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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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bekannt vor und nach ein paar Sekunden erkannte ich in ihr eines der Kids, die vor dem Drugstoreherumgelungert hatten. Ihre stark geschminkten Augen musterten mich misstrauisch. Ihre Haare waren grün und braun gescheckt.
    »Nö«, sagte ich und ließ den Blick über das Meer von Kleidung wandern. »Sorry, Ich rede nur mit mir selbst.«
    »Dann hört wenigstens jemand zu«, murmelte sie und hielt sich die Jeans an die Hüfte.
    »Du ... probierst ... also aus, was passt?«, fragte ich beiläufig. Ich griff nach einer Cordhose und hielt sie mir an. Sie kammir zu groß vor. Sollte ich sie anprobieren? »Und dann?« »Dann kaufe ich sie.« Sie war misstrauisch.
    Ich hängte mir die Cordhose über den Arm und nahm einen Pullover. Er war dunkelblau. »Dunkelblau passt doch zu allem, oder?«
    »Was ist eigentlich mit dir los?«, fuhr mich das Mädchen an und warf die Jeans wieder hin. Dreißig Sekunden späterklimperte die Glocke über der Eingangstür, als sie den Laden verließ. Ich musste lachen, aber es war kein frohes Lachen,sondern ein Lachen der Verzweiflung.
    »Bist du fertig?« Odin war ungerührt wie immer und hatte einen Fünfzig-Kilo-Sack mit irgendwelchem Landwirt—schaftszeug auf der Schulter. Ich sah mich nach Nell um, konnte sie aber nicht entdecken.
    »Äh -« Ach, Mist, das war einer dieser Tage, an denen ich permanent über mich hinauswachsen musste. Es kostete mich viel Kraft, nicht zu verduften und mir irgendwo eine gemütliche Bar zu suchen. »Ich habe ein Problem - ich weiß nicht, was ich, nehmen soll.«
    Er blinzelte und atmete aus. Dann musterte er mich von oben bis unten. Ich trug eine gestreifte Lacroix-Satinhose, die an den Knien natürlich schon in Fetzen hing. Ein blauer Männerpullover - keine Ahnung, woher ich den hatte - hing an mir herunter wie ein Zelt. Meinen Schal, grün und weiß gestreift, hatte ich mir mehrmals um den Hals geschlungen. Und meine großartigen Motorradstiefel rundeten das exquisite Outfit ab. Aus irgendeinem Grund hatte ich nur die Stiefel und die Manolos mit dem Leopardenmuster für meinen Exodus eingepackt.
    »Ich war seit ... ein paar Jahrzehnten nicht mehr einkaufen.« Ich lachte kurz auf, aber innerlich fühlte ich mich total unfähig. »Ich bin nur froh, dass Petticoats mittlerweile out sind. «
    Reyn setzte den schweren Sack und eine kleinere Einkaufstasche ab. »Welche Größe hast du?«
    »Äh, 36 bei Schuhen?«, bot ich an. »Und bei den anderen Sachen ... vielleicht Größe S?« Ich war immer noch dünn wie ein Besenstiel, ohne nennenswerte Kurven. Ich hatte einfach zu lange nicht mehr auf solche Dinge geachtet.
    »Okay.« Reyn stieß einen Seufzer aus. Er musterte mich noch einmal und steuerte dann den Tisch mit den Jeans an. Seine langen Finger glitten über die Stapel, bis er die richtige gefunden hatte und sie herauszog. »Probier diese an. Du wirst die Hosenbeine hochkrempeln müssen.« Er zeigte auf eine Umkleidekabine, die durch einen Vorhang vom Verkaufsraumgetrennt war.
    Ich probierte die Jeans an. Sie passte. Er hatte die richtige Größe gefunden, indem er mich nur angesehen hatte - anscheinend hatte er trotz seiner mönchshaften Zurückhaltung einige Erfahrung darin, Frauenkörper abzuschätzen. Wer war er? Woher kam er? Was war seine Geschichte? Ich war ziemlich ... fasziniert.
    »Sie passt«, sagte ich, als ich in meinen eigenen Sachen wieder herauskam.
    »Nimm dir noch zwei weitere Jeans mit und zwei Cordhosen in dieser Größe«, befahl er. Er stöberte bereits in denArbeitshemden herum und hatte schon einen kleinen Haufen Pullover aufgetürmt.
    Kurz darauf hatte ich einen Berg neuer Sachen im Einkaufswagen. Reyn überraschte mich damit, dass er mir erklärte, wie die Dinge zusammengehörten, T-Shirts und Flanellhemden, Shirts mit der Knopfleiste unter die Pullover. Nichts davon war Designerkram oder modern oder irgendwie süß, aber es passte alles, war robust und würde in River's Edge viel bequemer und vor allem wärmer sein. In der Öffentlichkeit. würde ich mich in solchen Klamotten natürlich nie zeigen, aber andererseits mied ich die Öffentlichkeit zurzeit wie die Pest.
    »Hast du mal in dieser Branche gearbeitet? «, fragte ich. »Warst du vielleicht mal als Butler tätig?«
    Reyn ließ ein paar Packungen Socken in den Einkaufswagen fallen und warf sich seinen Sack wieder über die Schulter,ohne auch nur mit der Wimper zu zucken. »Nein. Ich nehme an, dass du Unterwäsche und so

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