joshua ansah, und dann Reyns finstere Miene zu bemerken, die er vermutlich zur Schau stellte, weil ich es gewagt hatte, seinen Erzfeind auf meiner Baustelle Zwischenwände errichten zu lassen.
      Ich ignorierte seine verletzte Eitelkeit - ich hatte nun wirklich keine Zeit für dieses Leitwolfgehabe. Und was Roberto anging - je weniger ich zu ihm hinübersah, desto besser.
      Das gedämpfte Klingeln des Telefons drang zu uns ins Esszimmer. Es gab hier eine Festnetzleitung und nur ein einziges Telefon, das in Rivers Büro an der Wand hing.
      Wir alle sahen uns erstaunt an, dann stand River auf.
      »Diese Angriffe sind wirklich unbegreiflich«, bemerkte Daisuke. »Wieso gerade jetzt?«
      »So etwas geschieht nicht zum ersten Mal«, sagte Asher.
      »Weißt du nicht mehr - warte mal, das war ... Ich glaube, so um 1800. Da wurde das Afrikanische Haus angegriffen und außerdem das in Salem.«
      »Wer steckte dahinter?«, wollte Brynne wissen.
      Asher schüttelte den Kopf. »Das ist bis heute ungeklärt.«
      Wir hörten, wie River die Bürotür wieder schloss. Sie bewegte sich sehr langsam durch den Flur, und als sie ins Esszimmer zurückkam, war ihr Gesicht bleich und angespannt. Ohne einen   von uns anzusehen, setzte sie sich hin und schlug die Hände vors Gesicht. Ihre Schultern begannen zu beben und dann hörten wir ein Schluchzen. River weinte.
      Ich hatte River noch nie so erlebt und war total geschockt.
      Am liebsten wäre ich aufgesprungen, hätte die Arme um sie gelegt und ihr feines Silberhaar gestreichelt, wie sie es immer bei mir machte, wenn ich zu einem Häufchen Elend mutierte. Asher stand sofort auf und kniete sich neben ihren Stuhl.
      »Cara, was ist los?«, fragte Daniel besorgt und legte ihr die Hand auf den Arm. All ihre Brüder sahen sie mit großen Augen betroffen an - wahrscheinlich war sie der Anker, der die Familie in den letzten tausend Jahren zusammengehalten hatte.
      Schließlich holte River ein paar Mal zittrig Luft. Dann schüttelte sie den Kopf, als weigerte sie sich, das zu glauben, was sie gerade erfahren hatte. »Louisette ist tot. Und Innocencio ist verschwunden.« Sie drehte den Kopf zu Asher und vergrub das Gesicht an 'seiner Schulter. Wir anderen tauschten entsetzte Blicke. Während River immer noch schluchzte, verwandelte sich mein Magen in eiskalte Säure und ich wurde leichenblass. Vielleicht ging es bei alldem doch um mich.

16
 
      Meine

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