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Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition)

Titel: Entführt: Die Abenteuer des David Balfour I (Spannend erzählt) (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Louis Stevenson
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das mit Großzügigkeit zu tun? Das Ganze ist eine unselige Geschichte ... Aber was soll ich denn anfangen in diesem Bienenhaus, diesem Käfig ...? Es bleibt mir ja nichts anderes übrig, als mit meinen Freunden, wenn sie sich blicken lassen, Karten zu spielen. Und wenn sie verlieren, darf man doch nicht annehmen ...« Er stockte.
    »Ja, wenn sie verlieren, gebt Ihr ihnen das Geld zurück, und wenn sie gewinnen, tragen sie es in ihrer Börse davon. Ich habe ja eben schon gesagt, daß ich Eure Großzügigkeit anerkenne. Aber für mich ist es sehr peinlich, in eine solche Lage zu kommen.«
    Es entstand eine kurze Pause, in der Cluny anscheinend immer wieder zum Sprechen ansetzen wollte, aber dann doch schwieg. Sein Gesicht wurde nur immer röter.
    »Ich bin noch jung«, fuhr ich schließlich fort, »und erbitte Euren Rat. Sprecht mit mir, als sei ich Euer Sohn. Mein Freund hat das Geld auf ehrliche Weise verloren, nachdem er Euch zuerst auf ehrliche Weise eine große Summe abgenommen hatte. Kann ich nun das Geld von Euch annehmen? Wäre das richtig gehandelt? Was ich auch tue, für einen Mann mit einem Funken Stolz bleibt die Sache sehr peinlich.«
    »Sie ist auch peinlich für mich, Mr. Balfour«, sagte Cluny. »Ihr bringt es zuwege, daß ich mir vorkomme wie jemand, der arme Leute in eine schiefe Lage gebracht hat. Ich möchte nicht, daß in meinem Hause einer meiner Freunde beleidigt wird, nein«, schrie er in plötzlichem Zorn, »ich selber will auch keinen beleidigen!«
    »Aber Ihr werdet einsehen, Sir, daß ich in dieser Sache etwas mitzureden habe. Für Edelleute ist das Kartenspielen ein schlechter Zeitvertreib. Ich warte immer noch darauf, Eure Meinung zu hören.«
    Es war meine Überzeugung: Wenn Cluny einen Menschen verabscheute, dann war dieser Mensch Mr. David Balfour.
    Er musterte mich feindselig, vom Kopf bis zu den Füßen, und ich konnte ihm die Angriffslust von der Stirn ablesen. Vielleicht war es meine große Jugend, die ihn entwaffnete, oder auch sein Gerechtigkeitsgefühl. Die Angelegenheit war demütigend für alle Beteiligten, das war sicher, für Cluny aber wohl am meisten; um so anerkennenswerter war die Art, mit der er es hinnahm.
    »Mr. Balfour«, sagte er, »ich glaube, Ihr seid zu liebenswürdig und neigt zu einer Covenantergesinnung. Ihr handelt aber trotzdem wie ein richtiger Edelmann. Ich gebe Euch mein Ehrenwort, Ihr könnt dieses Geld von mir annehmen – meinem leiblichen Sohn würde ich dasselbe sagen, und hier habt Ihr meine Hand darauf.«

XXIV. Flucht durch die Heide
    Der Streit
    Im Schutze der Nacht wurden Alan und ich über den Errocht-Meeresarm gebracht. Wir gingen am östlichen Ufer entlang bis zu einem anderen Versteck in der Nähe des oberen Endes von Loch Rannoch. Einer von Clunys Knechten zeigte uns den Weg. Dieser Mann trug unser ganzes Gepäck und noch dazu Alans dicken Mantel. Er trottete unter seiner Bürde leichtfüßig wie ein kräftiges Bergpony dahin. Die Hälfte seiner Last hatte mich schon mehr als einmal zu Boden gedrückt, und der Mann war von einer so zierlichen Statur, daß ich ihn im ehrlichen Kampf mühelos hätte bezwingen können.
    Es war zweifellos eine große Erleichterung, so unbeschwert wandern zu dürfen; vielleicht wäre ich ohne diesen Umstand und ohne das befreiende Bewußtsein, meiner üblichen Last für längere Zeit ledig zu sein, überhaupt nicht vorwärtsgekommen. Ich war ja eben erst von meinem Krankenbett aufgestanden, und nichts in unserer gegenwärtigen Lage war dazu angetan, mich zu größeren Anstrengungen zu ermutigen. Wir zogen unter verhangenem Himmel durch die trostloseste Einöde von Schottland, und dazu kam ein Zwist der beiden Reisegefährten.
    Lange Zeit gingen wir mit verschlossenen Mienen stumm neben oder hintereinander her. Zorn und Stolz erfüllten mich. Aus solchen unlauteren, ja verwerflichen Leidenschaften schöpfte ich die Kräfte, derer ich bedurfte. Alan war böse und beschämt; beschämt, weil er mein Geld im Spiel verloren hatte, böse, weil ich mich so arg darüber kränkte.
    Immer häufiger spielte ich mit dem Gedanken an eine Trennung, und je mehr ich mich damit befreundete, desto mehr schämte ich mich dieser Bereitschaft. Es wäre von Alan eine schöne, edle und großmütige Geste gewesen, sich an mich zu wenden und zu sagen: Geh du deiner Wege, ich bin gefährdeter als du, und meine Begleitung bringt dich noch mehr in Gefahr ... Aber für mich war es ausgeschlossen, dem Freunde, der mir gewiß zugetan war, zu

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