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Entflammt

Entflammt

Titel: Entflammt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Cate Tiernan
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das Bett. Dort war ein kleines Stück einer Bodendiele gebrochen. Ich krallte meine kurzen Fingernägel in den Spalt und zog das Bruchstück heraus. Dann griff ich in das Loch und tastete nach dem schweren goldenen Amulett, das sich stets warm anfühlte, wo immer es auch war. Ich vergewisserte mich, dass es noch da war, drückte das Brett wieder fest und pustete ein wenig Staub darüber, um mein Versteck zu tarnen. Nachdenklich setzte ich mich aufs Bett.
    Wenn mein Amulett wirklich der tarak-sin meines Hauses war, war es mächtiger und wertvoller, als ich je gedacht hatte.Wegen des Amuletts war meine ganze Familie getötet worden. Wegen des Amuletts waren die Eindringlinge gekommen. Und sie waren dafür gestorben.
    Ahnte jemand, dass die Hälfte davon immer noch existierte? War diese Hälfte auch heute noch einen Mord wert?

15
    Ich wusste zwar nicht, ob der alte MacIntyre überrascht war, als ich am nächsten Morgen pünktlich auf der Matte stand, aber ich war es auf jeden Fall. Er brauchte etwa zwan— zig Minuten, um mir zu erklären, wie man Regale auffüllt, weitere zehn Minuten für die Bedienung der alten und kein bisschen hilfreichen Registrierkasse und dann noch fünfund— vierzig Minuten, in denen er mich mit allen möglichen Dro-hungen davor warnte, jemals etwas zu stehlen. Den Apothe-kenbereich in dem es die verschreibungspflichtigen Sachen gab, hielt er verschlossen, also warnte er mich im Grunde nur davor, Tampons, Babynahrung oder lebende Köder in meiner Handtasche hinauszuschmuggeln, aber das musste er wohl loswerden.
    Ich krempelte die Ärmel meines sexy Flanellhemdes hoch, schnitt einen Karton Garnier Nutrisse Haarfärbemittel auf und begann mir mein kleines Herz aus dem Leib zu arbeiten. Wenn ich mich voll auf diese unglaublich anspruchsvolle Aufgabe konzentrierte, konnte ich an nichts anderes denken. Und ich war fest entschlossen, so lange an nichts anderes zu denken, wie ich nur konnte. Am Abend zuvor hatte ich meinen Kräutertee hinuntergestürzt und erstaunlich gut geschlafen - keine Albträume, keine Erinnerungen. Aber das mit den acht Häusern würde ich nicht vertiefen. Wie sollte ich damit klarkommen? Es gab so vieles über meine eigene Vergangenheit, mein Erbe, das ich nie hatte erfahren wollen.
    Vor dem ich Angst hatte. Man brauchte sich nur anzusehen, was ich nicht über mein Amulett gewusst hatte. Und jetzt, wo ich es wusste, hatte meine Paranoia ein ganz neues Level erreicht. Was für ein Spaß!
    Nach einer gefühlten Ewigkeit sinnloser Beschäftigung erkannte ich plötzlich, was Solis damit beabsichtigte: Er hoffte, dass mich Langeweile und Sinnlosigkeit dieser Aktion so überwältigen würden, dass ich einen kompletten Nervenzusammenbruch bekam, schreiend durch die Straßen rannte und für immer aus seinem Leben verschwand. Einen anderen Grund konnte es nicht geben.
    Und, oh, Mann, ich war echt dicht dran. So dicht. Aber etwas in mir zwang mich weiterzumachen, weil mich mal wieder die Erkenntnis überfiel, dass mein Leben anderswo garantiert nicht besser sein würde. Und so sehr es mich auch nervte - und es nervte extrem -, war dies doch die beste Tarnung, die ich zustande brachte. Niemand, der mich kannte, hätte mich für fähig gehalten, so etwas zu tun. Ich fühlte mich unsichtbar und diese namenlose Angst, die mich umgab, flüsterte mir zu, wie wichtig es war, unsichtbar zu sein.
    Wieso? Keine Ahnung. Das war ein großes Rätsel, dessen Lösung nicht einmal ich kannte.
    Jemand war in meiner Nähe, und zwar schon eine ganze Weile, wie mir plötzlich auffiel. Wie Meriwether gesagt hatte, war im Ort nicht viel los, und MacIntyres lief erst recht auf Sparflamme - den ganzen Vormittag kaum ein Kunde. Aber jetzt war jemand da. Ich spürte es, fühlte seine Energie, ob-wohl ich die Türglocke nicht gehört hatte.
    Ich raffte ein paar leere Kartons zusammen, trug sie nach  hinten und sah .dabei in jeden Gang. Es war das Goth-Mädchen, das ich schon zweimal getroffen hatte, dem ich ständigbegegnete, weil dieses Kuhkaff so winzig war, dass man es gar nicht vermeiden konnte, denselben Leuten immer wieder über den Weg zu laufen.
    Sie sah mich an, trotzig wie immer, und ich tat so, als würde ich sie nicht erkennen. Aber ich beobachtete sie in dem rundenSpiegel am Ende des Ganges und sah, wie sie Nagellack in ihrer Hosentasche verschwinden ließ. Ich seufzte und warf die Kartons draußen in den Müll.
    Als ich zurückkam, wartete sie schon ungeduldig an der Kasse. Mr

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