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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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in diesem Hinterwäldler-Kaff. Heute Vormittag haben mich schon drei Kunden nach homöopathischer Erkältungsmedizin gefragt. Und es kann jeden Tag anfangen zu schneien.
    Die Leute müssen reinkommen, um zum Beispiel einen Pflegestift für ihre Lippen zu kaufen, das Streusalz sehen unddenken, Super! Davon packe ich mir einen Sack in den Wagen.« Sein Mund stand ein wenig offen, als wüsste er nicht, wieer mit jemandem reden sollte, der nicht vor ihm kuschte. »Was geht Sie das an?«, knurrte er schließlich. »Sie sind doch nur auf der Durchreise! Das ist nicht Ihr Laden! Mein Urgroßvater hat ihn gegründet! Mein Großvater hat ihn geführt, dann mein Vater und nun ich! Und mein Sohn -«
    Plötzlich sah er am Boden zerstört und total entsetzt aus. Als wäre ihm gerade eingefallen, dass er nur eine Tochter hatte.Er schluckte. »Wenn ich einen Sohn hätte, würde er das Geschäft von mir übernehmen.« Aber das Feuer war erloschenund er sah plötzlich deprimiert und alt aus.
    Endlich kapierte ich es. »Sie hatten einen Sohn?«
    Old Mac nickte. Sein Gesicht war ganz grau.
    »Und er starb mit Ihrer Frau?«
    Der deprimierte Gesichtsausdruck war wieder da und er nickte noch einmal.
    »Das tut mir leid«, sagte ich. »Es ist hart, jemanden zu verlieren.« Ich hatte so viele Menschen verloren. Ich zögerte, nicht sicher, ob ich weitersprechen sollte. Ja. Er musste die Vergangenheit hinter sich lassen und im Jetzt leben. Ich schlug einen strengeren Ton an. »Hören Sie, alter Mann, Sie haben immer noch Meriwether.«
    Old Macs Kopf fuhr hoch und das übliche Feuer blitzte wieder aus seinen Augen.
    »Und auch wenn Sie sie behandeln wie den letzten Dreck, ist sie ein kluges Mädchen! Sie liebt diesen Laden, obwohl ich echt nicht weiß, wieso. Und wenn Sie erst in der Kiste liegen, wird sie etwas Vernünftiges daraus machen, einen Haufen Geld scheffeln und auf Ihrem Grab tanzen!«
    Okay, das ging vielleicht ein bisschen zu weit. Old Mac sah total geplättet aus und ich tat so, als studierte ich die Inhaltsstoffe eines Hustensafts für Kinder.
    »Sie hasst das Geschäft.« Seine Stimme klang mürrisch. »Sie hasst es, Ihr Fußabtreter zu sein«, konterte ich. »Sie erinnert sich gut daran, wie es war, als der Laden noch lief. Es war ihre Idee, ihn aufzupeppen.«
    »Er wird nie wieder laufen.« Old Mac warf den Katalog zurück auf den Tresen.
    »Ja, ja, die Textilfabrik, bla, bla, bla «, sagte ich auf meine übliche mitfühlende und sensible Art. »Aber es leben immernoch genug Leute hier, die den Krempel brauchen, den Sie hier verkaufen. Ich meine, der nächste große Drogeriemarkt ist ein gutes Stück den Highway runter. Wir sollten damit werben, dass der Laden mitten im Ort ist. Kommt her, unter—stützt die heimische Wirtschaft und spart Sprit! Das war eine so geniale neue Marketingstrategie, dass ich es selbst kaum fassen konnte.
    Ich sah Old Mac aufgeregt an, bereit für ein Brainstorming. Er verengte die Augen zu Schlitzen. »Vergessen Sie es! Zurückan die Arbeit! Ich sollte Ihnen für die letzten zehn Minuten den Lohn abziehen!«
    »Sie wissen, dass ich recht habe«,trällerte ich halblaut.
    Er grunzte nur.
    Unsere Beziehung blühte wahrhaftig auf. Und mein Leben ging trotz allem weiter. Ich lebte immer noch mein Leben, auch nach allem, was ich letzte Nacht erfahren hatte.
    Aus irgendeinem Grund tauchte Meriwether nicht um vier auf, aber Old Mac wirkte nicht überrascht oder beunruhigt. Ich meldete mich wie gewöhnlich an und war nicht besonders scharf darauf, nach Hause zu fahren und dort womöglich Reyn zu begegnen. Auf dem Weg zu meinem Auto sah ich Dray auf der anderen Straßenseite vor einem leeren Geschäftherumlungern, in dem mal eine Filiale von Dukin' Donuts gewesen war. Sie sah mich, reagierte aber nicht. Ich stieg in meinen rollenden Schrotthaufen, startete ihn, wendete und hielt neben ihr. Ich drehte das Fenster auf der Beifahrerseite herunter.
    »Willst du einen Kaffee? Mein Tag war scheiße«, sagte ich, ohne sie anzusehen. »Genau genommen waren die letzten Tage alle scheiße.«
    Dray zögerte, kam dann aber doch und öffnete die Beifahrertür. Ich versuchte, nicht triumphierend zu grinsen. Sie stieg ein und schlug die Tür zu. Ich fuhr zu einem Imbiss im Ort, der Auntie Lou's hieß. Ich war noch nie dort gewesen - ich hatte meine kurze Episode als Kellnerin noch nicht vergessen -, und als wir eintraten, fühlte ich mich fünfzig

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