Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
»Er wird mindestens noch eine weitere Woche fortbleiben, um die Beerdigung zu arrangieren und das Cottage zu vermieten. Er schickt eine wortreiche Entschuldigung und hofft, dass Ihr seine Dienste nicht dringend benötigt.«
Nash starrte finster in seinen Kaffee. Die Wahrheit war, dass er durchaus eine weitere Woche ohne Swann zurechtkommen konnte, auch wenn es ihm nicht sonderlich gefiel. Er musste wissen, was die Comtesse de Montignac bis heute getrieben hatte, aber er hatte vergessen, mit Swann ein Treffen zu vereinbaren, bevor der die Stadt verlassen hatte. Außerdem stapelte sich noch der Papierkram auf seinem Schreibtisch, der sich anschickte, rasch zu einem gefährlich wankenden Berg anzuwachsen.
Doch der Tod der Mutter war immer ein schwerer Schlag, und schätzungsweise hing Swann ebenso sehr an seiner, wie Nash an seiner gehangen hatte – also sehr, das konnte man mit Fug und Recht behaupten. Wie viele Frauen, die schöner waren, als es ihnen guttat, war seine Mutter manchmal grausam und immer egoistisch gewesen, aber er hatte sie trotzdem geliebt. Ihr Tod war das Ende seiner Unschuld und der Beginn seines neuen Lebens gewesen. Sein Leben als englischer Erbe. Sein Leben ohne Petar. Bis zu dem Tag, an dem seine Mutter ihn in England zurückgelassen hatte, hatte Nash in dem Glauben gelebt, nur ein Besucher in diesem Land zu sein.
Er räusperte sich und legte die Zeitung aus der Hand. »Habt Ihr Swanns Adresse, Gibbons?«, fragte er und ging zu seinem Mahagoni-Sekretär. »Ich werde ihm mein tiefstes Beileid ausdrücken und versichern, dass es hier für ihn nichts Dringendes zu erledigen gibt.«
Eine kleine Sache hat Swann allerdings doch unerledigt zurückgelassen, dachte Nash, während Gibbons davoneilte, um den Brief zu holen. Doch während Nashs Besuch in Miss Nevilles Kontor am vergangenen Mittwoch hatte sich diese eine, noch offene Frage selbst beantwortet. Ihr früherer Verlobter war – wenn sie denn überhaupt verlobt gewesen waren – Mr. Gareth Lloyd. Dessen war sich Nash nun ganz sicher.
Ein Antrag vor längerer Zeit von einem Freund der Familie, so hatte Lord Rothewell es formuliert. Wie viele Menschen in London hatten Miss Neville von den Westindischen Inseln her gekannt? Nur sehr wenige, vermutete Nash. Aber das bedeutete kaum etwas. Lloyd hatte sich durch seinen kalten, harten Blick und sein rüdes Benehmen verraten. Er hatte Nash auf den ersten Blick abgelehnt, und jede einzelne seiner Gesten gegenüber Xanthia hatte von Beschützerinstinkten und, wenn auch weniger spürbar, Besitzanspruch gezeugt.
Nash wunderte sich, wie Xanthia mit der Situation zurechtkam. Vielleicht empfand sie noch immer Zuneigung für diesen Burschen? Der Gedanke sandte ein unbehagliches Frösteln über Nashs Rücken. Sofort zog er sich von diesem emotionalen und gedanklichen Abgrund zurück. Die Vergangenheit dieser Frau ging ihn nichts an – und ebenso wenig ihre Zukunft. Sollte sie irgendetwas miteinander verbinden, was er bezweifelte, dann im Hier und Jetzt.
Nash hatte sich in den vergangenen Tagen von Xanthia ferngehalten und insoweit wieder frei bekommen, dass er wieder ein oder zwei Runden Karten spielen konnte. Er hatte sogar angefangen sich nach einem Ersatz für Lisette umzusehen, auch wenn sich in seinen Augen keine Frau mit der faszinierenden Miss Neville messen konnte. Was sie betraf, war er unentschlossen, was er als Nächstes tun sollte – oder was er tun wollte . Die Frau war – und dieser Umstand stellte eine nicht zu leugnende Gefahr dar – noch unverheiratet. Es würde eine schwierige Aufgabe sein, ihren ... nun, ihren Charakter zu ergründen. Wie seltsam, sich damit zu beschäftigen! Denn eigentlich wollte er mit aller Macht nur eines: Xanthia Neville in sein Bett bekommen. Der Charakter war ihm bisher noch nie wichtig gewesen, wenn es darum ging, sich eine Frau zum Vögeln auszusuchen.
Verdammt. Ihm gefiel nicht einmal dieses Wort. Nicht, wenn es im selben Satz mit ihrem Namen gebraucht wurde. Woher nur kamen diese Empfindlichkeiten? Sie waren verdammt lästig, und er wurde den Verdacht nicht los, dass ihm solche Dinge wahrscheinlich wichtiger waren als ihr. Denn wenn man all das glaubte, was die Lady gesagt hatte, dann war ihre Moral entschieden zweifelhaft.
Es war nicht nur ihre offensichtliche Bereitwilligkeit, Sex ohne den Segen der Kirche zu haben – ein Gedanke, der an sich schon schockierte –, sondern auch die Art, mit der sie ihr Unternehmen führte. Sie schien mehr als nur
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