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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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aufsetzte, schien er jedes Wort sorgsam abzuwägen. Schließlich griff er nach einer Schelle, klingelte und ließ von dem eintretendcn Hausmädchen seinen Schreiber herbeirufen.
    »Torrance«, sagte er, als das alte Faktotum eintrat, »dieses Schriftstück muß bis heute abend abgeschrieben werden. Sobald es geschehen ist, bitte ich Euch, nehmt Euren Hut und macht Euch bereit, diesen Herrn und mich zu begleiten, da wir Euch vermutlich als Zeugen benötigen.«
    »Was, Sir?« rief ich, sobald der Schreiber das Zimmer verlassen hatte, »wollt Ihr es tatsächlich wagen?«
    »Ja, es scheint so», meinte er und goß sich das Glas voll. »Aber jetzt wollen wir nicht mehr von Geschäften reden. Der Anblick meines Schreibers hat mir eine drollige Begebenheit ins Gedächtnis gerufen; sie liegt um einige Jahre zurück. Ich hatte mich mit demEinfaltspinsel von Torrance am Kreuz von Edinburgh verabredet. Jeder von uns war seiner Wege gegangen. Gegen vier Uhr trafen wir uns wieder. Torrance hatte ein Glas über den Durst getrunken und erkannte seinen eigenen Brotgeber nicht; ich aber hatte meine Brille vergessen und war so blind wie ein Maulwurf, daß ich, auf Ehrenwort, meinen alten Schreiber ebenfalls nicht erkannte.«
    Nachdem er mir diese Anekdote erzählt hatte, wollte mein Gastgeber sich ausschütten vor Lachen.
    Ich meinte, das sei gewiß ein drolliges Zusammentreffen gewesen, und lächelte aus Höflichkeit mit. Aber zu meiner nicht geringen Verwunderung kam Mr. Rankeillor immer wieder auf diese unbedeutende Sache zurück und erzählte mir die gleiche Geschichte stets mit neuen Einzelheiten, jedesmal von schallendem Gelächter begleitet, was mich schließlich ganz aus dem Konzept brachte, ja, mich über das närrische Gebaren des alten Herrn ein wenig erröten ließ.
    Zu der mit Alan vereinbarten Zeit brachen wir auf. Mr. Rankeillor und ich Arm in Arm, der Schreiber ein paar Schritte hinter uns, mit dem Schriftstück in der Tasche und in der Hand einen verdeckten Henkelkorb.
    Während wir durch das Städtchen schritten, mußte der Advokat ununterbrochen nach rechts und links grüßen; ständig wurde er von Vorübergehenden angehalten, um über städtische und private Angelegenheiten Auskunft zu geben. Ich merkte wohl, daß er bei allen hierzulande in gutem Ansehen stehen mußte.
    Endlich lagen die Häuser hinter uns, und wir gingen am Hafen entlang auf den Gasthof von Hawes und auf den Anlegeplatz des Fährboots zu den Ort, an dem mein Unglück begonnen hatte. Ich konnte mich dieser Stelle nicht ohne Bewegung nähern. Wie viele von denen, die damals mit mir dort gewesen waren, lebten heute nicht mehr: Ransome, der, wie ich hoffte, ein elendes Los mit einem besseren vertauscht hatte ...Aber wohin mochte Shnan gelangt sein? Ich wagte nicht, an sein Geschick im Jenseits zu denken. Und die armen Matrosen, die mit der Brigg gesunken waren. sie alle und die Brigg hatte ich überlebt, war vielen schrecklichen Gefahren glücklich und unbeschadet entronnen und hätte nur von Dankbarkeit erfüllt sein müssen; aber ich konnte den Ort nicht ohne Mitleid für die Hingegangenen und ohne Grauen betrachten.
    An all dies mußte ich gerade denken, als Mr. Rankeillor plötzlich in die Tasche griff, herzlich zu lachen begann und ausrief: »Wenn das nicht ein Hauptspaß wird, nachdem, was ich Euch eben erzählt habe meine Brille ist zu Hause liegengeblieben.«
    Jetzt begriff ich erst, weshalb er mir diesen Vorfall von damals eingehend geschildert hatte. Die Brille war natürlich absichtlich von ihm vergessen worden, damit er Alans Hilfe in Anspruch nehmen konnte, ihn aber später nicht wiederzuerkennen brauchte. Und das war wirklich ein guter Einfall, denn angenommen, die Dinge ließen sich einmal schlimm an wie sollte Mr. Rankeillor meinen Freund identifizieren oder etwas für mich Nachteiliges vorbringen. Allerdings hatte er, bevor ihm das Fehlen der Brille klargeworden war, recht viele Menschen erkannt und mit ihnen gesprochen, als wir durch die Straßen von Queensferry gingen. Ich bezweifelte daher keinen Augenblick, daß er auch ohne Brille sehr gut sehen konnte.
    Sobald wir am Gasthof von Hawes vorbei waren ich hatte den Wirt, der in der Haustür stand und ein Pfeifchen schmauchte, wiedererkannt und gestaunt, daß er kaum älter geworden war, änderte Mr. Rankeillor unsere Marschordnung: Er ging mit Torrance hinterher und schickte mich als Kundschafter voraus. Ich erklomm die Anhöhe und pfiff dabei von Zeit zu Zeit die vereinbarten

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