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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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wirkte ... einzigartig und als würde er mit allem fertig werden. Etwas in mir wollte die Arme um seine Hüften schlingen und das Gesicht an seine Brust pressen, direkt über seinem Herzen. Schon bei dem Gedanken wurde ich rot. Aber ich hatte das überwältigende Gefühl, dass egal was passierte - ein Meteoriteneinschlag, ein Zusammenbruch der Regierung, eine Massenpanik - Reyn einfach vortreten und jeden beschützen würde, der bei ihm war. Trotz seiner Hochnäsigkeit und Feindseligkeit mir gegenüber fühlte ich mich bei ihm irgendwie ... sicher. Als würde er immer die richtige Wahl treffen, das Richtige tun, ob er wollte oder nicht.
    Er schien das genaue Gegenteil von Incy zu sein, der immer bekam, was er wollte, und wenn er dazu Leute manipulieren, gesellschaftliche Regeln oder gar Gesetze brechen musste. Reyn, über den ich nicht das Geringste wusste, vermittelte einen Eindruck von Stärke und Entschlossenheit, und mir wurde klar, dass ich sonst niemanden kannte, auf den das zutraf. Natürlich vermittelte er auch den Eindruck, ein eingebildeterLackaffe zu sein, dessen Lieblingsmimik die verächtlich hochgezogene Oberlippe war ...
    Nur schwenken und spülen, befahl ich mir. Finde dich damit ab, er ist ein unwiderstehlicher Typ, dem es total egal ist, ob er heiß ist oder nicht, und dem es total egal ist, ob du heiß bist oder nicht, und der nicht das geringste Interesse an dir hat, weil er mit wichtigeren und abgehobeneren Dingen beschäftigt ist.
    Ich hasste Typen wie ihn - wenn ich nur an diesen hinreißenden Priester in Malta in den Dreißigern denke - aber das ist eine andere Geschichte.
    Mittlerweile glühten meine Wangen und ich musste meine Atmung unter Kontrolle bekommen. Spülen, schwenken, abstellen. Als ich einen ordentlichen Haufen aufgebaut hatte, drückte mir Mister Umwerfend ein Geschirrtuch in die Hand. Ich begann mit dem Abtrocknen und baute einen neuen Stapel auf. Ich fühlte mich unsicher, irgendwie nervös, was mir gar nicht gefiel und was ich nicht kannte. Meine Freunde waren an mich gewöhnt; sie akzeptierten mich so, wie ich war, ohne dumme Sprüche oder Fragen. In meiner Gruppe war ich okay. Aber hier stach ich hervor. Ich erkannte, dass ich mich so weit von den gesellschaftlichen Normen entfernt hatte, dass ich neben diesen Leuten wie der totale Freak erschien. Das war gruselig und verstörend und verstärkte meinen Drang, die Flucht zu ergreifen. Und natürlich machte mich meine Nervosität noch zickiger.
    »Ich schätze, das hier ist Zen oder solches Zeug«, sagte ich und deutete mit meinem Tonfall an, dass Zen für mich ungefähr dasselbe war, wie der Pest zum Opfer zu fallen.
    Reyn schaute kurz auf mich herab und sagte nichts.
    Ich bin fast einsachtzig, was zu meiner Zeit echt groß für eine Frau war. Verglichen mit anderen Frauen war ich eine Amazone gewesen, selbst in unserer kämpferischen isländischen Sippe. Bis vor etwa hundert Jahren war ich in den meisten Ländern recht groß für eine Frau - mit Ausnahme der Niederlande, wo sie die Mädels unnatürlich groß züchten. Doch heute - dank bester Ernährung und Vorsorge schon vor der Geburt - schießen rund um mich herum alle in den Himmel und ich bin nicht einmal mehr Durchschnitt. Das ist so unglaublich unfair, weil ich zweifellos ausgewachsen bin. Weil ich schon lange ausgewachsen bin.
    Und deshalb ärgerte es mich, dass Reyn so groß war. Es machte mich sauer, dass er so groß und golden und der umwerfendste Mensch war, den ich jemals gesehen hatte, und dass ich auch noch auf ihn abfuhr, und das so total unerwartet und unerwünscht.
    »Hier,« Reyn riss mich aus meinen Gedanken. Ich blinzelte mitten in meinem innerlichen Wutausbruch und musste feststellen, dass er mir einen Teller vor die Nase hielt - und das offenbar schon eine ganze Weile, ohne dass ich es bemerkt hatte.
    Ich nahm den Teller entgegen und spülte ihn missgelaunt. Insgeheim wünschte ich, er wäre ein dummer Bauernkutscher und ich eine Gräfin, dann hätte ich ohne irgendwelche Konsequenzen meinen Spaß mit ihm haben können. Ach ja, die guten alten Zeiten.
    Nicht, dass ich jemals eine Gräfin war.
    »Morgen soll es kalt und klar werden«, sagte Reyn.
    Jetzt, wo ich genauer hinhörte, glaubte ich eine gewisse Überkorrektheit in der Aussprache seiner Konsonanten zu hören,'die zweifellos seine holländische Abstammung verriet. Das klang natürlich zum Dahinschmelzen. Noch etwas, das ich

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