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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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die wirkliche Welt zu integrieren - nicht nur in die Welt, in der Zeit und Geld im Überfluss vorhanden sind und deine Freunde ebenso oberflächlich und selbstsüchtig sind wie du.«
    Normalerweise hätte ich jetzt energisch protestiert, aber er hatte ja recht. Also biss ich die Zähne zusammen.
    »Du hattest doch vorher auch schon Jobs, oder?«, fragte Solis.
    »Ja, klar«, sagte ich. Wenn man die Leitung des Bordells in Kalifornien in den 1850er-Jahren mitrechnete. Ich hatte damals ein Vermögen verdient. Oder als ich das Model eines französischen Designers gewesen war, in den 1930er-Jahren. Aber einen richtigen Job?
    Ich unternahm einen weiteren Versuch. »Ich hatte eigentlich gehofft, dass ihr, nun ja, einen Zauberstab schwenken würdet und ich mich Hokuspokus besser fühlen würde.«
    Solis lächelte. »So einfach ist das leider nicht. Es scheint, als hättest du ungewöhnliche Fähigkeiten, Nastasja. Es ist sehr wichtig, dass du lernst, richtig mit ihnen umzugehen.« Ich dachte daran, etwas wie »Ach, papperlapapp« oder SO  zu sagen, aber Angst und Stolz überfielen mich gleichzeitig und machten mich sprachlos.

    »Ich bin bereit, dich zu unterrichten«, fuhr er fort, »aber nur auf meine Weise. Nicht, weil ich ein Kontrollfreak bin, sondern weil die Erfahrung mich gelehrt hat, dass dies die beste Weise ist, dich zu lehren, was du wissen musst. Also, ja, du musst dir einen Job suchen, genau wie alle anderen, die hierherkamen. Vorzugsweise etwas, das nur den Mindestlohn bringt. Irgendwas Ordinäres - Arbeit um der Arbeit willen, nicht für ein großes Gehalt oder Streicheleinheiten fürs Ego. Wie ich gehört habe, sucht die Leihbücherei jemanden, der Bücher in die Regale räumt.«
    Ich sah ihn entsetzt an.
    »Geh jetzt«, sagte er. Sein Tonfall war zwar immer noch freundlich, aber sein Blick eisern. Ich mochte ja eine merkwürdigeMacht haben, aber ich war trotzdem noch ein Ärgernis für ihn und er zweifelte garantiert noch an mir. Ich bildete mir nicht ein, dass ich plötzlich so faszinierend war, dass er sich einen Haufen Frechheiten von mir gefallen lassen würde. Obwohl das bei anderen Leuten schon oft super funktioniert hatte.
    Seufzend verließ ich sein Klassenzimmer und ging zurück zum Haus. Asher gab mir eine Einkaufsliste mit Dingen, die ich besorgen sollte, und ich setzte mich in mein Auto.
    Sylvias Diner am Highway stellte mich sofort ein. Ich hatte es mehr als vierhundert Jahre lang geschafft, weder zu kell—nern noch hinter einer Bar zu stehen, aber dieser Rekord war nun beendet. Na gut, die Leute bestellten ihr Essen, ichbrachte ihnen ihr Essen. Ich musste es nicht kochen und nicht einmal die Kasse bedienen. Ein Kinderspiel. Die erste Stunde verbrachte ich damit zu lernen, wo alles war.
    Die zweite Stunde war ein demoralisierendes, zähneknirschendes Doku-Drama über alles, was in der Stoßzeit in einemschmierigen Imbiss schiefgehen kann.
    Ich kündigte etwa zwei Sekunden, bevor ich gefeuert wurde, und ohne noch ein Stück von dem Zitronen-Baiserkuchen auf der Theke abzugreifen.
    Wieder in meinem kleinen Auto fuhr ich erst mal zum nächsten Supermarkt und kaufte mir ein Blaubeereis und ein paar Großpackungen Schokoriegel. Ich überlegte mir meinen nächsten Schritt und stopfte mich dabei mit Dingen voll, die nicht einmal vorgaben, irgendwelchen Nährwert zu haben, und die weder Bio waren noch, Gott behüte, irgendwelcheBallaststoffe enthielten.
    Es war schon zwei Uhr. Ich hatte keinen Job.
    Plötzlich musste ich an Innocencio denken - es war, als sähe ich ihn in einem dunklen, verräucherten, total vornehmenRestaurant. Er würde Schnecken bestellen und sich eine Zigarette anzünden, vor sich schon den zweiten oder drittenMartini. Der Kellner oder die Kellnerin würden herumhuschen, um ihm jeden Wunsch zu erfüllen, wie sie es immer taten. Incy war elegant und trug wie meistens ein Seidenhemd und eine fantastisch geschnittene Hose. Sein Haar war so tiefschwarz, dass es fast blau schimmerte, und seine Haut hatte die Farbe von hellem Karamell. Seine Lippen warenwohlgeformt und etwas voll, sie konnten aber auch hart und grausam aussehen. Ich erinnerte mich, wie ich im Les DeusMagots in Paris auf einer Bank gelegen hatte, den Kopf auf Incys Schoß. Ich war müde und hatte zu viel getrunken. Incy fütterte mich mit winzigen Erdbeeren, den ersten der Saison, und seine wunderschönen Finger berührten kaum meineLippen. Ich weiß noch, wie ich damals dachte,

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