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Entfesselte Energien (Band 1)

Entfesselte Energien (Band 1)

Titel: Entfesselte Energien (Band 1) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Paul Collmann
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gewiss nicht leicht, von Tübingen fortzugehen?“, fragte der Major. Gut, dass er nicht ‘‘gnädige Frau’’ sagte!
    „ Da hawwe Se recht, Herr Major. Tübinga isch awer au zu scheh.“
    „ Ich habe noch deutlich die wundervollen Obstgärten in Erinnerung, wie sie sich die Hügelhänge hinaufziehen. Da war kaum ein Baum, der nicht mehrerer Stützen bedurfte. Fast an einen Mangrovehain mit seinen Luftwurzeln erinnerte mich dieses Bild.“
    „ Ah ja, dees Obscht hier, das isch ja gar net’s Pflücke wert. Wie soll mir denn hier moschte?“
    Die beiden Jungen lachten sich zu, zu ‘‘moschte’’ gab’s in Berlin freilich nichts. Aber Tess wurde sofort wieder ernst, als sie sah, wie Lores Augen weh und zärtlich an der Schwiegermutter hingen. Es war doch grausam, die Greisin noch in diesen harten, feindlichen Boden zu verpflanzen.
    Tess hörte oben einen Stuhl poltern, sie zuckte zusammen – jetzt zu ihm. Sie warf Lore einen verstohlenen Blick zu, den diese sofort verstand. Wie auf ein Kommando standen die Freundinnen auf und schlichen sich unauffällig, wie Verschwörer sich zulächelnd, nach der Türe. Und draußen ging’s im Sturm die breite, marmorne Treppe hinauf. Ganz vorsichtig öffnete Lore eine Türe und lugte durch den halbdunklen Raum vor ihr in ein dahinter liegendes, größeres Zimmer, das auch nur von gedämpftem Licht erfüllt war.
    Tess sah ihr, auf Zehenspitzen, über die Schulter, sie musste sich an der Freundin halten, so bebte es wieder da drinnen. „Lass mich stark werden, betete sie! – Da hinten am Bücherbrett stand ‘‘Er’’, den einen Ellbogen auf eins der Borte gestützt, in der anderen Hand einen dicken Wälzer, in dem er augenscheinlich nur eine kurze Notiz suchte – einen Siedepunkt, ein spezifisches Atomgewicht, ein …? Die Augen hinter der goldenen Brille schienen schnell über die Zeilen zu fliegen. Jetzt schlug er den Band zu und stellte ihn nachdenklich wieder zu den Anderen, Gleichen in das Fach. Er schob die Brille auf die Stirne und sah und suchte draußen – völlig in seinen Gedanken vertieft, jenseits des Raumes – jenseits aller Räume. Tess verkrampfte sich in der Freundin’s Arm. „O Lore! Lore! Lore, er wächst über sich hinaus – über uns alle – ins Unermessliche!“
    Lore schlug ihren Arm um die Freundin und zog sie an sich. Sanft befreite sich Tess soweit, dass sie wieder nach dem Hintergrunde schauen konnte. Sah er sie nicht? Hörte er ihr Tuscheln nicht? Nein, noch immer suchten die grübelnden Augen im Grenzenlosen. Aber sie schienen eben fündig zu sein. Die Hände, die bisher leblos herabgehangen hatten, ballten sich – griffen zu, als fassten sie das, was noch eben ungreifbar gewesen war.
    „ Faust!!“, hauchte Tess ganz hingerissen in des Schwester’s Ohr.
    „ Er wird sich noch ganz zergrübeln,“ murrte Lore, „wir haben gar nichts mehr von ihm.“
    „ Aber Lore, dass ihr ihn in eurem Hause habt, ist das nicht himmlische Gnade? Eine Gabe des Ägis, des schwingenden Zeus!“ Das Letzte musste er im Hintergrunde gehört haben, den ‘‘Zeus’’ kannte er wohl zu gut aus Tessis Munde. Er wandte sich um und suchte in dem Dämmerlicht, konnte aber seine ermüdeten Augen nicht so schnell daran gewöhnen. „War das nicht Tessis Stimme?“, fragte er etwas unsicher und befangen.
    „ Ja, Herr Professor, ich bin’s, ich – konnte es nicht erwarten. Darf ich kommen?“ Sie sprach das im Vorwärtsdrängen und – da war sie schon bei ihm. Es fehlte nicht viel, dann wäre sie vor ihm in die Knie gesunken. Aber er sollte nicht in Verlegenheit kommen, der so froh und herzlich wie ein Vater sie begrüßte.
    „ Seien sie nicht böse, ich nannte sie so, wie wir sie unter uns nennen!“
    Lore lachte. Tess wurde rot.
    „ Bitte nennen sie mich immer so. Herr Professor!“
    „ Ach nein, das geht doch wohl nicht!“ – Er rannte nach einer Ecke des Zimmers, seine Gedanken waren schon wieder bei seinem Werk. „Sehen sie hier, die neue Apparatur!“
    Wie Tess da staunte! „Ist das möglich? Eine Elektronenröhre von solchen Dimensionen? Eine riesige Säule! Bestimmt ein Meilenstein!“
    „ Und jetzt gibt’s keine geräuschvollen Zwischenfälle mehr, dieser Röhre können wir uns ruhig anvertrauen.“
    „ Die hält auch 300.000 Volt aus?“
    „ Ich denke ca. 500.000 – Auch die Frage, wie wir diese Energie in kinetische umsetzen, ist jetzt restlos geklärt.“
    „ Dann sind sie jetzt mit allem fertig, Herr Professor?“
    „ O

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