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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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und meine Nase lief immer noch von der Kälte draußen. In ein paar Wochen war hier in Amerika Thanksgiving, und falls River es feierte, konnte ich vielleicht auf etwas Schokolade hoffen.

    Ich dachte wieder an meinen Einkaufstrip in den Ort und wieso ich nicht daran gedacht hatte, einen Haufen Süßigkeiteneinzuschmuggeln. Oh, Gott, ich brauchte jetzt unbedingt einen Schokoriegel.
    Annes Stimme war eine gedämpfte Konstante im Hintergrund meiner Gedanken. Ich rutschte auf meinem Kissen herum und spürte, wie die Verspannung meiner Schultern nachließ. Blöde Walnüsse. Meine Hände würden wochenlang braun verfärbt sein - das ließ sich nicht abwaschen. Deswegen hatten die Leute damit früher Stoffe und Wolle gefärbt.
    ***
    Ich schaute hoch und sah Aoldbjörg Palsdottir, die Waschfrau meiner Familie, wie sie mit dem riesigen Holzpaddel im Zuber herumrührte. Es war ein kalter Tag, aber nicht eisig; das Feuer unter dem Waschzuber leckte an den Seiten hoch trieb ihr die Röte auf die wettergegerbten Wangen. Der bittere Geruch der Walnussschalen-Farbe vermischte sich mit dem Holzrauch und erfüllte den Burghof. Es war gemütlich hier und sicher. Manchmal stiegen meine Schwester Eydís und ich auf die Zinnen von Fadirs Burg. Dann sahen wir über die Mauern hinweg auf die dunklen Wälder, die sie umgaben. Weit entfernt lagen die kahlen Berge, auf denen nichts wuchs. der andere~ Richtung tobte das Meer. Die Welt außerhalb der Burg war dunkel und gefährlich, aber der Burghof, wo die Ziegen nach Stroh meckerten, die Stalljungen die Pferde und Fadirs Verwalter Befehle bellte, war voller Leben.
    Mein kleiner Bruder Háakon und ich spielten ein Spiel mit Kieselsteinen. Er war drei Jahre jünger als ich, kein Baby oder jemand, der an meinem Rockzipfel hing, sondern ein echter Junge, der rennen, Spiele spielen und Geheimnisse für sich behalten konnte. Wir achteten darauf, niemandem im Weg zu sein, und hatten es uns auf einem Berg Schafwolle gemütlich gemacht. Es waren etwa zwanzig aufeinandergetürmte Vliese, jede der dicken Wollmatten in Form eines ausgestreckten Schafs. Die Wolle war schmutzig und voller Zweige, aber trotzdem ölig und weich und schön zum Draufsitzen.
    »Ich hasse den Geruch.« Háakon rümpfte die Nase.
    »Er ist nicht so schlimm wie der von Felsenmoos «, sagte ich. Er nickte beim Gedanken an den Gestank der gekochtenFlechten vom Strand. Sie färbten alles tief grün.
    Ein scharlachroter Blitz ließ mich hochschauen und ich sah meine Schwestern Tinna und Eydis lachend durch den Hof zum Turm rennen. Sie hielten mit beiden Händen ihre Schürzen hoch, die sich beim Laufen bauschten. Ich fragte mich, was sie darin hatten – Winterbeeren? Rinde, um Tee daraus zu machen? Eydis blondes Haar, in der Farbe des Sonnenschattens, wehte hinter ihr her. Im nächsten Jahr würde Eydis ihr Haar hochgesteckt tragen müssen, wie eine Erwachsene. Tinna, meine ältere Schwester, tat das seit dem letzten Jahr.
    Ich grinste Háakon an und er grinste zurück. Wir hatten ein gutes Leben.

    ***
    Stirb.
    Das Wort tauchte so plötzlich in meinem Kopf auf wie eine Luftblase auf der Oberfläche eines Teichs. Ich holte langsamLuft und fragte mich, wieso sich mein Hintern so taub anfühlte. Worauf saß ich? Einen Moment lang wusste ich nicht,wo ich war, und wunderte mich, warum ich den Wachzuber auf dem Burghof nicht mehr riechen konnte. Dann wurde mir alles klar: Ich war erwachsen und alles, woran ich mich erinnert hatte, war vierhundertfünfzig Jahre her. Nichts davon,niemand von ihnen existierte mehr.
    Ich weiß nicht, warum ich nicht die Augen aufmachte, warum ich meine Atmung so ruhig und flach hielt. Ich saß ganz still da, öffnete meine Gedanken für diesen Raum, diese Menschen, und spürte, wie sich meine Sinne ausbreiteten.
    Dieses Miststück – ich hasse sie.
    Hatte das jemand laut gesagt? Ich öffnete kurz die Augen. Nein, es war nur ein Gedanke, und er kam von einem deranderen hier.
    Nein, nein, vergib mir, ich meinte es nicht so.
    Ihr Genick, ihren Nacken küssen, ihre Wärme spüren ... Es kostete mich meine ganze Überwindung, nicht zu reagieren. Ich fing alles Mögliche auf und erkannte plötzlich das ungeahnte Potenzial der Gruppen-Meditation. Diese Gedanken kamenvon Männern und Frauen, aber sie waren nicht als Stimmen zu erkennen. Nur als verschiedene Personen.
    Will sie.
    Ihre Augen. Ihr Mund. Ihr Mund auf meiner Haut, meiner Brust.
    Oh, ich hasse

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