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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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nicht?«
    »Nein.« Annes Blicke durchbohrten mich förmlich. »Es passiert niemals, jedenfalls keinem Schüler. Niemals.« Aha. Bedeutete das dann vielleicht, dass ich auch irgendeine Kraft besaß? Stimmt, Nastasja. Du solltest Macht besitzen. Du bist die letzte der Mächtigen. Ich spürte, wie ich den Gedanken automatisch verdrängte, wie mein Gehirn um diese Folgerung herumtanzte wie ein Wassertropfen auf einer heißen Herdplatte.
    Jemand klopfte leise an die Tür und Solis kam herein. Er sah sich im Raum um, stellte fest, dass es nur Anne und ich waren und runzelte ein wenig die Stirn.
    »Seid nur ihr beide hier?«, fragte er.
    »Ja «, sagte Anne. »Hast du - wieso bist du gekommen?« Solis zuckte mit dem Schultern und lächelte. »Ich dachte, ich hätte etwas gespürt. Fühlte sich komisch an.«
    »Du hast etwas gespürt.«Anne war ungewöhnlich ernst. »Du hast sie gespürt.«
    Solis hielt inne, als müsste er die Worte erst im Kopf übersetzen. »Was?«, fragte er schließlich.
    »Nastasja hat ihr Bewusstsein während der Gruppenmeditation ausgeschickt. Ich habe gespürt, wie sie meines berührt hat,und sie konnte hören, was die anderen denken. Sie konnte es hören. Wort für Wort.«
    Wann lerne ich endlich, meinen Schnabel zu halten? So wie die beiden mich anstarrten, kam ich mir vor wie ein Tier imZoo.
    »Ich werde versuchen, es nicht wieder zu tun«, bot ich an. Ich sage ganz bestimmt nie wieder etwas.
    Solis legte den Kopf schief. »Was sagtest du, von wo du kommst?«
    »In meinem Kopf schrillten Alarmglocken. Ich war bereit, allen möglichen Blödsinn mitzumachen, um bleiben zu dürfen,aber meine Vergangenheit offenzulegen, gehörte nicht dazu. »Aus dem Norden.«
    Die Glocke läutete zum Abendessen und ich zuckte zusammen. »Endlich! Ich verhungere«, stöhnte ich theatralisch undräumte mein Buchweizenkissen weg. »Danke für den Kurs, Anne. Es war toll. Wir sehen uns beim Essen.«
    Natürlich war klar, dass ich die Flucht ergriff, aber die beiden ließen es durchgehen - allerdings fühlte ich auf dem ganzenWeg ihre Blicke im Rücken. Ich rannte die Treppe hinunter und steuerte das Esszimmer an.
    Konnte ich immer noch meine Kraft haben? Meine ererbte Kraft? Konnte sie nach all dieser Zeit wirklich noch so starksein? Ich musste sie verbergen. Aber noch während ich das dachte, erwachte in mir eine neue, brennende Sehnsucht nach dieser Kraft. Ich wollte ihr folgen, wohin sie mich auch führte, wollte ihre Grenzen austesten.
    Das konnte ich nicht. Ich konnte nicht. Ich wagte es nicht. Es würde nichts Gutes dabei herauskommen - das hatte ich mit eigenen Augen gesehen. Man musste sehr, sehr stark sein, um mit solchen Kräften umgehen zu können. Ich war nicht stark genug und würde es auch nie sein.
    Ich glitt auf einen freien Platz auf der Bank. In meinem Kopf ging immer noch alles drunter und drüber. Dieses Gefühl - eswar wie Magie gewesen.

13
    »Was? Ich soll mir ... einen Job suchen? Einen richtigen Job? Wieso?«, fragte ich entgeistert.
    Am Tag nach dieser Meditationsgeschichte hatte Solis ein— gewilligt, mich tatsächlich in der Kunst der Zauberei zu un— terrichten, statt mir nur die Namen der wundervollen Dinge zu nennen, die uns umgaben. Ich war zwar immer noch sauer, weil er mich zuvor abgelehnt hatte, und konnte immer noch nicht behaupten, dass ich hundertprozentig hinter dieser ganzen Sache stand. Aber mir war auch bewusst geworden, dass es besser war, mehr über meine Kraft zu lernen, als weiterhin ahnungslos zu sein. Wenn ich genug darüber wusste, konnte ich sie kontrollieren, beschützen, verbergen.
    Nichts zu wissen, hatte mir auch nicht geholfen. Es fiel mir schwer, mich damit abzufinden, weil ich mich schon seit Jahr— hunderten vor allem drückte, was über eine winzige Be-schwörung hinausging.
    Und jetzt spürte ich plötzlich den Drang dazu, die Faszination, auch wenn mir das Angst machte.
    Aber einen Job?
    Solis lächelte. »Es ist Teil des Ganzen. Die tägliche Tretmühle, sozusagen. Hinzugehen, jeden Tag. Sich irgendwo anzupassen. Mit anderen gut zusammenzuarbeiten. Buchstäblich einen guten Job zu machen, und zwar nicht nur hier.«
    Ich gab mir keine Mühe, meinen Widerwillen zu verbergen. »Aber ich schufte doch hier schon wie verrückt. Seit ich hergekommen bin, war ich euer persönlicher Sklave!«
    »Das wissen wir durchaus zu würdigen«, scherzte Solis.
    »Aber dir draußen einen Job zu suchen, ist ein wichtiger Schritt, um dich in

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