Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
tot!«, keuchte eine raue, kaum menschlich klingende Stimme. »Ein Laut, und ich schneid dir die Kehle durch.«
»Lasst mich los«, befahl Xanthia und versuchte sich loszureißen. »Loslassen!«
Der Mann zerrte nur noch fester an ihr. Sein Atem roch säuerlich und nach Zwiebeln. »Mach schon«, befahl er und presste etwas Kaltes, Bedrohliches an ihre Kehle. »Die kleine Lederbörse mit den Münzen! Wirf sie auf den Boden, Mylady, bevor deinen schönen Mantel noch Blutflecken zieren.«
Das Blut schien Xanthia in den Adern zu gefrieren. Die Klinge an ihrer Kehle war kalt wie Eis. Wie der Tod. »Lasst mich los«, wisperte sie, »und ich werde in meine Ta-«
Plötzlich wurde der Arm des Mannes hochgerissen, als hätte Gott selbst ihn gepackt. Er schrie auf und fasste nach seinem Ellbogen, während das Messer klirrend zu Boden fiel. »Verdammt, was –?«
Die Frage wurde nie zu Ende gestellt. Etwas glänzend Schwarzes – ein Stiefel? – blitzte in der Dunkelheit auf und traf den Mann quer an der Kehle. Sein Kopf flog zurück wie der einer zerbrochenen Puppe, dann glitt er zu Boden.
»Großer Gott«, sagte eine dunkle, tief verärgerte Stimme. »Wo ist Eure Pistole, Miss Neville?«
Xanthia sackte vor Erleichterung in sich zusammen, als Mr. Kemble aus dem Nebel hervortrat. »Oh, dem Himmel sei Dank!«, sagte sie. »Meine Pistole? Oh. Die habe ich wohl zu Hause gelassen.«
»Etwa zusammen mit Eurem Verstand, damit er ihr Gesellschaft leistet?«, fauchte Kemble. Der höfliche Laffe, den er sonst darstellte, war verschwunden. »Zückt nie wieder auf der Straße Eure Geldbörse, Miss Neville. Besonders nicht mitten in der Nacht. Ihr solltet es wirklich besser wissen.«
Xanthia hatte Halt suchend nach einem Laternenmast gegriffen. »Aber ... aber ich habe sie nicht gezückt.«
Der Mann auf dem Bürgersteig begann zu stöhnen. Ohne zu zögern, setzte Kemble seinen Fuß hart auf dessen Kehle. »Der Junge, den Ihr bezahlt habt«, sagte er gereizt. »Er hat nicht einfach nur um Mitternacht einen Spaziergang gemacht, Miss Neville. Er hat die Lage ausgekundschaftet.«
»Die Lage ... ausgekundschaftet?«
»Nach Opfern Ausschau gehalten, um sie zu überfallen«, erklärte Kemble. »Er arbeitet für eine Bande. Taschendiebe, Safeknacker, gemeine Schläger. Sie alle kommen nachts heraus, Miss Neville – und übrigens auch bei Tage. Wie, um Gottes willen, habt Ihr bloß bisher dort unten in Wapping überlebt?«
Sie errötete. »Meine Gedanken ... Ich war heute Abend mit meinen Gedanken woanders.«
»Das habe ich gesehen«, bestätigte Kemble trocken.
»Ihr ... Ihr seid mir gefolgt?« Xanthia hatte endlich aufgehört zu zittern, und ihre Angst wich Empörung. »Ihr spioniert mir nach?«
»Ich passe auf Euch auf«, korrigierte Kemble. »Und das aus gutem Grund, wie sich gerade gezeigt hat.«
»Aber ... aber wie könnt Ihr es wagen?«, spie Xanthia.
»Geht jetzt nach Hause, Miss Neville«, sagte Kemble fast müde. »Geht nach Hause, sucht Eure Pistole und legt sie in ihren Retikül. Und holt auf der Straße nie wieder Eure Geldbörse hervor. Verbrennt diese lächerliche Entschuldigung eines Hutes, sobald Ihr zu Hause seid, und wendet dem Marquess of Nash niemals den Rücken zu, um Gottes willen. Peel wünscht lediglich, dass Ihr Eurem Land einen Gefallen tut – nicht aber, dass Ihr dafür den Tod in Kauf nehmt.«
»Folgt Ihr mir überallhin?«, verlangte sie zu wissen.
»Irgendjemand folgt Euch immer, ja«, sagte er. »Max kümmert sich darum.«
Einen Moment lang schüttelte sich Xanthia vor Wut. »Dann kann sich irgendjemand darauf vorbereiten, mir morgen Abend zur Park Lane zu folgen«, zischte sie. »Denn ich werde dorthin gehen – und ich werde ein für alle Mal beweisen, dass Nash nichts mit diesem Waffenschmuggel zu tun hat.«
»Miss Neville, ich flehe Euch an, vorsichtig zu sein.«
»So, wie de Vendenheim vorsichtig ist?«, erwiderte Xanthia gereizt. »Er hat Nash doch schon fast verurteilt.«
Auf der anderen Straßenseite hatte sich ein Schatten bewegt, jetzt wurde hinter einem der Fenster eine Lampe entzündet. Der Mann auf dem Bürgersteig stöhnte wieder, und seine Augen öffneten sich flatternd. Er schaute hoch, sah Kemble, und pure Furcht legte sich auf sein Gesicht.
»Guten Abend, Mr. Tomkins«, sagte Kemble und zerrte den Mann auf die Füße. »Arbeiten wir mal wieder nachts?«
»Georgie Kemble!«, stieß der Mann hervor. »Du sollst verrotten, du hinterhältiger, petzender Bastard!«
Kemble
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