Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
Xanthia.
Sie liebte Kieran von ganzem Herzen. So eine lange Zeit hatte es nur sie drei gegeben – sie, Kieran und Luke –, die gemeinsam gegen die Welt gekämpft hatten. Sie hatten füreinander gelebt, hatten füreinander Opfer gebracht. Xanthia konnte die Male nicht an ihren Fingern und Zehen abzählen, die ihre älteren Brüder für sie den Zorn ihres Onkels auf sich genommen hatten für etwas, das sie getan hatte. Oder die vielen Male später, wenn ihre Brüder sie vor den betrunkenen Freunden ihres Onkels versteckt hatten. Kieran hatte immer das Schlimmste abbekommen, denn schon als junger Mann war er unbesonnen und viel zu draufgängerisch gewesen. Luke hatte ein gewisses Maß an Diplomatie besessen, Kieran dagegen eine Seele voll von Leidenschaft und Zorn.
Xanthia war sich nicht sicher, was aus ihrem Bruder werden würde. Er wird sich in sein frühes Grab trinken und huren, so hatte Cousine Pamela gesagt. Xanthia betete zu Gott, dass Pamela sich irren möge. Dennoch hatte es Xanthia beunruhigt, die Worte laut ausgesprochen zu hören. Bisher war sie erfolglos dabei gewesen, Kieran in das Schifffahrtsgeschäft einzubinden, denn er hatte behauptet – und nicht ganz zu Unrecht –, dass sie und Gareth ihn dabei nicht bräuchten. Danach hatte Xanthia versucht ihn zu überzeugen, die Verpachtung seines riesigen Besitzes in Cheshire nicht zu verlängern. Doch er hatte nicht auf sie gehört, hatte gesagt, dass er nicht den Wunsch habe, auf dem Land zu leben und den Schafen und dem Gras beim Wachsen zuzusehen.
Und das war es gewesen. Xanthia war vollauf mit der Reederei beschäftigt, die auf die eine oder andere Art den größten Teil ihrer Zeit in Anspruch nahm. Die Zeit des Dinners war normalerweise die einzige, in der sie sich nicht um ihre Arbeit kümmerte. Im Geiste begann sie die Unterlagen durchzugehen, die sie mit nach Hause gebracht hatte, um noch zu arbeiten. Unter ihnen war eine verdächtig hohe Rechnung vom Proviantamt für sechs der Schiffe von Neville Shipping, die im Januar ausgelaufen waren und im günstigsten Fall erst in vierzehn Tagen in London zurück sein würden. Xanthia tendierte dazu, die Rechnung so lange nicht zu begleichen, bis sie die aufgeführten Posten mit der Liste des Proviants verglichen hatte, der an Bord genommen worden war. Dann gab es noch einen Stapel von Versicherungspapieren von Lloyd’s und den Vorschlag eines insolventen Schuldners, ihnen drei heruntergekommene Handelsschiffe zu verkaufen – zu einem Preis, dem Xanthia nur schwer widerstehen konnte. Sie musste ein wenig Rechenarbeit erledigen, um die Zeit im Trockendock für die Wiederaufarbeitung aufzufangen. Diese Investition würde den Profit des Unternehmens in einem nicht unbedeutenden Maße schmälern, denn die Kosten für –
»Ah«, sagte eine ruhige Stimme. »Ich sehe, ich habe dich wieder verloren.«
Xanthia schaute auf. Kieran schenkte sich bereits von dem Portwein ein, den einer der Diener auf einem Tablett serviert hatte.
»Entschuldige«, erwiderte sie automatisch. »Ich war mit meinen Gedanken woanders.«
Kieran zog einen Mundwinkel hoch. »Wahrscheinlich in Wapping.«
Xanthia richtete sich auf und schob ihren Stuhl zurück. »Ich fürchte, du hast recht.« Sie erhob sich, als der Diener herbeieilte, um ihr behilflich zu sein. »Was mich daran erinnert, dass ich heute Abend noch eine Menge Papierkram zu erledigen habe. Du gehst aus, nehme ich an?«
Er lächelte schwach und nahm einen großen Schluck von seinem Portwein. »Ich denke, das werde ich.«
»Dann wünsche ich dir eine gute Nacht.«
»Ja. Gute Nacht, Zee.«
Als sie an ihm vorbeiging, zögerte Xanthia, dann beugte sie sich impulsiv zu ihm hinunter und küsste ihn leicht auf die Wange. »Pass auf dich auf, Kieran«, murmelte sie. »Versprichst du mir das?«
Er schaute mit einem dunklen Seitenblick zu ihr hoch, als wollte er mit einer seiner scharfen Bemerkungen antworten, aber dann veränderte sich seine Miene. »In Ordnung«, sagte er ruhig, »ich werde auf mich aufpassen.«
Auch in der Park Lane neigte sich der Abend seinem Ende entgegen. Die arbeitenden Londoner waren seit Langem zum Abendessen nach Hause gegangen, und der Verkehr den Hügel hinauf und hinunter hatte sich auf das laute Rumpeln einer gelegentlich vorbeifahrenden Kutsche reduziert. Agnes, das Hausmädchen, machte ihren Gang durch das Haus, säuberte dabei sorgsam die Kamine und schloss die Vorhänge.
In der großen Bibliothek Lord Nashs zögerte sie. Die Kohlen
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