Entflammt von deiner Liebe: Roman (German Edition)
lächelte. »Ich habe dich auch vermisst, Tommy«, sagte er und drehte dem Mann geschickt den Arm auf den Rücken. »Was hältst du von einem kleinen Spaziergang zum Queen’s Square ins Magistratsrevier? Das Wetter ist so mild heute Nacht.«
Der Mann wand sich. »Du kannst mich mal, du Hurensohn.«
»Welch nette Aufforderung«, entgegnete Kemble, »aber du bist nicht ganz mein Typ. Und jetzt geh endlich!«
Der Mann setzte sich in Bewegung und schaute dabei über die Schulter zurück. Seine Augen huschten hin und her wie die eines nervösen Pferdes. Ganz offensichtlich fürchtete er seinen Überwältiger. Doch Mr. Kemble schien die Entspannung in Person zu sein. Höflich plauderte er über das Wetter, während er Xanthias Angreifer abführte und mit ihm in der Dunkelheit verschwand.
Xanthia starrte ihnen verblüfft hinterher und presste ihren Retikül an die Brust. »Mr. Kemble«, sagte sie in den wabernden Nebel hinein, »Ihr seid ein wahrlich seltsamer Mann.«
Kapitel 9
Eine Tasse Kaffee in der Park Lane
Ü ber Westminster zog ein wunderschöner Tag herauf. Die Morgensonne vertrieb rasch die Nebelreste der Nacht und tauchte die grünen Hügel des Hyde Parks in Wellen von Licht, die sich sanft verschoben, als die Wolken über den Himmel zogen. Lord Nash war heute schon in der Morgendämmerung aufgestanden – sehr zur Überraschung seines Personals –, denn er hatte einige Besorgungen zu erledigen. Am späten Nachmittag kehrte er in die Park Lane zurück, um sich für den Abend umzuziehen und sich seinem Schicksal zu stellen.
Ein leichter Wind bauschte von Zeit zu Zeit die Vorhänge um Nashs Schultern und badete ihn in kühler Luft, als er aus dem Fenster schaute und die Hände gegen den Fensterrahmen stützte. Die Strahlen der späten Nachmittagssonne erinnerten ihn an ein Gemälde in einer
John-Constable-Ausstellung, das er in der Royal Academy bewundert hatte. Flüchtig verspürte er den seltsamen Wunsch, mit Miss Neville dorthinzugehen und es ihr zu zeigen.
Großer Gott. Was für ein Gedanke!
»So«, sagte Gibbons und zupfte ein letztes Mal Nashs Kragen im Nacken zurecht, »Ihr seht fabelhaft aus, Sir, wenn ich das bemerken darf. Seid Ihr ganz sicher, dass Ihr Euch ohne meine Hilfe aus dieser Pracht befreien könnt?«
»Ich werde es schon schaffen.« Nash wandte sich um und musterte sich ein letztes Mal im Wandspiegel, dann griff er nach seiner Tasse Kaffee. Es war seine dritte, doch er vergaß, den Kaffee zu trinken.
Gibbons sah ihn lauernd an. »Es würde keinesfalls Mühe machen, Mylord, zu gegebener Zeit herzukommen, um Euch beim Auskleiden behilflich zu sein.«
Über die Tasse mit kaltem Kaffee hinweg blickte Nash seinen Kammerdiener finster an. »Ich sagte, Ihr habt den Abend frei. Lasst es mich deutlicher ausdrücken: Verzieht Euch – und kommt bloß nicht vor morgen Mittag zurück.«
Gibbons zitterte in vorgetäuschter Entrüstung. »Nun«, bemerkte der schließlich, »welch Undankbarkeit!«
Nash gab ihm die Tasse. »Aber da Ihr jetzt noch da seid, seid so gut, dies wegzuschütten«, sagte er. »Der Kaffee ist kalt geworden.«
Mit einem angespannten Lächeln ging Gibbons zum Fenster und kippte den Kaffee kurzerhand hinaus.
Auf dem Bürgersteig schrie jemand auf.
Nash starrte den Kammerdiener finster an. »Verdammte Hölle!«, sagte er, während er zum Fenster eilte. »Entschuldigung! Ich bitte um Entschuldigung!«, rief er hinaus.
»Ja, gardyloo! «, rief Gibbons und wackelte mit dem Finger. »Und noch einen schönen Tag!«
Nash zog sich vom Fenster zurück. »Ihr müsst Euren Frust nicht an unschuldigen Passanten auslassen«, sagte er. »Wenn Ihr jemandes Kleidung ruinieren wollt, dann lasst es wenigstens die übliche sein – meine .«
Gibbons verschränkte die Arme vor der Brust. »Oh, das alles ist wegen Eurer verbrannten Krawatte, nicht wahr?«, sagte er. »Nun, dafür könnt Ihr Euch bei Mr. Vernon bedanken! Er war es, der die Eisen überhitzt und sie dann auf den Arbeitstisch gestellt hat, unschuldig wie ein kleines Lamm!«
»Vernon hat heute Abend auch frei«, erinnerte Nash ihn. »Und er ist dafür verdammt dankbar.« Er war zum Wandspiegel zurückgegangen und starrte auf das Revers seines Gehrocks. »Was denkt Ihr? Hätte ich doch den flaschengrünen wählen sollen?«
»Das hängt davon ab«, sagte Gibbons, »ob Ihr nüchtern genug sein werdet, um zu bemerken, welche Farbe Ihr tragt, Mylord.«
Nash wandte sich vom Spiegel ab, und dieses Mal ließ sein Blick Gibbons
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