Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
dabei gedacht hatte, etwas so Närrisches wie einen Spaziergang am Flussufer vorzuschlagen. Großer Gott, die Frau war die Versuchung in Person – und vermutlich nicht gerade darauf erpicht, an seinem Arm gesehen zu werden, nicht einmal bei einer so harmlosen Veranstaltung wie einem Picknick. Aber sie hatte zugestimmt, und sie kam auch nicht direkt von der Schulbank, also könnte er sich ebenso gut amüsieren.
Nash ließ seinen Blick anerkennend über Miss Neville gleiten. Sie trug kein Kleid in Pastell, Gott sei Dank, sondern in üppigen Blau- und Grautönen. Nicht eine Frau unter Tausenden könnte diese Farben tragen, aber das Kleid betonte wunderbar ihre große, schlanke Gestalt. »Ich glaube nicht, dass Euer Cousin mich sonderlich schätzt, meine Liebe«, sagte er. »Vielleicht solltet Ihr doch die Bowling-Partie mit ansehen?«
»Danke, nein«, entgegnete Miss Neville und ging ohne ihn die Stufen hinunter. »Ich möchte gern diesen Spaziergang machen. Kommen Ihr nun mit, oder soll ich allein gehen?«
»Wieder frische Luft schnappen, meine Liebe?«
»Wie bitte?«
»Ich glaube, Ihr sagtet einmal, dass Ihr, wenn Euch der Sinn nach frischer Luft steht, das auch tut, ungeachtet der Konsequenzen.«
Sie schaute zu ihm hoch und kniff die tiefblauen Augen gegen das helle Sonnenlicht zusammen. »Ich kann mir nicht vorstellen, welche großen Konsequenzen es nach sich ziehen kann, am helllichten Nachmittag einen öffentlichen Weg entlangzugehen, Mylord«, entgegnete sie. »Selbst, wenn man dies am Arm eines reuelosen Wüstlings tut.«
»Das sind wahrhaft gute Nachrichten.« Nash lächelte zu ihr hinunter.
»Wie bitte?«, fragte sie wieder.
»Es scheint, dass ich vom Dandy zum Wüstling aufgestiegen bin«, sagte er. »Meine Männlichkeit ist beruhigt.«
Ihr breiter Mund verzog sich vor Erheiterung, und sie streckte ihm die Hand hin. »Kommt, Lord Nash«, sagte sie. »Und treibt bitte keine Scherze mit meinem beschränkten Wortschatz.«
Ihr Wort haltend ging sie in raschem Schritt zum Fluss hinunter, sobald sie den Weg erreicht hatten. Nashs übliche Gemessenheit wurde von ihren langen Schritten untergraben. »Miss Neville, ich dachte, Ihr wolltet an meinem Arm hängen?«, sagte er, als ihnen nur noch wenige andere Spaziergänger begegneten. »Aber Ihr lauft so schnell, als stünde ganz London in Flammen und Ihr würdet dabei zusehen wollen, wie es brennt.«
Sogleich verminderte sie ihr Tempo. »Ich bitte um Verzeihung«, sagte sie und legte ihre Hand auf seine Armbeuge. »Aber hier sind so viele Menschen, und das macht den einsamen Pfad dort vorn umso verlockender.«
»Das gesellschaftliche Treiben stellt keine Attraktion für Euch dar?«, fragte er, während er seine Schritte den ihren anpasste.
»Nicht besonders«, erklärte sie. »Daheim auf Barbados ... nun, die Gesellschaft dort ist nicht so fein wie diese. Ich fühle mich hier ein wenig fehl am Platze.«
»Aber Ihr seht nicht fehl am Platze aus«, sagte er. »Jeder Zoll von Euch sieht wie eine Lady aus, die in dieses Leben hineingeboren wurde.«
Ihr Blick glitt abschätzend über sein Gesicht. »Ihr meint das als Kompliment, nehme ich an«, sagte sie, »aber ...«
»Aber was?«, ermutigte er sie.
»Offen gesagt ziehe ich nur wenig Befriedigung daraus«, sagte sie. »Diese Art von Leben hat so wenig Sinn.«
»Ich verstehe«, sagte er ruhig. »Ihr würdet lieber ... nun, was? Für die Besserstellung der Unterschicht kämpfen? Eine Armenschule leiten? Strümpfe stricken für die Minderbemittelten?«
Sie lachte leise. »Himmel, nein«, sagte sie. »Ich doch nicht!« Aber sie erklärte sich nicht weiter.
Eine Weile lang gingen sie schweigend nebeneinander weiter, ihre Hand lag leicht und warm auf seinem Arm. Nash empfand die Berührung als überraschend angenehm. Auf dem Fluss zu ihrer Linken glitten zwei Boote vorbei. Die breitschultrigen Ruderer bewegten die Ruder in einem perfekt gleichmäßigen Rhythmus, das vordere Boot war dem folgenden um eine halbe Länge voraus.
»Was würdet Ihr denn am liebsten mit Eurem Leben anfangen, Miss Neville?«, drängte er schließlich. »Wollt Ihr Euch aufs Land zurückziehen und eine Schar Kinder großziehen?«
»Nein«, entgegnete sie. »Nein, Lord Nash, ich lebe mein Leben bereits so, wie es mir gefällt.«
Unvermittelt blieb sie stehen und betrachtete die Ruderer, doch er spürte, dass sie sie nicht wirklich beobachtete. Nash warf einen Blick den Weg entlang. Obwohl sie sich noch in Sichtweite des Hauses
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